Cognitive Computing

KI-basierte Textanalyse-Systeme: Ohne Aufwand kein Ertrag

Dank neuster Technologien steigert intelligente Prozessautomatisierung massiv die Effizienz und senkt deutlich die Kosten. Naturgemäß ist dies ein Topthema sowohl in der IT-Abteilung als auch auf der Vorstandsebene. Die natürlichen Grenzen dieses segensreichen Ansatzes liegen dabei nur zur Hälfte im technologischen Bereich.

Das Digital Transformation Institute von Capgemini verdeutlicht dies am Beispiel der Finanzdienstleistungsbranche. Diese könnten durch den Einsatz intelligenter Automatisierungsmechanismen bis zum Jahr 2020 weltweit mit einem Umsatzplus von 512 Milliarden US-Dollar rechnen, so das Ergebnis der Studie „Intelligente Automatisierung bei Finanzdienstleistern. Growth in the Machine“. In Deutschland können im gleichen Zeitraum Banken und Kapitalmarktunternehmen mit einem zusätzlichen Umsatz von 13,38 Milliarden US-Dollar (plus 6,56 Prozent) und Versicherungen mit 21,42 Milliarden US-Dollar (plus 6,11 Prozent) rechnen. Voraussetzung dafür sei, dass Robotik-Prozessautomatisierung (RPA), künstliche Intelligenz (KI) und Geschäftsprozessoptimierung (GPO) miteinander verbunden und zur Erreichung der Geschäftsziele eingesetzt werden.

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Intelligente Automatisierungsmechanismen

Genau in diesen Worten liegt die Kraft der Studie. In dem Capgemini- Report ist explizit die Rede von „intelligenten Automatisierungsmechanismen“. Die Berater haben richtig hervorgehoben, dass sich erst durch die Kombination von Robotik-Prozessautomatisierung, Künstlicher Intelligenz und GPO die erwünschten Ergebnisse erzielen lassen. Solitär reicht keine der drei Technologien aus, es mangelt an gegenseitigen Bindungen und Beziehungen. „Intelligent“ bedeutet aber auch, dass seitens des Anwenderunternehmens bestimmte Vorarbeiten erledigt sein müssen, damit die Automatisierungsprozesse optimal greifen können. Was das konkret heißt, zeigt der Blick in den Maschinenraum.

RPA ist im gehobenen Mittelstand und in der Konzernwelt längst gesetzt. Unternehmen automatisieren damit vergleichsweise profane Abläufe wie die Überführung strukturierter Daten in eine andere Datenbasis. Also im Grunde genommen simples Kopieren von Applikation A zu Applikation B. SAP-Leiter wissen nur zu gut, wie wertvoll diese Teilautomatisierung ist und wie damit sinnvoll manuelle Eingaben reduziert werden können. Derlei Verfahren eigenen sich jedoch lediglich für strukturierte Daten. Die von Capgemini angeführte intelligente Prozessautomatisierung lässt sich derart nicht erreichen.

KI-basierte Lösungen mit Cognitive Automation

Das ist erst der Fall, wenn neben den strukturierten auch unstrukturierte Daten miteinfließen können und die Softwaresysteme in der Lage sind, aus den verschiedenen Datenquellen einen strukturierten Output zu generieren. Dazu muss die RPA durch KI-basierte Lösungen mit Cognitive Automation ergänzt werden. Und nicht nur das!

Denn darüber hinaus kommt es oftmals zu nicht-technologischen Einschränkungen. Dem zweiten Bereich der bereits angesprochenen natürlichen Grenzen. Diese Grenzen resultieren aus dem domainspezifischen Wissen eines Unternehmens. Anders ausgedrückt: Ist das in den Daten gespeicherte Know-how eines Unternehmens nicht reproduzierbar vorhanden, lässt sich nicht die komplette Intelligenz der Softwaresysteme einsetzen. Das Beispiel Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der Umgang damit in Unternehmen verdeutlicht sehr nachvollziehbar, wie diese Begrenzungen in der Praxis entstehen.

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DSGVO und Cognitive Computing

Die DSGVO praktisch umzusetzen, bedeutet für Unternehmen gewaltige Datenströme mit großen Mengen personenbezogener Daten beherrschbar machen müssen. Gemäß Art. 15 der DSGVO sollten sie beispielsweise einem Kunden auf Anfrage Auskunft darüber geben können, ob und wie sie dessen personenbezogene Daten verarbeitet haben, die Kategorien der Daten darstellen und diese anschließend löschen können, wenn er dies wünscht. Dafür muss ein Unternehmen wissen, wo in seinen Terabytes welche Daten gespeichert sind. Von Führerscheindaten, Autokennzeichen, Mitgliedschaften in politischen Parteien, über Eheschließungen und eheähnliche Verhältnissen bis hin zu Kreditkartendaten und Kontonummern. Wo befinden sich die Daten? Wo muss was wie geschwärzt werden? Welche etwaigen Beziehungen der Kunden untereinander sind wo vorhanden und müssen ebenfalls anonymisiert werden? Das sind die Fragen, auf die Unternehmen eine zuverlässige Antwort haben müssen.

