Megatrend im Payment: Buy now – pay later (BNPL)

Wer kennt das nicht: Beim Online-Shopping lacht einen das neue iPhone an, allerdings hat man gerade nicht das Geld dafür auf der hohen Kante. Gott sei Dank gibt es beim Check-out des Kaufvorgangs die Möglichkeit, den Artikel in Raten zurückzuzahlen oder den Betrag später auf Rechnung zu zahlen, sodass das Girokonto geschont wird.

Dieses Zahlen in Raten oder auf Rechnung wird neudeutsch als „Buy now-pay later“ (BNPL) bezeichnet und viele Onlineshops haben das für sich als Verkaufsfördermaßnahme entdeckt. Hierdurch lässt sich die durchschnittliche Höhe des Warenkorbs deutlich steigern und das Ganze ohne Risiko für den Onlineshop. Dieses Risiko wird von den BNPL-Anbietern übernommen (selbstverständlich gegen eine Gebühr zulasten des Onlineshops).

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So verwundert es nicht, dass neue BNPL-Anbieter z.B. Afterpay oder Affirm wie Pilze aus dem Boden schießen. Auch die Platzhirsche im Payment wie Klarna oder Paypal haben diese Zahlungsweise mittlerweile in ihr Standard-Portfolio aufgenommen.

Der Hauptgrund, weswegen viele Kunden diese Zahlweise mittlerweile präferieren, liegt wohl auch an den niedrigen Zinsen, die momentan verlangt werden. 0%-Finanzierungen sind dabei keine Seltenheit mehr. Der Kunde muss dabei nur aufpassen, dass er rechtzeitig seine Raten zahlt, ansonsten werden sehr hohe Verspätungszinsen fällig.

Doch wie funktioniert diese Zahlweise in der Praxis?

Hierzu muss man sich vergegenwärtigen, dass es sich bei solch einer Zahlweise im Grunde genommen um einen Kredit handelt, den der BNPL-Anbieter dem Kunden des Onlineshops gewährt. Hierzu wird zum Zeitpunkt des Kaufs eine Realtime-Kreditentscheidung getroffen, für die der BNPL-Anbieter alle möglichen Daten heranzieht. So werden neben öffentlich verfügbaren Daten aus Quellen wie etwa der Schufa auch interne, KI-basierte Daten des Kunden analysiert (Wohnort, bisheriges Kauf- und Zahlverhalten, Lieferadresse etc.). Letztlich rühmen sich die neuen BNPL-Anbieter, treffendere Algorithmen zur Kreditentscheidung zu besitzen als die bisherigen etablierten Player auf dem Markt, die Banken. Der Kreditbetrag (also der Wert des Warenkorbs), wird dem Onlineshop von dem BNPL-Anbieter abzüglich einer Gebühr überwiesen. Die anschließende Abwicklung der Rückzahlung liegt nun im Zuständigkeitsbereich der BNPL und betrifft den Onlineshop nicht mehr.

Die Funktionalität BNPL wird von den Anbietern oft als White-Label-Lösung angeboten, d.h. Ecommerce-Shops können diese Zahlart nahtlos in ihren Checkout-Vorgang integrieren. Oftmals wissen die Kunden gar nicht, dass ein anderes Unternehmen hinter dieser Zahlart steckt.

Wie sieht die Marktentwicklung für BNPL aus?

Der globale BNPL Markt belief sich in 2020 auf USD 4.07 Mrd. und soll sich mit einer jährlichen Wachstumsrate von 22.4 % von 2021 bis 2028 auf USD 20.40 Mrd. entwickeln.

 

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Quelle: Grand View Research (grandviewresearch.com)

 

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Quelle: Grand View Research (grandviewresearch.com)

 

Am weitesten fortgeschritten ist diese Zahlweise in Australien, der Heimat von Affirm, einem schnell wachsenden BNPL-Start-up. Dort haben rund 30% der Erwachsenen einen Account bei einem BNPL-Anbieter und der Wert der mit BNPL durchgeführten Transaktionen wuchs in 2020 um unglaubliche 55% (s. Grafik). Im Gegenzug verminderte sich dort das Volumen der Zahlungen, das über Kreditkarten lief. Mithin scheint sich hier eine nachhaltige Verschiebung des Zahlungsverhaltens anzudeuten.

 

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Quelle: blog.onestepcheckout.com

 

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Welche Ecommerce-Unternehmen setzen diese Zahlweise am meisten ein?

