Künstliche Intelligenz verändert das CRM, macht Kampagnen effizienter – erhöht aber auch den Energieverbrauch. Nachhaltig wird es, wenn Unternehmen Datenhygiene, grüne Server und transparente Kommunikation konsequent einbinden.
Kunden wollen personalisierte Kommunikation, Unternehmen setzen dafür auf AI-gestütztes CRM. Doch jede automatisierte E-Mail, jedes Datensegment und jeder AI-Prompt läuft durch energiehungrige Rechenzentren. Nachhaltigkeit und AI müssen deshalb keine Gegensätze sein – wenn man die richtigen Stellschrauben kennt.
Doch all das hat einen Preis: hohen Energieverbrauch. Rechenzentren zählen längst zu den größten Stromfressern weltweit. Laut International Energy Agency (IEA) könnte sich ihr Strombedarf bis 2030 auf rund 945 TWh pro Jahr mehr als verdoppeln – das wären knapp 3 % des globalen Stromverbrauchs. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Energiebedarf von Rechenzentren laut Bitkom 2024 bereits bei fast 20 Mrd. kWh. Bis 2030 könnte er – je nach Szenario – auf 25 bis 37 Mrd. kWh steigen, vor allem durch den Einsatz künstlicher Intelligenz. Eine einzelne AI-Abfrage verbraucht – je nach Modell – so viel Strom wie eine LED-Lampe für ein paar Minuten oder sogar ein kompletter Smartphone-Ladevorgang.
Übertragen auf die Praxis: Ein Unternehmen, das seine Kampagnen und Kundenprozesse intensiv mit AI unterstützt, kann schnell auf tausende zusätzliche Kilowattstunden pro Jahr kommen. Damit ist klar: Wer heute CRM und AI nutzt, muss auch Verantwortung für den eigenen CO₂-Fußabdruck übernehmen.
Die gute Nachricht: Der Spagat ist machbar. Unternehmen können Innovation vorantreiben und gleichzeitig Emissionen reduzieren – wenn sie bewusst handeln.
1. AI clever einsetzen – Qualität statt Quantität
Artificial Intelligence ist mächtig, aber auch ressourcenintensiv. Viele kleine, ungenaue Anfragen verbrauchen unnötig Energie. Effizienter ist es, Prompts gezielt zu formulieren und Aufgaben zu bündeln.
Ein Beispiel: Statt zehn Mal eine AI nach Varianten für einen Newsletter-Betreff zu fragen, kann ein einziger gut formulierter Prompt zehn Vorschläge auf einmal generieren. Das spart Zeit – und Strom.
Im CRM-Bereich gilt das besonders für Analysen: Algorithmen, die ununterbrochen riesige Datenmengen durchrechnen, haben eine schlechte Klimabilanz. Besser ist es, klare Fragestellungen zu definieren („Welche 5 % meiner Kontakte reagieren am stärksten auf Segment X?“) und Abfragen zu terminieren, statt sie permanent laufen zu lassen.
2. Datenhygiene ernst nehmen – löschen statt horten
Ein oft übersehener Punkt: gespeicherte Daten verbrauchen auch dann Energie, wenn sie nicht genutzt werden. Laut Studien summiert sich der CO₂-Ausstoß einer einzelnen, gespeicherten E-Mail auf bis zu 10 Gramm – je nach Serverstandort und Strommix. Bei einem Archiv mit mehreren Millionen Mails sind die Auswirkungen erheblich.
Konkret heißt das:
- E-Mail-Lebenszyklen definieren: Nachrichten müssen nicht ewig gespeichert werden. Über die Initiative „Email Expiration Date“ können Absender bereits ein Ablaufdatum im HTML-Code einer Nachricht hinterlegen. Damit dies Wirkung entfaltet, müssen allerdings Provider wie Gmail, Outlook oder Apple Mail die Funktion künftig umsetzen.
- Cloud-Speicher entrümpeln: Alte Backups, Dubletten und Testdaten regelmäßig entfernen.
- Regeln für Datenqualität: Je weniger unnötige Datensätze im CRM liegen, desto besser ist es für Umwelt und Kampagnenerfolg.
