Mainframes haben eine Zukunft – aber der Experten-Nachwuchs fehlt

Generation Z ohne zTalents

Mainframe-Anwender sehen sich zunehmend Schwierigkeiten gegenüber, den Eigenbetrieb nachhaltig sicherzustellen. Nicht die Wirtschaftlichkeit ist das Problem – der Mensch wird zum limitierenden Faktor.

Die Herausforderung lautet, junge Talente zu finden, als Mainframe-Experten auszubilden und ans Unternehmen zu binden. Gelingt dies nicht, werden Unternehmen sich nach Alternativen umsehen müssen. 

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Mainframe-Technologie wird nach wie vor bei 92 der 100 größten Banken der Welt, 23 der 25 größten Fluggesellschaften und den 10 größten Versicherer weltweit eingesetzt. Der hohe Reifegrad der Mainframe-Technologie ist für Großunternehmen weiterhin ein wertvolles Asset. Mehr noch: Laut einer aktuellen Befragung von BMC sehen 86 Prozent der Anwenderunternehmen in Deutschland eine langfristige Perspektive für Mainframes und erwarten hier sogar Wachstum: Für das Jahr 2021 werden beispielsweise fast 900 Milliarden Transaktionen im bargeldlosen Zahlungsverkehr erwartet – mit steigender Tendenz. Hinzu kommen steigende Workloads vor dem Hintergrund von IoT und Big Data-Anwendungen.

Trotzdem geraten Mainframe-Know-how und Weiterentwicklung angesichts der Fokussierung auf Open Systems und Cloud Computing zunehmend ins Hintertreffen. Die derzeit betreuenden Experten begleiten den Mainframe-Betrieb teils seit Jahrzehnten. Aber wie lange noch? 20 Prozent der vorhandenen Experten verließen die Unternehmen in den letzten fünf Jahren. Bereits im Jahr 2018 konnten 67 Prozent der Positionen im Mainframe-Umfeld nicht mehr besetzt werden. Laut den Analysten von Forrester fehlen deshalb „Unternehmen die Experten, um die Mainframes zu betreiben, zu modernisieren oder sukzessive auf Cloud-Plattformen zu transferieren“.

Eine Marktsichtung der Sourcing-Managementberatung microfin hat ergeben, dass es bereits heute schwierig ist, ausreichend Mainframe-Betriebsexperten im deutschsprachigen Arbeitsmarkt zu finden. Eine Verschärfung der Wettbewerbssituation um geeignete Mainframe-Experten ist absehbar. Was ist die Ursache für diesen Ressourcen-Engpass? Wenn der Markt Mainframe- Betriebsexperten nachfragt, wieso wird das nicht ausreichend in der Ausbildung an den Universitäten gewürdigt? Wie können Unternehmen sich heute und zukünftig wappnen, um im „war for young talents“ zu bestehen?

Talente gesucht

Eines zeigt die microfin-Marktsichtung klar: Das Ausbildungsangebot für Mainframe-Betriebsspezialisten ist dürftig und bleibt voraussichtlich weiterhin auf niedrigem Niveau. Unter den relevanten Studienrichtungen (z.B. MINT-Fächer) halten jedoch nur wenige Universitäten im deutschsprachigen Raum Vorlesungen im Bereich der Mainframe-Technologie. Unabhängig davon entstanden in den letzten Jahren aber durchaus Initiativen, um dem absehbaren Mangel entgegenzuwirken – zum Beispiel das deutsche Mainframe Massive-Open-Online-Course-Projekt/MOOC. Interesse ist hier durchaus vorhanden, die Absolventenzahlen bleiben aber relativ gering. Auch IBM, weltweit meist verbreiteter Mainframe-Hersteller, fördert die Ausbildung von Nachwuchstalenten; das Aus- und Weiterbildungsangebot der IBM selbst sowie auch bei ihren Trainings-Partnern ist aber inkonsistent und lückenhaft. Sowohl die aktiven unabhängigen Schulungsanbieter als auch die innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildungsinitiativen der IT-Outsourcing-Dienstleister führen zumindest im deutschsprachigen Raum nicht zu der benötigten Anzahl an Experten.

