Für alles offen: Mit Open-Source den Weg der Digitalisierung gehen

Digital Change

Bis 2022 werden 575 Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert – das war zumindest das erklärte, aber nicht erreichte, Ziel. Vor kurzem folgte dann das Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung.

Dass die öffentlichen Behörden bei der Digitalisierung noch hinterherhinken und vieles analog oder mit veralteter Technik abwickeln, ist kein Geheimnis. Und der andauernde Personalmangel in deutschen Verwaltungseinrichtungen macht weder die Verwaltung, noch die Digitalisierung derselben zu einem leichteren Unterfangen.

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IT-Anforderungen und Datensicherheit unter einen Hut zu bringen, ist komplex und aufwändig. Aus Angst vor Fehltritten meiden die Behörden technologische Möglichkeiten noch viel zu oft. Doch wo nichts ist, ist auch alles möglich und die digitale Struktur kann von Grund auf zielgerichtet aufgesetzt werden. Nur so ermöglicht sie es, Prozesse tatsächlich zu beschleunigen und zu vereinfachen. In § 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Digitalisierung der Verwaltung hat die Regierung dies bereits mitgedacht: „Bei der Bereitstellung der IT-Komponenten […], soll dort, wo es technisch möglich und wirtschaftlich ist, Open-Source-Software vorrangig vor solcher Software eingesetzt werden, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich ist oder deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung einschränkt.“

Open-Source-Software wird zu einem wichtigen Träger der digitalen Verwaltung – allerdings deutlich wichtiger, als der Satz aus dem Gesetzestext vermuten lässt. Preisliche Vorteile, individualisierbare Einrichtung und kostenlose Weitergabe sprechen wirtschaftlich wie technisch deutlich für Open-Source in der Verwaltung.

Eure Hoheit – oder lieber unsere?

Ein Aspekt darf aber keinesfalls vernachlässigt werden: Datenhoheit. Sie bildet die Grundlage für das Vertrauen in den digitalen Staat. Denn fallen Daten von Bürger:innen in fremde Hände, schwindet das Vertrauen der Bürger:innen. Besondere und persönliche Informationen sollten auch besonders geschützt und souverän gespeichert werden. Transparenz schafft einen Teil dieses Vertrauens und ein offener Quellcode bietet genau das: Einen Einblick in die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet, wo sie erhoben, gespeichert und an wen sie weitergegeben werden. Außerdem behält die öffentliche Hand die volle Kontrolle über die Daten und ihre Verarbeitung. Es entstehen keine Abhängigkeiten von staatlichen Einrichtungen gegenüber ausländischen Unternehmen.

Ein Offenlegen beispielsweise aufgrund des US CLOUD Acts, weil Behörden eine US-Infrastruktur nutzen, ist damit ausgeschlossen. Datenhoheit muss als nicht zu vernachlässigender Kernfaktor in der Digitalisierungsstrategie gesehen werden. Statt Open Source nur „dort einzusetzen, wo es technisch möglich und wirtschaftlich“ ist, sollte entsprechende Software überall dort eingesetzt werden, wo der Staat die volle Kontrolle über die gespeicherten Daten benötigt. Die Informationen von Bürger:innen sollten ausschließlich von nachvollziehbaren und transparenten Programmen verarbeitet werden. In diesem Bereich der digitalen Verwaltung wird Open Source unerlässlich werden.

Warten statt warten

Gemeinsames Warten und Weiterentwickeln einer geteilten und offenen Basissoftware erleichtern außerdem das Leben der zuständigen IT-Teams. Durch die einheitlichen Standards braucht es nicht für jede Behörde einen Legacy-Spezialisten: Tritt irgendwo ein Fehler auf, kann er überall präventiv gelöst werden. Auch ein effizienterer Einsatz von DevOps wird möglich, wenn sich Dev- wie Ops-Seite nur auf ein und dasselbe Codekonstrukt spezialisieren müssen. Eine geteilte Open-Source-Struktur erleichtert Änderungen der IT-Architektur: Nutzer:innen sind nicht an bestimmte Produkte und Provider gebunden. So lässt sich zum Beispiel der Umzug von einer Cloud in die andere weitgehend hürdenlos und schrittweise durchführen.

Für Modernisierungen, Weiterentwicklungen oder Erweiterungen bedeutet das, dass sie flächendeckend ausgerollt werden können. Die Infrastruktur wird damit allgemein flexibler und skalierbarer. Developer können außerdem auf einen größeren und stärkeren Pool an Know-how und Ideen zurückgreifen. Das steigert (natürlich) ihre Effizienz und erhöht gleichzeitig das Maß an Expertise, das in die Software einfließt – sowie die Möglichkeiten. Auch Hindernisse bei Lizenzen, Vertragsbedingungen oder der Kompatibilität von Programmen verschiedener Anbieter entfallen.

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Wirtschaft und Öffentlichkeit

Datenhoheit ist der Kernfaktor und Open Source bleibt damit in der öffentlichen Verwaltung unerlässlich. Das aber schließt proprietäre Lösungen andererseits nicht aus. Prozesse, die nicht mit der Datenverarbeitung von Bürger:innen in Verbindung stehen, und gerade solche, die bereits gut funktionieren, sollten nicht erneut und umständlich mit quelloffenen Programmen neu entwickelt werden.

Open-Source- und proprietäre Lösungen können gut ineinandergreifen und sind für zahlreiche Szenarien geeignet. So stehen Wirtschaft und Öffentlichkeit nicht im Gegensatz zueinander, sondern werden gemeinsam gedacht und bieten gemeinsame Lösungen. Viele Anbieter bieten von Haus aus Schnittstellen zu Open-Source-Programmen wie beispielsweise Kubernetes. Es gibt bereits etablierte Produkte, deren Quellcode offen zugänglich ist und von einer Community weiterentwickelt wird. Verschiedene Unternehmen schaffen gemeinsam eine souveräne Cloud-Struktur, die europäischen Rechtsanforderungen genügt und im Betrieb sowie bei einem Wechsel der Provider kaum Hindernisse aufweist.

Die Verwaltung der Zukunft

Dass die Bundesregierung Open Source in der Verwaltung einsetzen will, ist ein gutes Zeichen. Es fehlt allerdings der bindende Einsatz von quelloffenen Anwendungen an den relevanten Stellen. Nämlich dort, wo der Staat die absolute Datenhoheit behalten muss. Neben Flexibilität, Skalierbarkeit und einfachem Management bieten Open-Source-Programme mit ihrer Transparenz die Grundlage für das Vertrauen in die digitale Verwaltung.

Das muss nicht bedeuten, dass keine Produkte der freien Wirtschaft genutzt werden. Aber ein gezielter Einsatz von Open-Source-Lösungen an den richtigen und wichtigen Stellen ermöglicht einen digitalen Wandel, der nachhaltig, zukunftsorientiert und vertrauenswürdig ist. Und eine moderne, bürgernahe Verwaltung ist damit in greifbarer Nähe.

Alexander

Wallner

Chief Executive Officer

plusserver-Gruppe

Alexander Wallner ist seit Juli 2021 CEO der plusserver-Gruppe. In dieser Position ist er für die operative Geschäftsstrategie, das Go-to-Market der Produkte und Lösungen sowie den Ausbau des starken Partner-Ökosystems verantwortlich.
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