Datengetriebenes Change-Management

Change Management

Die Krise ist die neue Normalität. Spätestens seit der Lehman-Pleite 2008 folgen Krisen aufeinander oder überlagern sich. Die Polykrisen setzen Unternehmen unter Druck, sich zumindest reaktiv anzupassen, permanent Veränderungsprozesse zu organisieren oder besser veränderungsfähig zu werden. Ein datengetriebenes Change-Management ermöglicht es, Veränderungsenergie nachhaltig freizusetzen.

Ob Klimawandel, Energiekrise, Dekarbonisierung, De- oder Re-Globalisierung und Lieferengpässe sowie die Herausforderungen hybrider und cyberkrimineller Kriege: Unternehmen müssen heute mehr denn je anpassungsfähig sein. Die Digitalisierung der Geschäftsmodelle und Prozesse auf Basis von SAP S/4HANA oder anderen ERP-Systemen ist derzeit eine gern gewählte Strategie, um erfolgreich zu bleiben und eine nachhaltige Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit im Unternehmen zu erzeugen. Immerhin dauert eine solche Geschäftstransformation normalerweise mehrere Jahre, in denen alle, Führungskräfte und Mitarbeitende, zahlreiche Lernkurven durchlaufen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für solche Digitalisierungsstrategien ist dabei, die Rahmenbedingungen für ein datengetriebenes Change-Management zu schaffen, das Führungskräfte und Mitarbeitende nachhaltig befähigt, agil und damit anpassungsfähig zu werden, zu bleiben und schließlich aktuelle und zukünftige Krisen erfolgreich zu meistern.

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Engagement der Mitarbeitenden messen und verstehen

Es ist eine Binsenweisheit, dass die Digitalisierung einer Organisation ohne Change-Management oft zum Scheitern verurteilt ist. Denn die Beharrungskräfte der Menschen in Unternehmen sind enorm. Sie wollen an ihren gewohnten Prozessen, Strukturen und Systemen festhalten. Zum Leidwesen der CIOs werden in der Folge schlechte analoge Prozesse mit dem Ergebnis digitalisiert, nachher schlechte digitale Prozesse zu etablieren. Umgekehrt muss es das Ziel sein, bei einer digitalen Transformation eines Unternehmens die Potenziale der neuen Werkzeuge optimal zu nutzen. Das gelingt aber nur, wenn Prozesse neu gedacht und auf die optimale Potenzialnutzung der neuen Tools ausgerichtet werden. Es ist die zentrale Aufgabe der CIOs und ihrer Projektleiter, dafür zu sorgen, dass dies geschieht und auch mit Leben gefüllt wird. Dafür müssen sie alle Mitarbeitenden von Anfang an mitnehmen, motivieren und befähigen. Das aber sollten sie nicht alleine der Unternehmenskommunikation überlassen.

Mit Projekt- und Townhall-Meetings, Informationen im Intranet und Appellen der Geschäftsleitung kommen die Kommunikationsverantwortlichen nicht weit, wenn sie die Beharrungskräfte aufbrechen wollen. Oft bleibt lange unbemerkt, dass das Kommitment der Mitarbeitenden nicht ausreicht, die Nutzung der neuen IT-Systeme mangelhaft ist und die Produktivitätssteigerung hinter den Erwartungen zurückbleibt. Um dies zu verhindern, hilft ein datengetriebenes Change-Management. Es erfasst die Offenheit für Veränderungen und damit die Veränderungsenergie regelmäßig anhand ausgewählter Metriken und Indikatoren. Mit den Ergebnissen entsteht frühzeitig ein Bewusstsein im Management, an welchen Stellen weitere Maßnahmen und Formate notwendig sinnvoll sind, um die Geschäftstransformation erfolgreicher, schneller und kostengünstiger zu bewältigen.

5-Phasen-Modell der Kommunikation

So fundamentale Transformationen wie die digitale Transformation einer Organisation auf Basis von SAP S/4HANA lässt sich nach dem 5-Phasen-Modell der Kommunikation analysieren und steuern. Das Modell gliedert die fünf Phasen in: Hören, Verstehen, Akzeptieren, Anwenden und Leben. Während die ersten beiden Phasen auch noch mit klassischen Kommunikationsinstrumenten erreicht werden können, bleiben die drei nachfolgenden Phasen bei einem Change-Prozess häufig lange unbeachtet, weil ungemessen. Vor allem die Mitarbeitenden, Niederlassungen und Abteilungen, die maßgeblich als Motor der Veränderung wichtig für deren Umsetzung sind, müssen die Veränderungen auch akzeptieren, anwenden und vor allem weiter in den Alltag überführen. Und genau hier setzt das datengetriebene Change-Management an. Über das fünf Phasen-Modell begleiten Führungskräfte und Transformationsmanager ihre Mitarbeitenden besonders effizient auf ihrem persönlichen Weg zur Veränderung. Sie verankern die Veränderungsbereitschaft und die nötige Energie durch passende Rahmenbedingungen nachhaltig in der Organisation.