Kaum Interesse bei Studenten 

Umfragen unter Informatik-Studenten bezüglich der Interessen zeigen ein breites Bild moderner Technologien – Mainframes werden hier kaum genannt. Vermutlich ist das bei vielen Studenten vorhandene „Dinosaurier“-Image der Mainframe-Technologie nicht besonders förderlich. Mainframe-Social-Media-Groups existieren, besitzen aber nur wenige Follower in der relevanten Zielgruppe und finden kaum Beachtung. Junge Absolventen konzentrieren sich bei der Wahl des zukünftigen Betätigungsfeldes auf andere Technologien.

In der Praxis zeigt sich das dadurch, dass sich Expertise üblicherweise on-the-job entwickelt. Die Anwendung und der kontinuierliche Ausbau der Kenntnisse sind dafür ebenso wichtig wie die Kenntnisse der jeweiligen Mainframe-Umgebungen und Anwender-Spezifika. Das braucht Zeit, was von Anwenderunternehmen unterstützt werden muss. 

Liegt ein Ausweg im Ausland? Konkret: Kommen Nearshore-Länder als Talentpool in Frage? Kaum – im Nearshore-Ausland sind Verfügbarkeit von Mainframe-Personal und -Ausbildungssituation noch prekärer als in Deutschland. Ausbildungsinitiativen befinden sich teils nur im Planungsstatus, teils wurden Ausbildungsprogramme nicht weiterverfolgt.

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Eigeninitiative als Ausweg?

Fest steht: Die Generation Z ist nur in Einzelfällen für Mainframe-Jobs zu begeistern. Die Mainframe-Technologie spielt derzeit keine Rolle in der Erlebniswelt der Studierenden, und ohne neue Incentives wird sich daran auch kaum etwas ändern. Wer als Unternehmen strategisch auf Mainframes setzt, muss Eigeninitiative zeigen!

Wie kommt ein potenzieller Interessent mit Mainframe in Berührung, und wie schafft er daraufhin auch den Sprung in den Mainframe-Job? Es wird notwendig sein, das Interesse an Mainframes frühzeitig zu wecken und mit Informationskampagnen an junge Talente heranzutreten. Noch bedeutender wird es jedoch sein, Brücken zu bauen, die Young Talents helfen, den Weg von der Ausbildung in den Job zu finden. 

Zusätzlich ist ein Langzeitversprechen der Unternehmen an die jungen Absolventen erforderlich. Die Perspektive – auch im Falle einer unternehmensstrategischen Entscheidung zur Migration der Mainframe-Technologie – eine Beschäftigungsgarantie zu erhalten, wird das Vertrauen in das Tätigkeitsfeld und das Unternehmen stärken. 

Personalaufwendungen bestimmen die Wirtschaftlichkeit des Mainframe-Betriebs

Eigeninitiierte Aus- und Weiterbildungsprogramme sind mit hohen Investitionen verbunden. Die längerfristige Bindung der dann ausgebildeten Experten an das eigene Unternehmen ebenso. Die Wirtschaftlichkeits-Betrachtung lag nicht im Fokus der Studie, ist für die Unternehmen jedoch ein essenzieller Faktor. Anwenderunternehmen müssen sich vor diesem Hintergrund die Frage stellen, ob der Mainframe-Eigenbetrieb dauerhaft und kosteneffizient sichergestellt werden kann. Bedeutet es doch die Entscheidung zwischen Weiterbetrieb von Mainframe oder Auslagerung der Technologie respektive Migration der Anwendungen in die Cloud. 

Das Fundament für den erfolgreichen Weiterbetrieb von Mainframes ist die kontinuierliche Steigerung der Attraktivität, der Ausbildung und der Unterstützung für junge Nachwuchskräfte. Das „Skills Game“ ist ein langes Spiel. Jahrzehntelange Erfahrung der Babyboomers kann nicht einfach ersetzt werden. In diesem Zusammenhang sind Mainframers wie guter Wein. Es dauert Jahre, um zu reifen und den vollmundigen Geschmack zu entwickeln.

Irina Shapiro

microfin Unternehmensberatung GmbH -

Business Development Manager

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