Vor allem Unternehmen, die einen hohen Warenkorbwert bei niedriger Frequenz aufweisen, setzen BNPL-Produkte bevorzugt ein, da bei ihnen die Konversion das Warenkorbs kritisch ist. Oftmals brechen die Kunden den Einkauf ab, weil die zu zahlende Summe zu hoch ist. Mithin reden wir in diesem Kontext vor allem von Shops im Umfeld von Luxusartikel, Travel, Fashion, Autozubehör etc.

 

Was bringt wohl die Zukunft für BNPL?

Ein Trend, der sich immer stärker herauskristallisiert, ist der Versuch der BNPL-Anbieter immer näher an den Kunden heranzurücken. Dies geschieht durch eigene Apps, auf denen sich der Kunde registriert und von dort aus seine User Journey im E-Commerce Bereich beginnt. Schließlich kennen die BNPL-Anbieter die Kunden oder besser gesagt das Einkaufverhalten des Kunden sehr genau und wollen dieses Wissen monetarisieren, indem dem Kunden passgenaue Shopping-Vorschläge, gestützt über AI, unterbreitet werden. Somit können die BNPL-Anbieter ihr Revenue-Model um Provisionen durch Affiliate-Marketing und Werbekampagnen erweitern, und gegebenenfalls noch eigene Kundenbindungsprogrammen entwerfen. Dieses zusätzliche Erlösmodell ist auch dringend notwendig, da sich die Margen bei der reinen Payment Abwicklung (also beim Checkout im Ecom-Shop), durch die wachsende Anzahl an Anbietern, im freien Fall befinden. Die Ecom-Merchants sind außerdem bereit eine höhere Provision für die Neukundengewinnung zu zahlen als für die reine Payment-Dienstleistung.

Ein weiterer Trend ist die Ausbreitung der BNPL-Anbieter in das klassische Banking-Business durch das Anbieten von Bankkonten und Kreditkarten. Hier macht sich ebenfalls deren Kundennähe und -bindung durch Cross-Selling von Finanzdienstleistungen bezahlt. Zukünftig werden sicherlich auch andere Finanzdienstleistungen, wie Versicherungen oder Leasing, vermarktet werden.

Außerdem expandieren die BNPL-Unternehmen immer mehr in Richtung Point of Sale-Geschäft, da eine Vielzahl von Händlern einen Omnichannel-Ansatz fährt, also ihren Kunden sowohl die Kanäle Online wie PoS offerieren und es zu einer Konvergenz des Einkaufserlebnisses kommt (online bestellt, im PoS abgeholt). Die Herausforderung im PoS-Geschäft ist dabei die Integration der BNPL-Zahlweise in das Kassen- und Warenwirtschaftssystem der Händler, die sich oftmals als langwierig und teuer herausstellt.

Eine spannende Variante des BNPL-Modells ist auch das Geschäftsmodell einer Miete von Produkten: dem Kunden wir dabei gegen Zahlung einer monatlichen „Miete“ (sprich Rate) ein hochpreisiges Produkt zur Nutzung überlassen, welches aber im Eigentum des BNPL-Anbieters verbleibt. Am Ende der Laufzeit wird das Produkt dann an den BNPL-Anbieter zurückgegeben, der das Wiederverkaufs-Risiko übernimmt. Solche Geschäftsmodelle bieten sich freilich nur bei wertstabilen Produkten wie etwa iPhones an.

Fazit

Mit BNPL bereichert eine neue Spielart das Payment-Geschäft, welche den Kunden den Erwerb von hochpreisigen Produkten ermöglicht. Händlern eröffnet sich somit die Chance ihren Umsatz zu steigern und die Zahlungsausfälle zu minimieren.

Wie so oft erschließen sich junge, technologiegetriebene Unternehmen diesen stark wachsenden Markt. Es bleibt allerdings spannend, welche Anbieter eine noch einsetzende Konsolidierungsphase überleben werden, nicht jeder wird den beinharten Wettbewerb am Markt überleben. Außerdem steht der Lackmustest für die Überlegenheit des Risk Managements der BNPL noch aus, hier könnten böse Überraschungen durch Zahlungsausfälle bei der vorwiegend jungen Zielgruppe lauern.
 
 

 

 

Stefan

Götz

FHC+P GmbH -

Senior Managing Consultant

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