Q&A: Herausforderung Innovation

Einblick in die unterschiedlichen Pfade der unternehmerischen Innovationsbestrebungen 

Innovation

Der Aufstieg der Elektromobilität, der erneuerbaren Energien, der künstlichen Intelligenz, des Internets der Dinge und anderer aufstrebender Technologien bietet kreative Lösungen zur Bewältigung wachsender wirtschaftlicher Makrotrends und gesellschaftlicher Herausforderungen. Die Innovation in diesen Bereichen kann jedoch sehr komplex sein.

Ralf Klädtke, CTO Transportation Solutions bei TE Connectivity, gibt spannende Einblicke in die Ergebnisse des Industrial Technologie Index von TE Connectivity, der Aufschluss darüber gibt, wie Unternehmen kritische Herausforderungen im Bereich der Innovation überwinden oder angehen können und was sie bei der Gestaltung der Zukunft beachten sollten. 

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Der Begriff „Innovation“ ist in aller Munde. Was sind die zentralen Aspekte, die unternehmensseitig im Fokus stehen sollten?

Ralf Klädtke: Innovation ist ein Schlüsselfaktor, der für alle Ebenen des Wertstroms eines Unternehmens relevant ist. Auch TE Connectivity als Technologieführer für fortschrittliche Verbindungs- und Sensorlösungen muss proaktiv auf die sich ändernden Anforderungen des Marktes im New Normal reagieren. 

Im New Normal erwarten unsere Kunden, dass Innovation und Entwicklungen in deutlich kürzerer Zeit, in bester Qualität, nach Nachhaltigkeitsanforderungen, zu konkurrenzfähigem Preis und mit Resilienz in den Lieferketten flexibel geliefert werden. Dies sind die zentralen Aspekte, die unternehmensseitig im Fokus stehen müssen, um erfolgreich zu sein. Die Innovationsfähigkeit von Unternehmen ist entscheidend. 80 bis 90 Prozent der Entscheidungen für Erfolg oder Misserfolg im New Normal werden in den frühen Entwicklungsphasen getroffen.

Wie hat sich der Stellenwert der „Innovation“ in den vergangenen Jahren verändert?

Ralf Klädtke: Früher mag es ausreichend gewesen sein, den Kundenwünschen schnell und reaktiv zu folgen. Wenn Unternehmen ihre Innovation heute reaktiv auf die Kundenbedürfnisse ausrichten, ist der Misserfolg vorprogrammiert. Heute und speziell im New Normal müssen Unternehmen die Megatrends proaktiv analysieren, die technologischen Trends erkennen und ihre Märkte und Wettbewerber intensiv analysieren. Nur mit einer Produktstrategie und „Produkt Business Plänen“ können die Unternehmen antizipieren, welche Produkte die Kunden in einem Jahr, in drei Jahren oder gar in fünf bis zehn Jahren mit welchen technischen Leistungsfähigkeiten und zu welchem Preis erwarten werden. Die eigenen Produkte müssen mit Alleinstellungsmerkmalen rechtzeitig entwickelt werden und mit optimiertem „Time-to-Market“ gegenüber den Wettbewerbern im Markt platziert werden, um erfolgreich zu sein und Marktanteile profitabel gewinnen zu können.

Neben der Produktstrategie ist Geschwindigkeit ein weiterer sehr wichtiger Faktor. Heute erwarten Kunden im New Normal nach einer Anfrage innerhalb von Tagen / Wochen ein fertiges Konzeptdesign und ein erstes Produkt in der Hand zu haben. Dies erfordert in der Innovation eine komplette Überarbeitung der Prozesse nach LEAN-Prinzipien. Jegliche Verschwendung (Waste) in den Prozessen ist zu vermeiden. „Generative Design“ unter Nutzung künstlicher Intelligenz ist zu nutzen und die Produkte sind wann immer möglich in der frühen Phase mit 3D-Druck herzustellen. Die disruptiven Technologien im New Normal erfordern eine deutlich höhere Geschwindigkeit der Innovation und in der Entwicklungsphase als jemals zuvor.

