Der stille Notstand im modernen Arbeitsleben

Die Epidemie der Bedeutungslosigkeit: Eine Krise am Arbeitsplatz

Krise-Arbeitsplatz

Immer mehr Berufstätige stellen sich dieselbe Frage: Wozu das alles? In Zeiten von Homeoffice, Automatisierung und wirtschaftlicher Unsicherheit scheint die tägliche Arbeit für viele ihren Sinn zu verlieren.

Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation gehen jährlich 12 Milliarden Arbeitstage durch psychische Erkrankungen verloren. Burnout, Erschöpfung und emotionale Distanz sind längst keine Randphänomene mehr – sie sind Teil einer globalen Krise des Arbeitsplatzes.

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Das Gefühl, nicht gesehen oder gehört zu werden, zieht sich durch viele Arbeitsumfelder. Der Small Talk auf dem Flur entfällt, der Chef antwortet seltener als die KI, und selbst Hochleistende fragen sich zunehmend, ob ihre Arbeit überhaupt eine Wirkung hat. Die Folge: eine tiefgreifende Entfremdung vom eigenen Tun.

Diese emotionale Leere ist mehr als ein individuelles Problem. Sie ist ein Signal, dass Arbeitskulturen ihre Menschen aus dem Blick verloren haben.

Menschlichkeit als Führungsprinzip

Führungspersonen stehen vor einer Herausforderung: Wie lässt sich Vertrauen schaffen in Zeiten von Unsicherheit und Distanz? Eine Erkenntnis aus der Forschung des Diagnostikunternehmens Hogan Assessments zeigt: Authentizität schlägt Autorität.

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Führung gelingt dann, wenn Vorgesetzte nicht nur Anweisungen geben, sondern menschlich handeln – also zuhören, Fehler eingestehen und emotionale Sicherheit vermitteln. Nur wenn Beschäftigte spüren, dass sie sich zeigen dürfen, entwickeln sie echte Bindung zum Unternehmen.

Erfahrung ist wichtig – doch sie allein reicht nicht. Wer Menschen einstellt, die nicht zu den Werten und Zielen eines Unternehmens passen, fördert Missverständnisse und innere Kündigung.

Ein gemeinsames Wertegerüst kann Motivation freisetzen und Sinn stiften. Wenn Mitarbeitende wissen, dass ihre Arbeit mit einem übergeordneten Ziel verknüpft ist, steigt das Engagement oft ganz von selbst. In der Personalauswahl sollten deshalb nicht nur Kompetenzen geprüft werden, sondern auch, was Menschen antreibt.

Wenn Engagement krank macht

Ironischerweise trifft Burnout häufig die Engagiertesten. Wer sich besonders stark mit seiner Arbeit identifiziert, läuft eher Gefahr, sich zu überfordern. Studien zufolge fühlten sich mehr als die Hälfte der Beschäftigten im vergangenen Jahr ausgebrannt – besonders betroffen sind leistungsorientierte, perfektionistische Persönlichkeiten.

Der Grat zwischen Einsatz und Erschöpfung ist schmal. Unternehmen sollten deshalb nicht nur Leistung fördern, sondern auch auf Warnsignale achten – und Rahmenbedingungen schaffen, in denen gesunde Motivation langfristig erhalten bleibt.

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Feedback braucht Nähe, nicht Kalender

Jährliche Mitarbeitergespräche sind zu wenig. Menschen brauchen zeitnahes, konstruktives Feedback, um sich zu orientieren und weiterzuentwickeln. Doch nur ein Bruchteil erhält regelmäßig Rückmeldung – mit spürbaren Folgen für das Engagement.

Ein individueller Umgang mit Rückmeldungen – abgestimmt auf Persönlichkeit und Kommunikationsstil – hilft, Vertrauen zu stärken. Denn nicht jede:r reagiert gleich: Manche wollen häufige Anerkennung, andere bevorzugen Freiraum und Autonomie.

Führung: Nicht wer laut ist, soll führen, sondern wer Wirkung zeigt

Viele Führungskräfte werden aufgrund von Sichtbarkeit oder Selbstsicherheit befördert – nicht wegen ihrer Eignung. Das Ergebnis: Laut Hogan Assessments gelten bis zu drei Viertel der Vorgesetzten als wenig hilfreich oder sogar schädlich für ihr Teamklima.

Gute Führung zeigt sich nicht im Auftreten, sondern im Verhalten: Wie gut kann jemand zuhören? Wie konsequent handelt jemand im Sinne der Mitarbeitenden? Mit Hilfe objektiver Analysen und Persönlichkeitsdiagnostik lassen sich Fehlbesetzungen vermeiden – und echtes Leadership erkennen.

Die Sinnkrise am Arbeitsplatz ist keine abstrakte Idee – sie wirkt sich messbar auf Produktivität, Gesundheit und Mitarbeiterbindung aus. Doch Unternehmen haben die Möglichkeit, gegenzusteuern.

Wer psychologische Sicherheit ernst nimmt, Werte zur Grundlage macht und Führung gezielt entwickelt, kann Arbeitsplätze schaffen, die mehr sind als Mittel zum Zweck. Arbeitsplätze, an denen Menschen bleiben – und wachsen.

Pauline Dornig

Pauline

Dornig

Online-Redakteurin

IT Verlag GmbH

Pauline Dornig verstärkt seit Mai 2020 das Team des IT Verlags als Online-Redakteurin. (pd)
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