Apple Pay und das neue MacBook Pro | Interview

Ralf GladisDeutschland ist ein schwieriges Pflaster für Apple Pay. Wird das neue MacBook Pro mit TouchID-Sensor daran etwas ändern? Ein Interview mit Ralf Gladis, Geschäftsführer des Zahlungsdienstleisters Computop.

Seit Donnerstag Abend wissen wir, dass das neue MacBook Pro neben einer Touch Bar mit dynamischen Funktionstasten und Wischfunktion auch einen TouchID-Sensor besitzt, um per Fingerabdruck den Laptop zu entsperren oder Zahlungen mit Apple Pay auszulösen. Was bedeutet der neue TouchID-Sensor des MacBook Pro für Apple Pay? Wird der Online-Handel jetzt verstärkt Apple Pay einsetzen? Und können bald alle Apple-Kunden per Fingerabdruck bezahlen?

Anzeige

Das Interview mit Ralf Gladis, Geschäftsführer des Zahlungsdienstleisters Computop, beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Apple Pay. Gladis besitzt 19 Jahre Erfahrung im Zahlungsverkehr. Computop wickelt nach eigenen Angaben jährlich über 20 Milliarden US$ für 14.000 Händler weltweit ab. So viel sei vorab verraten: Bei Mobile Payment ist Ralf Gladis eher skeptisch.

Herr Gladis, der Erfolg von Apple Pay bleibt nach Meinung vieler Experten hinter den Erwartungen zurück. Woran liegt das?

Gladis: Ein gutes Bezahlverfahren, muss alle Verkaufskanäle unterstützen: POS, Online und Mobil. Dass Apple Pay hinter den Erwartungen zurückbleibt, liegt auch daran, dass es ein rein mobiles Zahlverfahren für das Bezahlen in Apps und an der Kasse war. Apple Pay fehlte der Erfolgsfaktor E-Commerce. Dass Apple Pay inzwischen auch im Safari-Browser auf iMacs und MacBooks funktioniert, wird Akzeptanz und Adoption verbessern. Der Handel investiert in Omnichannel-Strategien, und Apple Pay ist jetzt ein Omnichannel-Bezahlverfahren. Das hilft.

Und es gibt einen zweiten Grund: Beim sensiblen Thema Bezahlen gibt es keine Revolutionen. Die Konsumenten verändern ihr Bezahlverhalten mit Bedacht und Vorsicht. Deshalb sind die meisten Vorhersagen zu Mobile Payment völlig übertrieben. Das Bezahlverhalten ändert sich nur langsam.

Glauben Sie, dass der neue TouchID-Sensor im MacBook Pro die Akzeptanz von Apple Pay beschleunigen wird?

Gladis: Vielleicht ein wenig. Der TouchID-Sensor im MacBook Pro verhindert den Medienbruch. Wer kein neues MacBook Pro besitzt, kann Apple Pay zwar am iMac oder MacBook nutzen, muss dann aber das iPhone oder iPad zur Hand nehmen, um die Zahlung abzuschließen. Solche Medienbrüche sind unbeliebt. Mit dem neuen MacBook Pro kann man die Apple Pay-Zahlung ohne sein iPhone abschließen. Was hier wie eine Kleinigkeit klingt, ist tatsächlich eine Verbesserung der Kauferfahrung des Konsumenten. Das erhöht die Akzeptanz beim Kunden und Konversion und Umsatz des Händlers. Wie stark der Effekt sein wird, kann niemand vorhersagen.

Wann kommt Apple Pay nach Deutschland? Warum wehren sich die deutschen Banken gegen Apple Pay?

Gladis: Deutschland ist ein schwieriges Pflaster für Apple Pay. Zum einen gibt es in Deutschland relativ wenig Kreditkarten – etwa 25 Millionen. Zum anderen verdienen die Banken am Kartengeschäft heute viel weniger als früher, weil die sogenannte Interchange-Gebühr für Banken in der EU von bis zu 1,7 auf heute nur noch 0,3 Prozent gesenkt wurde. Diese Preisdeckelung dient dem Verbraucherschutz in der EU. Da in Deutschland die Anzahl der Karten und auch die Gebühreneinnahmen niedrig sind, gibt es zwischen Banken und Apple wenig zu verteilen. Das ist wirtschaftlich für beide Seiten schwierig.

Ich hoffe trotzdem, dass der Druck auf Apple und unsere Banken so groß wird, dass sich beide Seiten in der zweiten Jahreshälfte 2017 auf die Einführung in Deutschland einigen können.

Benutzeridentifizierung per Fingerabdruck – ist das generell eine sichere Methode?

Gladis: Schon zur Einführung der ersten Fingerprint-Smartphones, die es übrigens inzwischen von allen namhaften Herstellern gibt, hat der Chaos Computer Club sehr eindrucksvoll gezeigt, dass sich diese Systeme relativ einfach überlisten lassen. Im Handel fällt es vermutlich auf, wenn ein Kunde den Sensor mit einer Kopie eines Fingers berührt. Aber beim Online-Shopping im privaten Umfeld sieht niemand zu, und ein Betrüger hat mehr Zeit und Ruhe, die Technik in die Irre zu führen. Letztlich muss der Kunde selbst entscheiden, ob ihm das gebotene Sicherheitsniveau ausreicht. Der Handel hingegen hat häufig noch keine Veranlassung, dieses Verfahren in Zweifel zu ziehen. Denn solange die heutigen POS-Terminals ohne P2PE-Verschlüsselung ihre Daten noch ungesichert übertragen, ist das die größere Gefahrenquelle.

Werden Sie Ihren Kunden im Handel empfehlen, Apple Pay einzusetzen?

Gladis: Ja, denn Apple Pay unterstützt alle Verkaufskanäle – die Kasse, online und mobil. Außerdem basiert Apple Pay auf Kartenzahlungen, die ja weltweit funktionieren. Das sind zwei wichtige Vorteile für den Handel, die in der Kombination selten anzutreffen sind und Zukunftssicherheit gewährleisten.

Wenn ein Händler Touristen aus Ländern wie China, USA, England oder Frankreich zu seinen Kunden zählt, sollte er diesen Kunden schon heute Apple Pay anbieten. Unsere POS-Terminals mit NFC können heute schon Apple Pay-Zahlungen abwickeln.

Da Apple Pay auf Kartenzahlungen basiert, die viele Händler schon lange nutzen, braucht der Handel nur die Kasse und den Online-Shop anzupassen. Alle Prozesse in der Buchhaltung oder in der Warenwirtschaft funktionieren weiter wie gewohnt. Das reduziert den Integrationsaufwand und die Kosten. Ein großer Vorteil.

Anzeige

Weitere Artikel

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.