Wandel in der Fabrik

Smart Factories heben Produktion auf die nächste Stufe

Smart Factory

Mehr als eine Billion Euro investiert die Industrie weltweit jährlich in digitale Transformationsprogramme. Das geht aus der „Digital Factory Transformation Survey 2022“ hervor, die die Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland publiziert hat.

Doch trotz der hohen Investitionen befinden sich noch immer 64 Prozent aller befragten Unternehmen, darunter 100 mit Hauptsitz in Deutschland, in einem sehr frühen Stadium in puncto Implementierung digitaler Systeme und Technologien. Einer der Gründe ist die Komplexität, die mit der digitalen Transformation einhergeht. Damit verbunden sind Fragen, die sich rund um die richtige Software, Updates, Sicherheitsmaßnahmen oder das Speichern von Daten drehen. Ebenso geht es um ein penibles Abwägen aller Kosten, denn werden beispielsweise Bestandsanlagen nachträglich digitalisiert oder sollen neue Sensoren implementiert werden, so sind für eine Anpassung der Steuerung oder ein Update der Schnittstellen oft große Investitionen nötig. Und doch lässt sich diese Entwicklung nicht aufhalten und wer nicht rasch auf diesen Zug aufspringt, wird von der Konkurrenz überrollt. 

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Der Weg in die Zukunft mit Smart Factories

Im Zentrum der Industrie 4.0 steht die Smart Factory. Die smarte Fabrik setzt in vielen Anwendungen auf Automatisierung, Vernetzung, Modularisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz. Im Produktionsprozess ist kein Mensch mehr notwendig. Die Basis solcher Fabriken ist die intelligente Vernetzung von Maschinen und Produkten. Das Produkt selbst teilt der Smart Factory die für die Fertigung benötigten Informationen mit. Danach erfolgt die Steuerung der einzelnen Produktionsschritte bis zum gewünschten Endergebnis. Die Grundlage für die Kommunikation zwischen Produkten und Anlagen bildet das Internet of Things (IoT). Ein Beispiel aus der Glasindustrie: Durch die Integration von Produktionssteuerungssoftware und Maschinensteuerung wird es möglich, gesamte Glass Factories zu steuern und zu optimieren. Negative Überraschungen werden eliminiert, da sich intelligente Maschinen bzw. Linien selbst überwachen. Von Auftragsmanagement über die Produktionsplanung bis hin zum Qualitätsscan gibt es für sämtliche Bereiche der Glasbearbeitung individuelle Softwarelösungen, wodurch die Anlagen und Maschinen untereinander Informationen austauschen und entsprechende Anpassungen in der Herstellung vornehmen können.

Der nächste logische Schritt in die Zukunft ist die Nutzung von KI in der Fertigung. In der Smart Factory geht es dabei um das Planen von Aufträgen und Ressourcen sowie um das Analysieren und Vorhersagen von Ereignissen. Aufgrund enormer Datenmengen wird der Bedarf, diese Mengen automatisiert zu analysieren, immer größer. KI kann diese Daten durchgängig verstehen und interpretieren. Erste Unternehmen arbeiten bereits an solchen Lösungen.

KI-gesteuerte Roboter bearbeiten Fahrzeuge 

Die BMW-Group-Werk Regensburg setzt als erstes Automobilwerk weltweit bei der Serienfertigung auf einen durchgängig digitalisierten und automatisierten Prozess für die Bereiche Inspektion, Bearbeitung und Markierung lackierter Fahrzeugoberflächen. Ein Novum dabei: KI-gesteuerte Roboter. Diese bearbeiten jeden Wagen individuell nach objektiven Qualitätsstandards. Das heißt: Winzige Einschlüsse oder Unebenheiten, die nach dem Decklack-Prozess noch vorhanden sind, werden gezielt beseitigt. Der Vorteil dieses nun maßgeschneiderten Prozesses: Die Durchlaufzeiten werden verkürzt, die Abläufe sind stabiler und das alles auf einem konstant hohen Qualitätsniveau. 

