CODE FREEZE

Hände weg vom Code während des Weihnachtsgeschäfts?

Wenn die Massen den Onlineshop stürmen, ist vor allem eines wichtig: Die Seite muss stabil bleiben, der Shopping-Prozess muss fehlerfrei ablaufen. Ein Weg, um das sicherzustellen, ist der Code Freeze. Doch für welche E-Commerce-Teams eignet er sich?

Mit der Corona-Pandemie hat die Bedeutung des Onlinehandels im Weihnachtsgeschäft noch einmal deutlich zugenommen. Der E-Commerce hatte 2019 einen Anteil von unter 15 Prozent, ab 2020 lag er bei über 18 Prozent. Allein 2021 setzten die Onlinehändler während der Shopping-Hochsaison fast 21 Milliarden Euro um. 

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Auf den Ansturm vorbereitet sein

Für die Betreiber von E-Commerce-Websites bedeutet das: Noch nie war mehr Traffic auf den Seiten und Apps als heute während der Weihnachtszeit. Und noch nie war es wichtiger, optimal auf diese Zeit vorbereitet zu sein. Das Weihnachtsgeschäft bietet Onlinehändlern die Chance, Kund:innen zu gewinnen und zu binden. Um das E-Commerce-Erlebnis für das Weihnachtsgeschäft zu optimieren, müssen sie unter anderem sicherstellen, dass der Check-Out-Prozess reibungslos funktioniert, die Website- und App-Leistung getestet wurde und ein Notfallplan für nicht vorrätige Artikel existiert.

Code Freeze?

Bei vielen Onlinehändlern stellt sich während der Vorbereitung auf den Ansturm auch die Frage, ob ein Code Freeze sinnvoll ist. Während diese Praxis noch vor einigen Jahren weit verbreitet war, ist sie mittlerweile, vor allem seitdem agile Methoden in der Softwareentwicklung Standard geworden sind, eher umstritten. Im Folgenden ein paar Hinweise, wie E-Commerce-Teams für sich herausfinden können, ob das “Einfrieren” des Codes für sie der richtige Weg ist – oder eben nicht.

Auf Sicherheit und Stabilität setzen

In einer Zeit, in der Websites wahrscheinlich mehr Besucher:innen als je zuvor anlocken, ist das Letzte, was man brauchen kann, ein unerwarteter Fehler im Code. Auch wenn agile Praktiken und automatisierte QA-Prozesse einen großen Beitrag dazu leisten, Bugs aufzuspüren, während sich der Code noch in der Produktion befindet – es gibt keine Möglichkeit, sicherzustellen, dass ein Stück Code perfekt ist und problemlos funktioniert, bevor es implementiert worden ist. Das bedeutet: Solange neuer Code bereitgestellt wird, haben neue Bugs eine Chance, die Digital Experience durcheinander zu bringen. Das Einfrieren des Codes bietet somit eine Art Sicherheitsnetz.

Die Einschränkung von Änderungen am Code schützt außerdem vor Serviceunterbrechungen. Während der Feiertage werden Websites und Apps meist von mehr Käufer:innen mit zusätzlich höherer Kaufabsicht besucht – ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für eine Verlangsamung oder einen Absturz der Seite. Und obwohl sich Code Freezes gut mit agilen Methoden kombinieren lassen, ziehen es viele Einzelhändler vor, in dieser kritischen Jahreszeit die Stabilität der Website innovativen Prozessen vorzuziehen.

Auch wenn ein Code Freeze Entwickler:innen dazu zwingt, codebasierte Verbesserungen zu pausieren, gibt es immer noch Möglichkeiten, an anderen Stellen Grundlagen für eine bessere digitale Experience zu schaffen. Das Einfrieren des Codes ist beispielsweise ein guter Zeitpunkt, um das Kundenverhalten zu untersuchen und zu analysieren. Denn auch während dem Code Freeze können A/B-Tests durchgeführt werden, und da der Traffic in dieser Zeit überdurchschnittlich hoch ist, erhält man schneller als sonst Antworten auf Fragen. Somit hat man eine Reihe neuer Projekte zur Verbesserung der Digital Experience in der Pipeline, wenn der Code nach der Urlaubszeit wieder auftaut.

Zeit- und Qualitätsmanagement im Blick haben

Die Umsetzung eines Code Freeze ist ein zeitaufwändiger Prozess und bedeutet, dass zusätzliche dynamische Elemente in die Roadmap aufgenommen werden. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schiefgeht. Zum Beispiel könnte während der Vorbereitung des Code Freeze ein kritischer Fehler auftauchen. Das Einfrieren eines bestehenden Fehlers auf der Checkout-Seite eines E-Commerce-Shops ist keine gute Idee, aber die Behebung des Fehlers selbst könnte sehr leicht den gesamten Zeitplan durcheinander bringen.

Code Freeze bedeutet zudem, dass Entwickler:innen ihre Arbeit an laufenden Projekten unterbrechen müssen – oder, falls sie die Arbeit fortsetzen können, mit der Auslieferung von neuem Code warten müssen, bis der Code Freeze beendet ist. Eine Codesperre kann sich somit auch auf die Produktivität von Teams auswirken, da sie die gesamte Dynamik beeinträchtigt. Die Wiederaufnahme eines Projekts nach einem Monat Pause kann schwierig und langwierig sein. Ein Code Freeze muss jedoch nicht zwangsläufig die Innovation stoppen: Wie bereits erwähnt arbeiten viele Teams im Hintergrund weiter an neuen Funktionen und liefern diese aus, nachdem der Code wieder aufgetaut wurde.

Die Entscheidung für einen Code Freeze schafft gleichzeitig eine Deadline – alles, was nicht vor Beginn des Freeze ausgeliefert wurde, muss warten. Dies kann dazu führen, dass Entwickler:innen sich extra beeilen, den produktiven Code fertigzustellen, um ihn noch vor dem Einfrieren über die Ziellinie zu bringen. Im schlimmsten Fall führt das dazu, dass der Code aufgrund der übereilten Fertigstellung Fehler oder andere Mängel aufweist, die man hätte vermeiden können, wenn vor der Auslieferung mehr Zeit für die Qualitätssicherung gewesen wäre. 

Fazit: Alles Abwägungssache

Es gibt keine pauschale Antwort darauf, ob ein Code Freeze generell sinnvoll ist, oder nicht. Für einige Einzelhändler erweist sich die Praxis als richtig und für andere hingegen nicht. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Code vor den Feiertagen eingefroren werden sollte, ist komplex und muss letztlich von Produktmanagern und Entwicklungsteams gemeinsam getroffen werden. 

Unabhängig davon, wie die Entscheidung letztendlich ausfällt: Die Weihnachtszeit ist aufgrund des höheren Besucheraufkommens ein guter Zeitpunkt, um mehr über das Nutzerverhalten zu erfahren und zu verstehen, wie das digitale Erlebnis der eigenen Website optimiert werden kann.

Stenzel Oskar

FullStory -

Regional VP, DACH

Oskar Stenzel ist ein Big Data-, Produkt- und Marketing Analytics Manager mit mehr als 15 Jahren Erfahrung im Bereich MarTech, Software Sales, GTM und Big Data-Lösungen. Er unterstützt FullStory als Regional VP für die DACH-Region und hilft dem Unternehmen dabei, sich im deutschsprachigen Markt zu etablieren.
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