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Veränderungsprozesse messen und Widerstände identifizieren

Dafür müssen Geschäftsführung und CIOs sowie ihre Projektverantwortlichen zu jedem Zeitpunkt am Puls der Organisation, respektive der Mitarbeitenden sein. Damit sie wissen und nicht nur vermuten, wo die Mitarbeitenden sich im fünf Phasen-Modell aktuell befinden, stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, zum Beispiel: Puls-Check, Sounding Boards, Auswertung von Systemdaten, Tickets aus dem Help Desk, Sentiment-Analysen sowie Key Performance Indikatoren des Unternehmens. Der Puls-Check ist eine regelmäßige durchzuführende Umfrage mit einer repräsentativ ausgewählten Gruppe der Mitarbeitenden, mit der der Stand der Veränderungsbereitschaft erhoben wird. Der Fragebogen wird zu Beginn des konkreten Veränderungsvorhabens punktuell angepasst und ist so standardisiert, dass er regelmäßig über den gesamten Transformationsprozess und auch später wiederkehrend zum Einsatz kommen kann.

Um tieferliegende Widerstände für die Veränderungsprozesse zu erkennen, enthält der Puls-Check auch offene Fragen nach veränderungsbegünstigenden und -hemmenden Faktoren. Durch die Textauswertung im Rahmen einer Sentimentanalyse können CIOs und das Management neben inhaltlichen Anregungen auch Stimmungen erfassen und damit aus dem Puls-Check nicht nur ableiten, in welcher der fünf Phasen die Befragten sich gerade befinden, sondern auch wie sie sich tendenziell fühlen. Ergänzend helfen zum Beispiel Stakeholder-Gruppen entlang des 5-Phasen-Modells im Rahmen von Sounding Boards beim Erkenntnisgewinn. Diese Methode ist weniger aufwendig und auch weniger repräsentativ, allerdings kann sie bei erfahrenen Moderatoren tieferliegende Probleme und Widerstände bei den Mitarbeitenden identifizieren.

Aktivierung und Befaehigung von Stakeholdern bearbeitet
Die Datenerhebung und gezielte Maßnahmenentwicklung im Kontext der systemischen Schleife des Change-Management-Ansatzes von kobaltblau steigert die Erfolgsrate der Veränderungen bei geringeren Kosten

Betriebsrat frühzeitig einbinden und Vorbehalte abbauen

Während die aus der Markt- und Sozialforschung bewährten Methoden Puls-Check und Sounding Board in der Regel auf breite Akzeptanz stoßen und die Veränderungen unterstützen sollen, sind die Auswertung häufig nur in anonymer Form möglich. Deshalb sollten CIOs frühzeitig auch, falls vorhanden, die Kolleg:innen des Betriebsrates einbinden. Sie kennen ihre Organisation und können häufig wertvolle Hinweise zur Konzeption und nachhaltigen Einführung des datengetriebenen Change-Managements zum Wohle der Belegschaft geben. Oft haben sie bereits Umfrage-Tools im Einsatz. Sie haben ebenso meistens Betriebsvereinbarungen geschlossen, welche Systemdaten analysiert werden dürfen. Neben Zugriffsdaten und -dauer zeigen vor allem in der Anfangszeit IT-Tickets, wo die Mitarbeitenden Schwierigkeiten in der Anwendung haben. Sie lassen sich genauso wie der Puls-Check anonym durchführen, sodass Auswertungen nicht als Leistungskontrolle missverstanden werden. Damit der Datensatz für Puls-Check und Sounding Board auch wirklich repräsentativ ist, kann der Betriebsrat hilfreich sein, die Teilnehmenden nach repräsentativen Merkmalen auszuwählen. Zu beachten ist allerdings: Je kleiner die Grundgesamtheit ist, desto größer muss im Verhältnis zu dieser prozentual die Stichprobe sein.