Auch Nachhaltigkeit hat sich zu einem hochpriorisierten Faktor für die Innovation entwickelt. TE Connectivity hat bereits vor Jahren die Zielsetzung definiert, eine sichere, nachhaltige, produktive und vernetzte Zukunft zu schaffen. Wir haben eine „One Connected World“ gegründet und alle Unternehmensbereiche über den gesamten Wertstrom auf Nachhaltigkeit geprüft. Von der Entwicklungsebene haben wir jetzt die Initiative „Design for Sustainability“ gestartet. Wir haben festgestellt, dass ca. 80 Prozent der Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus bereits in der Designphase festgelegt werden. Es werden die Materialien ausgewählt, die Anzahl der Bauteile und auch deren Gewicht festgelegt, es werden Prozesse für die Herstellung und auch initial die Lieferanten ausgewählt. Und damit wird bereits ein Großteil des Product Carbon Footprint in der frühen Innovationsphase festgelegt. 

Der TE Connectivity Industrial Technology Index setzt das Thema Innovation in den Fokus. Welche zentralen Aussagen sollten besonders hervorgehoben werden mit Blick auf die Innovations-Roadmap von Unternehmen?

Ralf Klädtke: In unserer Forschungsstudie zum «Industrial Technology Index» haben wir Entwickler und Führungskräfte der wichtigsten Industriefirmen in den USA, China und Deutschland zu unterschiedlichen Themen befragt. Hierbei war es besonders wichtig zu erfahren, wie Unternehmen kritische Herausforderungen im Bereich der Innovation überwinden oder angehen. Aber auch der Faktor Zukunft stand im Fokus – denn wir wollten wissen, was Unternehmen bei der Gestaltung der Zukunft beachten sollten. 

Dabei haben wir festgestellt, dass Führungskräfte und Entwickler übereinstimmend der Meinung sind, dass Innovation die Nummer 1 Priorität im Unternehmen ist und dass auch 86 bis 90 Prozent zustimmen, dass das Unternehmen eine klar definierte Strategie hat, um die Unternehmensziele zu erreichen. 

Wenn es jedoch um die Einschätzung der Innovation geht, fallen erhebliche Unterschiede auf. 57 Prozent der Führungskräfte halten die Innovation im Unternehmen für eine totale Transformation. Dieser Aussage stimmen nur 45 Prozent der Entwickler zu, die mit 55 Prozent die Innovation eher für eine Iteration oder eine Verbesserung halten.

Innovationsbestrebungen können unterschiedlich ausgerichtet sein. Lassen sich hier klare Richtungen ausmachen? 

Ralf Klädtke: Mit Blick auf die globale Unternehmenswelt hat Innovation für die große Mehrheit der Führungskräfte in Unternehmen (90 Prozent) oberste Priorität. Dieser Auffassung stimmen auch 88 Prozent der Ingenieure zu. Beide Gruppen sind zudem davon überzeugt, dass ihr Unternehmen eine klare Linie bei der Innovationsumsetzung fährt. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen und Ressourcen sehen sie als vorhanden an. 

Etwas anders gestaltet sich die Auffassung deutscher Ingenieure. Hier ist die positive Grundhaltung weniger vertreten. Mit Blick auf die Forschungsstudie zeigt sich, dass sich deutsche Ingenieure über die Innovationsstrategie ihres Unternehmens weniger im Klaren sind als ihre Kollegen in den USA oder China. Dies hat nachgelagerte Auswirkungen auf deutsche unternehmensinterne Teams. Auch herrscht nicht immer Klarheit darüber, was das Unternehmen als Innovation bezeichnet und wie die unternehmerische Strategie mit Blick auf das Erreichen von Innovationszielen aussieht. 

Wenn es darum geht, Ingenieure in dem Innovationsprozess zu platzieren, sollten deutsche Unternehmen sich strategisch besser und vor allem im internen Team aufstellen. Denn deutsche Ingenieure geben seltener an, dass ihre Ingenieursfunktion eine konsistente Definition von Innovation hat, die mit den Innovationszielen ihres Unternehmens übereinstimmt. Solange ein Mangel an Klarheit bei den deutschen Ingenieuren besteht, wird sich dies auf die Innovationsfähigkeit und auch auf die Geschwindigkeit der Innovation in Deutschland auswirken. Hier bedarf es einer nahtlosen Kommunikation, die die Innovationsbestrebungen und die jeweilige Rolle im Prozesse für alle Beteiligten transparent macht. Positiv wirkt sich auch die Zusammenarbeit mit einem internen Innovationszentrum oder -labor aus. Dies ist ein Ansporn für deutsche Unternehmen, da sie hier im globalen Vergleich noch einen Nachholbedarf haben. 