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KI-Assistent ersetzt mühevolles Lesen vieler Handbücher 

Generell werden künftig immer mehr smarte Maschinen mit innovativen Transformationstechnologien in Fabriken zu finden sein. Das wurde auch bei der im Oktober 2023 stattgefundenen internationalen Maschinenbaumesse MSV in Brünn deutlich. Von Monitoring-Lösungen über Schwingungssensoren bis hin zu Informationssystemen und Apps reichte dort die Palette. Ein paar Monate vorher, im Frühjahr 2023, ging die Industriemesse „Hannover Messe“ über die Bühne. Schwerpunkt auch dort: KI. So wurde etwa ein Tablet präsentiert, das dem Benutzer hilft, einen Roboter zu bedienen, der in weiterer Folge einen Servicetechniker ersetzt. Dieser KI-Assistent macht so das mühevolle Lesen von Handbüchern überflüssig, wodurch Prozesse beschleunigt werden können. Darüber hinaus kann er im Notfall Mitarbeiter dabei unterstützen, Produktionsabläufe zu stoppen, was sich positiv auf die Arbeitssicherheit auswirken kann. 

Fertigungsanlagen vor dem Einsatz virtuell laufen lassen 

Auch der Automobilzulieferer Continental mit Sitz in Hannover arbeitet an einer möglichst digitalen Fabrik, mit der sich Prozesse künftig effizienter steuern lassen.  Das dazugehörige Projekt heißt „DIAZI“, steht für die „Digitalisierung des Industrialisierungsprozesses in der Automobil- und Zuliefererindustrie“ und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Hierfür haben sich einige Unternehmen, Start-ups und Universitäten zusammengeschlossen. Ziel ist es, Fertigungsprozesse möglichst vollständig zu digitalisieren, um etwa eine Produktion schon vor dem Start einmal komplett durchplanen zu können und so mithilfe einer Simulation vorab wichtige Optimierungen vornehmen zu können. Oder anders ausgedrückt: Neue Fertigungsanlagen könnten schon vor dem Produktionsstart virtuell laufen. Das soll nicht zuletzt den veränderten Rahmenbedingungen, wie etwa höheren Ansprüchen seitens der Kunden, schnelleren Entwicklungszyklen oder komplexeren Lieferketten, Rechnung tragen. 

Digitale Zwillinge auf dem Vormarsch

Ähnlich innovativ geht es in Stuttgart zu: Der Autohersteller Mercedes-Benz will dort künftig seine Produktion mithilfe eines kompletten virtuellen Abbilds der jeweiligen Fabrik revolutionieren. Essenziell, um diesen „digitalen Zwilling“ zu managen, ist eine digitale Plattform, die es Planern ermöglicht, in Echtzeit zusammenzuarbeiten und Abläufe zu simulieren. So lassen sich neue Montagelinien in exakte Simulationen umwandeln, konfigurieren und schließlich optimieren, um dadurch Zeit zu sparen, Fehler auszumerzen oder die Qualität zu verbessern. Konkret greift man dabei auf das Omniverse des US-Chip-Konzerns Nvidia zurück. Auf diesen Zug ist mittlerweile auch BMW aufgesprungen und nutzt die Plattform für die Entwicklung und den Betrieb industrieller Metaverse-Anwendungen in seinem weltweiten Produktionsnetzwerk. So wurde damit etwa die virtuelle Produktion im zukünftigen Werk Debrecen in Ungarn bereits zwei Jahre vor dem Serienlauf gestartet. 

Von der Spracheingabe zum fertigen Bericht 

Aber nicht nur die Automobilindustrie freundet sich immer mehr mit KI an, sondern auch andere Branchen implementieren, entwickeln und optimieren. So arbeitet der deutsche Mischkonzern Siemens mit Open AI und Microsoft an der Integration von generativer KI im Fertigungsumfeld. Servicetechniker sollen damit per Spracheingabe mit ihrem Smartphone Qualitäts- und Designprobleme festhalten können. Die KI analysiert in weiterer Folge die Aufzeichnungen und erstellt daraus automatisch einen Bericht, der bei jenen Experten landet, die dafür zuständig sind. Damit lassen sich erneut Zeit und Ressourcen sparen. Und auch Universitäten beschäftigen sich mit diesem Thema. So arbeiten etwa Menschen und Roboter für das Leuchtturmprojekt „KI.Fabrik“ in einem speziellen Forschungslaboratorium der TU München im Deutschen Museum zusammen. Ziel ist es, lernfähige und flexible Roboter zu kreieren, die Menschen mit Hilfe von KI bei ihrer Arbeit zur Hand gehen. 

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