Kommunikationsformate auf Kultur, Mindset und Reifegrad abstimmen

Haltung und Einstellung zur Geschäftstransformation auf Basis von SAP S/4HANA in einem Unternehmen variieren bei den Mitarbeitenden. Während die einen sie freudig begrüßen und umgehend ihre ersten Self-Service-Analyse Werkzeuge einrichten, nutzen andere so lange wie möglich weiter ihre selbstgebauten Excel-Tabellen. Im Gegensatz zu den „Early Adopter“ lehnen einige die Veränderung zunächst oder auch über einen längeren Zeitraum ab. Die Verteilung der Veränderungsgegner und deren Gründe lassen sich durch das datengetriebene Change-Management nachvollziehbar identifizieren. Die Ergebnisse der regelmäßigen Puls-Checks, Sounding Boards, Auswertung von Systemdaten, Sentiment-Analysen sowie Key Performance Indikatoren geben zusammen mit den anderen Projekt- und Business-KPIs Aufschluss darüber, wo sie sich im Sinne der Veränderungsbereitschaft befinden und mit welchen Angeboten solche Mitarbeitenden überzeugt werden können.

Die Ableitung geeigneter Maßnahmen erfolgt auf Basis von zentral gesammelten Referenzwerten aus anderen, vergleichbaren Situationen sowie Erfahrungswerten der agierenden Change Manager. So können der CIO und die Projektmitarbeitenden die Kommunikationsformate auf Kultur, Mindset und Reifegrad der unterschiedlichen Gruppen abstimmen, um diese abzuholen und von der Verstehens- in die Akzeptanz- sowie Anwendungsphase zu begleiten. Statt alle Mitarbeitenden in großen Versammlungen mit hohem Streuverlust zu motivieren, kann der CIO zielgruppenspezifisches und personalisiertes Change-Management anbieten. Durch die regelmäßig wiederkehrende Ermittlung der Veränderungsenergie von definierten Mitarbeitendengruppen entlang der fünf Phasen werden die Change-Management-Maßnahmen differenziert, wesentlich effektiver eingesetzt und führen schneller dazu, dass die Mitarbeitenden die Veränderungen im Zuge der digitalen Transformation begeistert leben.

CIOs können dadurch in weiteren Iterationen die effektivsten Maßnahmen einsetzen und so schneller eine breite Akzeptanz herstellen. Ergänzend dazu können CIOs bereits begeisterte und souveräne Nutzer:innen gewinnen, sich bei der Überzeugungsarbeit einzubringen. Sie könnten sich beispielsweise freiwillig als Influencer:innen, Trainer:innen oder Key User:innen ausbilden lassen und bei Change-Management-Events für andere Mitarbeitendengruppen mitwirken. So verstärkt und beschleunigt sich der Prozess weiter.

Fazit: Digitalisierung mit datengetriebenem Change-Management macht Unternehmen resilienter

Auch wenn das datengetriebene Change-Management zunächst sehr technisch wirkt, steht doch immer der Mensch im Vordergrund. Es bietet für CIOs und das Projektmanagement bedeutende Vorteile, zum richtigen Zeitpunkt mit den passenden Argumenten und Formaten auf die Mitarbeitenden zuzugehen, wenn bei ihnen Akzeptanzprobleme auftreten. Das spart Zeit, senkt die Kosten und steigert den Erfolg. Denn die Erfahrung zeigt, dass die digitale Transformation und die Einführung neuer digitaler Prozesse durch datengetriebenes Change-Management bis zu zweimal schneller zum Erfolg führt und zugleich einen doppelten Nutzenbeitrag leistet.

Die Kosten für das Change-Management und damit auch das Projekt selber lassen sich so nachhaltig reduzieren. Parallel steigen die Veränderungsbereitschaft und Agilität bei Führungskräften und Mitarbeitenden. Die gesamte Organisation lernt dabei, dass Veränderungen zwar weiterhin mit Bedenken und Befürchtungen verbunden sind, aber alle haben die Erkenntnis gewonnen, dass sie Herausforderungen durch Veränderungen bewältigen können. Diese nachhaltige und dauerhafte Wirkung entfaltet das datengetriebene Change-Management vor allem, wenn die dafür eingerichteten Strukturen mit regelmäßigem Einsatz von Puls-Check, Sounding Boards, Auswertung von Systemdaten, Sentiment-Analysen sowie Key Performance Indikatoren in das Betriebsmodell des Unternehmens überführt werden und weiterhin zum Einsatz kommen. Am Ende steigen dadurch die Resilienz und Widerstandskraft, um bei künftigen externen und internen Veränderungen eher die Chancen als die Risiken zu erkennen.

Patrick

Bartl

Director

kobaltblau Management Consultants GmbH

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