Systeme auf Basis von Cognitive Computing sind im Handumdrehen in der Lage, aus Millionen an Datensätzen die entscheidenden zu erkennen, Korrelationen aufzudecken und auf dieser Basis die nötigen Entscheidungen zu treffen. Doch die entsprechende Vorarbeit muss auf Unternehmensseite geleistet werden. Branchenüblich mögen die Datenströme z. B. von Versicherungsunternehmen ähnlich aufgebaut sein, doch für die Anforderungen der DSGVO ersetzt Ähnlichkeit keinesfalls Genauigkeit.

Big-Data-Interpretation nach menschlichem Verständnismuster

Cognitive Computing ist nicht nur genau, sondern auch lernfähig, da es nicht ausschließlich strengen Wortanalysen oder Regeln folgt. Es verwendet menschliche Verständnismuster, um Big Data und unstrukturierte Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, wie Dokumenten, Nachrichten, Presseartikeln, Forschungsberichten oder E-Mails zu interpretieren. Allein zu wissen, dass eine Personalausweisnummer eine solche ist, macht die Lösung noch nicht intelligent. Nichts zeigt dies deutlicher als Microsofts Chatbot Tay. Er verursachte eine öffentliche Kontroverse, als der Bot anzügliche und beleidigende Tweets durch sein Twitter-Konto veröffentlichte. Microsoft war gezwungen, den Dienst nur 16 Stunden nach seinem Start wieder abzuschalten. Laut Microsoft wurde dies von Benutzern verursacht, die den Dienst durch gezielte Fragen und Aufforderungen „attackierten“, da der Bot Antworten auf seine Interaktionen mit Personen auf Twitter gab. Verursacht wurde dies dadurch, da Tays KI – so sich überhaupt davon sprechen lässt – nicht auf Cognitive Computing beruhte. Tay erkannte schlicht und einfach nicht die Zusammenhänge seines Tuns.

Wenn aber eine Bank beispielsweise das Risikoprofil eines Finanzierungsantrags bewerten möchte, sind weitaus mehr Aspekte in Betracht zu ziehen als die Bilanz oder die Gewinn- und Verlustrechnung. Wenn man davon ausgeht, dass das Finanzgebaren eines Unternehmens eng mit den Führungsqualitäten in den Unternehmen zusammenhängt, dann wird auch das zu einem bedeutenden Faktor bei der Beurteilung.

KI auf Basis von Cognitive Computing wird eingesetzt, um aus öffentlich zugänglichen Informationen das Verhalten von Unternehmen zu begreifen und so zusätzliche Faktoren zu identifizieren, die auf Risiken schließen lassen. Die Bankenkrise hat eindeutig gezeigt, wie wichtig es ist, menschliche Fehlgriffe früher zu erkennen.

Fazit

Unternehmen können mit intelligenter Prozessautomatisierung viel erreichen, wenn sie natürliche Grenzen beachten, die ihnen von der eigenen Struktur und von Technologien wie RPA auferlegt werden. Durch die richtige technologische Kombination und das notwendige Wissensmanagement können sie diese Grenzen überschreiten. Denn nicht ohne Grund konstatieren die Fachleute von Capgemini folgenden Status quo bei den von ihnen Befragten: „Die Mehrheit aller Unternehmen hat mit geschäftlichen, technologischen und personellen Herausforderungen zu kämpfen. Die Studie zeigt, dass nur fast jedes vierte Unternehmen über die technologische Reife verfügt, um kognitive Automatisierungstechnologien wie maschinelles Lernen, Computer Vision und Biometrie zu implementieren. Die meisten Unternehmen setzen lediglich RPA oder – bestenfalls – Natural Language Processing (NLP) ein und diese sind das Rückgrat ihrer Automatisierungsinitiativen.“ Doch dieses Rückgrat reicht eben noch nicht aus. Erst die richtige technologische Kombination gemischt mit dem Wissensmanagement eines Unternehmens schafft echte Intelligenz im Automatisierungs-Prozess.

Stefan Welcker
Managing Director DACH
Expert System Deutschland GmbH

Stefan WelckerStefan Welcker bekleidet seit März 2017 die Position des Managing Director der Expert System Deutschland GmbH. In dieser Funktion ist er für die Leitung sämtlicher Geschäfte in der DACH-Region verantwortlich. Mit mehr als 20-jähriger Erfahrung in den Bereichen Informationstechnologie und Enterprise Software wird Stefan Welcker den Expansionskurs von Expert System in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiter vorantreiben.

Vor seiner Ernennung bei Expert System war Stefan Welcker als Geschäftsführer bei C2FO, einem Finanztechnologieunternehmen, und Lexmark (ehemals Perceptive Software) tätig. Während seines beruflichen Werdegangs leistete er einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung und Optimierung von Prozessen mit Lösungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz für führende Unternehmen wie Airbus, BAT, EADS, E.ON, Nestle, Siemens und Swiss Re.
 

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