Initiativen wie „Email Expiration Date“, die mit dem Feature „Email Deletion“ bei Nachrichten ein Ablaufdatum im Code eintragen, zeigen, wohin die Reise geht: weniger digitales Horten, mehr Nachhaltigkeit.
3. Kommunikation optimieren – weniger ist mehr
E-Mail ist im Marketing ein zentrales Werkzeug – und zugleich ein relevanter Emissionstreiber. Denn der Versand von E-Mails verursacht mehr CO₂ als oft gedacht: Nicht nur der eigentliche Versand, sondern auch Softwarebetrieb, Erstellung, Empfang und Datenspeicherung fließen in die Bilanz ein. Für einen Massenversand von 100.000 Mails in Deutschland summiert sich das auf rund 11,7 Kilogramm CO₂ – so viel wie eine 80-Kilometer-Autofahrt (Quelle: CO₂-Rechner auf brevo.com).
Effiziente Kommunikation bedeutet daher:
- Segmentieren statt streuen: Nicht jede Nachricht an alle senden, sondern Inhalte auf relevante Zielgruppen zuschneiden.
- Personalisieren: Relevanz spart unnötige Kontakte – und steigert die Conversion.
- Dateigrößen reduzieren: Große PDFs oder hochauflösende Bilder können den Energieverbrauch pro Versand vervielfachen.
CRM-Systeme ermöglichen es heute, Mails und Kampagnen präzise und nachhaltig mit direkter CO₂ Berechnung auszusteuern. Nachhaltigkeit ist hier nicht nur ein Nebeneffekt, sondern auch ein Treiber für bessere Ergebnisse.
4. Infrastruktur bewusst wählen – grün hosten
Der Ort, an dem Daten liegen, ist entscheidend für deren Klimabilanz. Der Ort, an dem Daten liegen, ist entscheidend für deren Klimabilanz. Ein Server, der mit erneuerbaren Energien betrieben wird, verursacht deutlich weniger Emissionen als einer, der an ein Netz mit hohem Anteil von Kohle- oder Gasstrom angeschlossen ist. So setzt Europas Hosting-Infrastruktur zunehmend auf erneuerbare Energien – im Beispiel eines großen Anbieters lag deren Anteil 2024 schon bei über 90 %. Moderne Zentren nutzen zudem natürliche Kühlung durch Außentemperaturen – auch das reduziert den Energiebedarf erheblich.
Unternehmen sollten daher prüfen, ob ihre CRM- und Marketing-Tools auf grünem Hosting basieren. Wo das nicht möglich ist, sind Kompensationen über Klimazertifikate ein ergänzender Schritt – entscheidend bleibt jedoch die Reduktion an der Quelle.
5. Transparenz schaffen – und Bewusstsein wecken
Klimaschutz funktioniert nur, wenn er greifbar wird. Wer im Unternehmen oder gegenüber Kunden CO₂-Kosten sichtbar macht, schafft Verständnis und Anreiz zur Veränderung.
Praktische Ansätze:
- CO₂-Reports für Kampagnen: Ausweisen, wie viel Emissionen ein Mailing verursacht hat.
- Regelmäßige Klima-Audits: Reisen, Energieverbrauch, IT-Kapazitäten erfassen und veröffentlichen.
- Kommunikation ins Team tragen: Mitarbeitende darauf hinweisen, dass jeder Klick, jede Mail und jede AI-Abfrage Ressourcen kostet.
So entsteht ein Kulturwandel: weg vom „unsichtbaren“ digitalen Verbrauch hin zu mehr Verantwortungsbewusstsein.
Fazit: Wandel ist machbar
CRM-Systeme und AI sind heute unverzichtbar. Sie sind Treiber für bessere Kundenbeziehungen, Effizienz und Wachstum. Gleichzeitig bringt AI höhere Energiebedarfe mit sich. So gelingt der Wandel trotzdem: durch bewusste Nutzung, Datenhygiene, grüne Infrastruktur und transparente Kommunikation.
Richtig eingesetzt, kann CRM mit AI sogar selbst zum Treiber für Nachhaltigkeit werden: Kampagnen werden präziser, Datenbestände schlanker, Streuverluste geringer. Was zunächst wie ein Widerspruch wirkt, entpuppt sich als Chance – für Unternehmen, ihre Kunden und das Klima.