Für eine gelungene Implementierung von Innovation ist Vertrauen entscheidend. Damit Mitarbeiter in den Innovationsprozess eingebunden sind und ihr Potential effektiv einbringen und sich weiterbilden können, sollte die Kommunikation transparent sein und alle Bereiche des Unternehmens erreichen. Auf dieser Basis ergibt sich auch die Möglichkeit, die Skepsis deutscher Ingenieure ins Positive zu kehren. Denn noch stimmen deutsche Ingenieure eher zu, dass die Innovationsziele ihres Unternehmens unrealistisch sind und dass sie Schwierigkeiten haben werden, sie zu erreichen.

Innovationen sind stets an Investitionsentscheidungen gebunden. Welche Trends lassen sich hier ausmachen?

Ralf Klädtke: In unserer Forschungsstudie haben wir untersucht, in welche Bereiche die Unternehmen in den letzten vier Jahren investiert haben und in welche Bereiche die Unternehmen in den nächsten ein bis drei Jahren investieren werden.

Rückblickend auf die vergangenen vier Jahre lassen sich fünf Schlüsselbereiche der Innovation ausmachen, in die mehr als 75 Prozent der Unternehmen in höherem Maße investiert haben. Neben Cloud Computing (81 Prozent) und Fabrikautomatisierung (80 Prozent) fokussierten sie auf erneuerbare Energien (78 Prozent), Datenkonnektivität (76 Prozent) und E-Mobilität (75 Prozent). 

Eine Verschiebung zeigt sich mit Blick auf die zukünftigen Innovationen, die bei Investitionsentscheidungen priorisiert werden sollen: Hier sehen wir erneuerbare Energien und Cloud Computing im Mittelpunkt, wobei erneuerbare Energien die Spitzenposition einnehmen. 

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(Quelle: TE Connectivity)

Innovationsbestrebungen bringen auch Nachhaltigkeitsbestrebungen mit sich. Wie lassen sich diese innovativ implementieren?

Ralf Klädtke: Nachhaltigkeitsbestrebungen nehmen bereits jetzt im globalen Unternehmenskontext einen hohen Stellenwert ein. Diese Ausrichtung setzt sich auch mit Blick auf künftige Investitionen fort. Dabei haben beispielsweise Investitionen in erneuerbare Energien eine deutliche Priorität. Es wäre allerdings falsch, daraus ein einheitliches Verständnis über den Stellenwert von Nachhaltigkeit zu schließen. 

Wir haben im Rahmen der Forschungsstudie festgestellt, dass fünfmal mehr Führungskräfte (11 Prozent) als Entwickler (zwei Prozent) der Meinung sind, dass Nachhaltigkeit unwichtig für das Unternehmen ist. Einer von fünf Ingenieuren kritisiert zudem, dass sein Unternehmen keine klare Strategie zur Umsetzung nachhaltiger Praktiken hat. 

Wir vermuten, dass Führungskräfte einen höheren Druck vom Markt auf Kosten verspüren und die Herausforderung, die Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen als schwierig erachten. Wir bei TE Connectivity haben Nachhaltigkeit als Top-Priorität in der Unternehmenskultur fest verankert und arbeiten auf allen Ebenen und Funktionen im Unternehmen daran, die New Normal Herausforderungen der Nachhaltigkeit in Chancen für die Zukunft umwandeln zu können.

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(Quelle: TE Connectivity)

Innovation hat unterschiedliche Antriebskräfte – welche spezifischen können Sie ausmachen und was sind die größten Hürden für Innovation?

