Die Stromnetzinfrastrukturen stehen vor einer Wende. Damit wir den Energiebedarf sowohl heute als auch in Zukunft zuverlässig sicherstellen können, ist die Modernisierung unserer Netze dringend nötig – auch in puncto Digitalisierung.
Die Energiewirtschaft befindet sich im Übergang zu erneuerbaren Energiequellen. Der Zustand der Netzinfrastruktur rückt damit weltweit in den Fokus von Regierungen, Behörden und der Privatwirtschaft. Unsere Stromnetze sind zwar noch funktionsfähig, lassen sich aber derzeit nur schwer an die Anforderungen erneuerbarer Energiequellen anpassen. Technologien wie Smart Grids, die mit Sensoren und KI-gesteuerten Systemen ausgestattet sind, ermöglichen die Überwachung in Echtzeit, Fehlererkennung und Optimierung des Stromflusses und verbessern so die Effizienz und Widerstandsfähigkeit des Netzes.
Der zunehmende Wettbewerb um Energie hat die Entwicklung bereits angefeuert. Industrieunternehmen im Süden Deutschlands sind oft gezwungen, Energie aus dem Ausland zu importieren, obwohl im Norden günstiger, erneuerbarer Strom verfügbar wäre. Die Übertragungsnetze sind allerdings nicht in der Lage den Strom über weite Strecken zu transportieren, ohne Störungen oder gar Ausfälle zu verursachen. Einer der Gründe dafür ist, dass traditionelle Stromnetze für eine zentralisierte, kontinuierliche Stromerzeugung ausgelegt waren. Der heutige moderne Energiemix, der neben Fremdstrom auch erneuerbare Energiequellen wie Solar- und Windenergie umfasst, ist jedoch genau das Gegenteil: schwankend und dezentral.
Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Elektrizität erheblich gestiegen. Die zunehmende Nutzung von Elektroautos, die Wärmewende und die Digitalisierung führt zu einem höheren Druck auf die Netze, den nötigen Strom bereitzustellen. Mit dem Übergang zu grünerer Energie wird die Infrastruktur an ihre Grenzen stoßen. Um den Energiebedarf lokal zu decken, ist es unerlässlich, die Energienetze bundesweit zu modernisieren.
Digitale Stromautobahn
Der Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze ist also der unumgängliche Elefant im Raum. Der Bau der Stromautobahnen SuedOstLink und SuedLink soll die Stromversorgung in Deutschland auch in den kommenden Jahrzehnten sicherstellen – und so auch den Betrieb großer Industriebetriebe. Insgesamt sollen rund 18.000 Kilometer ausgebaut oder verstärkt werden. Allein in Deutschland rechnen Ökonom:innen mit einem Investitionsbedarf von 651 Milliarden Euro bis 2045, um den Strom aus erneuerbaren Quellen im Norden zu den Industriezentren im Süden der Bundesrepublik zu transportieren. Der Aus- und Umbau der Stromnetze bezieht sich dabei nicht nur auf die Übertragungsnetze, durch die Hochspannungsstrom über weite Strecken fließt, sondern auch auf Verteilernetze zur Industrie und zu Endverbraucher:innen.
Doch der Wandel muss noch viel weiter gehen. Damit der Übergang zu einem digitalen Geschäftsmodell sicher gelingt, müssen Energieunternehmen in Technologien investieren, die ihre Netze resilienter machen. Nur so kann die Modernisierung und Optimierung von Stromnetzen gelingen und auch die nötige Sicherheit dieser gewährleistet werden. Dennoch zögert eine beträchtliche Anzahl von Energieversorgern, ihre Infrastruktur umfassend zu modernisieren. Sie befürchten, dass die Einführung neuer Technologien zu Störungen und Sicherheitsrisiken führen könnte. Hinzu kommt, dass viele von ihnen sich nicht zutrauen, mit den neuen Plattformen zu arbeiten, weil sie intern nicht über die erforderlichen Kompetenzen verfügen. Das Potenzial von intelligenten Stromnetzen bleibt dabei ungenutzt.
