Die rasanten Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz bringen nicht nur neue Chancen, sondern auch tiefgreifende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt mit sich.
Besonders im Technologiesektor deutet sich an, dass Berufseinsteiger künftig schwerer Fuß fassen könnten. Datenanalysen der Jobplattform Indeed zeigen, dass der Rückgang an Einstiegspositionen deutlich stärker ausfällt als bei Stellen für erfahrene Fachkräfte.
Einstiegsjobs im Tech-Sektor brechen ein
In einer Auswertung von Stellenmarktdaten aus den USA – dem weltweit größten und dynamischsten Tech-Markt – untersuchte Indeed die Entwicklung zwischen Januar 2020 und Februar 2025. Das Ergebnis: Während sich die Zahl der offenen Positionen für erfahrene Tech-Spezialisten (mehr als fünf Jahre Berufserfahrung) in diesem Zeitraum nur um rund 19 % verringerte, ging die Zahl der Junior-Stellen um 34 % zurück.
In Deutschland ist das Bild ähnlich, teils sogar deutlicher.
- Softwareentwicklung: Junior-Positionen liegen derzeit 54 % unter dem Niveau von 2020, Senior-Stellen nur 15 % niedriger.
- IT-Infrastruktur & Support: Rückgang der Junior-Stellen um mehr als 40 %, während Senior-Positionen in diesem Bereich sogar um 27 % zunahmen.
Erfahrung wird zum Schlüssel
Die Nachfrage verschiebt sich spürbar in Richtung erfahrener Fachkräfte. In den USA stieg der Anteil an Tech-Stellen, die mindestens fünf Jahre Berufserfahrung verlangen, von 37 % im Jahr 2022 auf 42 % im Jahr 2025. In anderen Branchen wie Marketing oder Personalwesen ging dieser Anteil im gleichen Zeitraum zurück.
Ein möglicher Auslöser: der frühe und intensive Einsatz generativer KI im Tech-Sektor. Auffällig ist der zeitliche Zusammenhang – die steigenden Anforderungen an Berufserfahrung setzten kurz nach der Veröffentlichung von ChatGPT-3 Anfang 2023 ein.
Gleichzeitig boomten KI-nahe Berufe wie Machine Learning Engineer: Seit 2020 stieg die Zahl dieser Stellen um 56 %. Mit Mediangehältern von rund 260.000 US-Dollar zählen sie mittlerweile zu den Spitzenverdienern in der Branche.
Laut Dr. Virginia Sondergeld, Ökonomin bei Indeed, liefern die US-Daten einen ersten Hinweis, dass KI den Berufseinstieg im Tech-Sektor stärker erschwert als andere Stellenmärkte. Zwar müsse der kausale Zusammenhang zwischen KI-Nutzung und Jobrückgang noch genauer erforscht werden, doch erste Trends seien klar erkennbar: Der Wettbewerb um die verbleibenden Einstiegsstellen nimmt zu.
Langfristige Risiken für den Arbeitsmarkt
Die Expertin warnt zudem vor einem langfristigen Fachkräftemangel. Der demografische Wandel werde in den kommenden Jahren viele erfahrene Mitarbeiter aus dem Arbeitsmarkt drängen. Ohne ausreichenden Nachwuchs könnten Unternehmen ihre künftigen Personalbedarfe nicht decken. Der Spagat für Firmen lautet daher: Effizienzgewinne durch KI ausschöpfen – ohne den eigenen Talentnachwuchs aus dem Blick zu verlieren.