Ralf Klädtke: Die größten Antriebskräfte für Innovation kommen aus den Megatrends und den daraus resultierenden New Normal Märkten und Technologietrends. Wir sehen zahlreiche neue disruptive Technologien im New Normal Markt und entsprechend auch eine große Zahl neuer Kunden, die aufgrund dieser neuen Technologietrends entstehen. Technologiefirmen bilden global komplexe Partnerschaften auch mit Startup Firmen, um in höherer Geschwindigkeit neue Produkte am Markt erfolgreich anbieten zu können. Die Forderung der globalen Kunden nach Innovation in kürzester Zeit, hoher Qualität, konsequenter Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen und konkurrenzfähigem Preis sind die größten Antriebskräfte. 

In unserer Forschungsstudie haben wir festgestellt, dass in den meisten Unternehmen eine starke Basis für Innovation bei Führungskräften und Entwicklern besteht. Die festgestellten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in Bereichen wie Nachhaltigkeit, Einschätzung der Innovationskraft oder dass 39 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass interne Silos die Implementierung von neuen Technologien behindern, können ein Unternehmen erheblich schwächen. Interne Abstimmungsprobleme, Silos oder Lücken bei den technischen Fähigkeiten in einem New Normal Markt, der Geschwindigkeit und hohe Innovationskraft fordert, sind die größten Hürden, die es zu meistern gilt.

Wie sollten die Innovationsbestrebungen der Zukunft aussehen und welche Ziele stellt sich TE Connectivity?

Ralf Klädtke: Im New Normal sehen wir eine deutlich höhere Geschwindigkeit, mit der neue disruptive Technologien am Markt eingeführt werden. Führungskräfte und Entwickler gleichermaßen müssen sich mit den Megatrends und den sich hieraus schnell entwickelnden Technologietrends beschäftigen und eigene Innovationen mit Alleinstellungsmerkmalen ableiten, um im Markt zu gewinnen. Als Ergebnis unserer Forschungsstudie ist es wichtig, dass zur Beschleunigung der Innovation externe Innovation wie interne Zusammenarbeit für Innovation priorisiert wird. 82 Prozent der Entwickler sind der Meinung, dass externe Impulse die Innovation beschleunigen. 

Auf Basis unserer Forschungsstudie stellen wir auch fest, dass deutsche Ingenieure in der Innovationsphase mehr Flexibilität erwarten als ihre globalen Kollegen. Zudem vermissen deutsche Ingenieure eine umfassende Trial-and-Error-Kultur, um eigene Erfahrungen mit den Innovationstechnologien zu machen. Führungskräfte hingegen schreiben der Flexibilität einen geringeren Stellenwert zu. 

In der Forschungsstudie zeigt sich, dass Innovation dann ein ganzheitlicher Erfolgsfaktor ist, wenn sie ebenen-übergreifend eingeführt und die durch sie angestoßenen Veränderungen transparent gemacht werden. Begleitend hierzu ist es unabdingbar, die Mitarbeiter so weiterzubilden, dass sie den Herausforderungen, die die Innovationen mit sich bringen, ohne Qualifikationsdefizite begegnen können. Dann ist auch das Angstgefühl obsolet, durch Erfahrungsdefizite nicht mehr am unternehmerischen Wertschöpfungsprozess teilnehmen zu können. Hier sind sich Führungskräfte und Ingenieure einig. Denn: Mehr als vier Fünftel (85 Prozent) stimmen überein, wenn es um mehr Schulungs-, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten zur Beschleunigung von Innovationen geht.  

Aufgrund der Herausforderungen im New Normal im Hinblick auf Innovationskraft, Geschwindigkeit, Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit oder Resilienz haben wir bei TE Connectivity einen strategischen Schwerpunkt auf die Veränderung der Unternehmenskultur gelegt – «Thinking like an Owner». Wir haben in unserem Unternehmen in Europa, USA, China, Japan, Korea, Indien oder Brasilien «Entrepreneurial Leadership» Workshops durchgeführt, um neue Ideen zu generieren und zu priorisieren. Diese helfen uns, in dem dynamischen und wettbewerbsorientieren weltweiten Markt als Unternehmen auch unter den Herausforderungen des New Normal erfolgreich zu sein.

Ralf Klädtke, CTO Transportation Solutions bei TE Connectivity, www.te.com

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