Stabilität und Effizienz mit Smart Grids
Smart Grids machen den Weg frei für Echtzeit-Datenverarbeitung und die automatisierte Steuerung von Stromflüssen. Neben einer verbesserten Netzstabilität ermöglichen digital vernetzte Stromnetze flexibles Lastmanagement und die Integration von erneuerbaren Energien. Sogenannte Smart Meter, also IoT-Sensoren und intelligente Messsysteme, erfassen Daten in Echtzeit und können so Netzengpässe oder Ausfälle frühzeitig erkennen. Die richtige Software kann wiederum die Stromflüsse dynamisch und automatisiert an Bedarf und Angebot anpassen. Technologiedienstleister wie Cognizant unterstützen Energieversorger dabei, solche Systeme aufzubauen – etwa durch den Einsatz von KI, IoT-Plattformen und datengetriebenen Steuerungsmodellen. Die intelligente Vernetzung ermöglicht es zudem, dezentrale Stromspeicher im Kontext erneuerbarer Energien effektiv in das Netz einzubinden. Self-Healing-Grids gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie erkennen nicht nur Fehler in Echtzeit, sondern isolieren den betroffenen Netzbereich, leiten Lasten um und beheben, wenn möglich, den Fehler – alles eigenständig und automatisiert.
Daten sind ein wesentlicher Faktor für den Erfolg dieses Prozesses, insbesondere, wenn innovative Technologien wie generative KI in den Geschäftsbetreib eingeführt werden. Versorgungsunternehmen sammeln dank technologischer Fortschritte Daten über Verbrauch, Einspeisung, Netzbetrieb, Störungen und Kunden in einem noch nie dagewesenen Umfang und Tempo. Unternehmen müssen Prozesse finden, die alle verfügbaren Daten effizient nutzen, um sicherzustellen, dass die Modernisierung der Infrastruktur so reibungslos wie möglich erfolgt. Nur so können sie ein belastbares Stromnetz schaffen, das unsere Wirtschaft und unsere Systeme am Laufen hält.
Resiliente Energieversorgung für morgen
Die Modernisierung der Stromnetze ist eine zentrale Voraussetzung für eine nachhaltige und stabile Energieversorgung. Projekte wie SuedOstLink und SuedLink sind essenziell, um erneuerbaren Strom dorthin zu transportieren, wo er benötigt wird. Doch neben dem Netzausbau braucht es auch die Digitalisierung der Infrastruktur. Smart Grids und KI-gestützte Steuerungssysteme bieten enorme Potenziale, um Netzstabilität, Effizienz und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Damit dieser Wandel gelingt, müssen Energieunternehmen ihre Investitionsbereitschaft erhöhen und digitale Technologien gezielt einsetzen. Nur so kann die Stromwirtschaft den Herausforderungen der Zukunft begegnen und eine nachhaltige, resiliente Energieversorgung sicherstellen.
Smart Grids konkret: Technik, Hürden, Zeitplan |
Der Aufbau intelligenter Stromnetze beginnt mit Basis-Technologie: Smart Meter, Sensoren in Umspannwerken und fernschaltbare Komponenten liefern Echtzeitdaten zu Spannung, Stromfluss und Netzlast. Diese Daten werden per Mobilfunk (z. B. 5G, NB-IoT) oder Funkstandards wie LoRaWAN an zentrale Plattformen übertragen und dort – etwa in Cloud- oder IoT-Systemen – ausgewertet. Je nach Zielsetzung, Region und Ressourcen lassen sich Smart-Grid-Projekte in unterschiedlichen Phasenmodellen umsetzen: Pilotphasen (12–24 Monate): Beginn mit gezielter Sensorik in ausgewählten Netzabschnitten, ergänzt durch Machbarkeitsstudien, Lieferantenauswahl und erste Echtzeitdatenanalysen. Teilrollouts (3–5 Jahre): Fokus auf urbane Regionen oder Netzknoten mit hoher Einspeisung. Einsatz intelligenter Zähler, Fernsteuertechnik und Integration in bestehende Netzleitsysteme. Gesamtausbau (5–10+ Jahre): Umfassende Integration aller Netzebenen inklusive dezentraler Erzeuger, Spannungsregelung und sicherer Kommunikation. Herausforderungen sind langwierige Beschaffungsprozesse (z. B. Transformatoren, Recloser, Kommunikationsmodule mit Lieferzeiten von bis zu 18 Monaten), Fachkräftemangel und regulatorische Verzögerungen. Internationale Beispiele wie Frankreich (Enedis) oder Italien (Enel) zeigen jedoch: Mit ausreichender Finanzierung und politischer Unterstützung ist ein vollständiger Rollout realistisch und skalierbar. |