Von B2B zu B2B2C|Analyse der Woche

Lutz PeichertDie erweiterte Wertschöpfungskette und ICT-Sourcing. Ein Beitrag von Lutz Peichert, Executive Advisor bei der Experton Group.

Bottom Line (ICT-Anwendersicht):

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Kundenbindung, Wettbewerbsdruck und neue Technologien bei limitierten Ressourcen zwingen Unternehmen heute, mehr denn je, Produkte und Leistungen einzukaufen. Dies führt zu einer verstärkten Abhängigkeit von ICT-Anbietern. Dem damit einhergehenden erhöhten Risiko müssen Anwenderorganisationen durch ein robustes und umfassendes Vendormanagement begegnen.

Bottom Line (ICT-Anbietersicht):

ICT-Anbieter müssen sich auf mehr Professionalität auf Seiten ihrer Kunden einstellen. Innovationsvermögen, Kollaboration, Offenheit und der Wille zu einer wirklich partnerschaftlichen Beziehung mit Kunden sind heute Grundvoraussetzungen, um als strategischer Lieferant angesehen zu werden. Immer reifere Sourcingabteilungen etablieren Prozesse, die die Accountteams kennen und verstehen müssen, um eigene Strukturen und Abläufe den veränderten Gegebenheiten anzupassen.

Die breite Verfügbarkeit und Akzeptanz von neuen Technologien führen heute dazu, dass Unternehmen den Endkunden in ihrer Wertschöpfungskette immer stärker integrieren müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Durch soziale Netze und steigende Mobilität verändert sich das Kaufverhalten und die Käuferbindung sinkt. Schnelligkeit und Qualität bei der Bedienung der Kunden ist heute oberstes Gebot. Während in der Vergangenheit eine B2B-Integration den Lieferprozess zwischen Unternehmen automatisierte und effizient gestaltete, erweitert sich diese Wertschöpfungskette zu einer „Business-to-Business-to-Consumer“ – Kette. Die Bereitstellung von Verfügbarkeits- und Lieferinformationen für den Kunden ist heute ein Qualitätsmerkmal, auf das kein Unternehmen mehr verzichten kann.

Die ständig steigenden Anforderungen in diesem Umfeld können Unternehmen heute nicht mehr allein bewältigen. So können die stellenweise schwer voraussehbaren Anforderungen der Kunden heute zumeist nur durch Zuhilfenahme externer Lieferanten zeitgerecht gemeistert werden. Zusätzlich werden die internen Anforderungen durch Themen wie Big Data und Analytics immer komplexer und neue Technologien wie Cloud erfordern ein Umdenken im Datenschutz und bei der IT-Security. All dies führt in den meisten Fällen zu einer drastischen Zunahme der Lieferanten, zumindest aber zu einer stärkeren Abhängigkeit von bereits bestehenden Beziehungen. Während der klassische ICT-Einkauf in der Vergangenheit ausreichte, die internen IT-Bedürfnisse sowie die B2B-Integration zu befriedigen, so sind Unternehmen heute gefordert, eine robuste Organisationseinheit zum Thema ICT-Einkauf und Lieferantenmanagement zu schaffen. Dies einerseits um sicher zu stellen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens erhalten bleibt, andererseits, um zu gewährleisten, dass die erbrachten Leistungen in Qualität und Preis den Verträgen entsprechen. Zusätzlich erlaubt ein verbessertes Lieferantenmanagement den Zugriff auf das Branchenwissen und die Innovationskraft von Lieferanten, die positiv von Anwenderunternehmen genutzt werden können.

Fazit für ICT-User

Um zu verhindern, dass Unternehmen ihre Wettbewerbsposition durch eine verminderte oder verspätete ICT-Bereitstellung schwächen, sind Anwenderunternehmen heute gezwungen, die Nutzung von Fremdprodukten, -dienstleistungen und –services zu überdenken. Hierzu ist es erforderlich, die derzeit bestehende Beschaffungsorganisation sowie die hier notwendigen Prozesse auf den Prüfstein zu stellen und gegebenenfalls zu etablieren bzw. zu verbessern. Manche Unternehmen argumentieren heute, dass sie bisher eine solche Organisationseinheit gar nicht haben und sie eine solche trotz schlagender Argumente auch nicht brauchen. Experton sieht dies völlig anders, da kein Unternehmen der Welt ohne den Zukauf von ICT-Produkten und –leistungen überlebensfähig wäre. Zumindest Hard- und Softwareprodukte werden heute vom externen Markt bezogen und erfordern zumindest definierte Rollen, die bestimmte Prozessschritte und Verantwortlichkeiten innehaben. Die Definition bzw. die Überarbeitung einer robusten Sourcingstrategie bildet hier die Grundlage. Diese Strategie reflektiert aus Sourcinggesichtspunkten die Unternehmens- und Geschäftsbereichsstrategien und setzt deren Anforderungen im Hinblick auf die Lieferantenbeziehungen um.

Des Weiteren müssen die für das Unternehmen notwendigen Sourcingprozesse definiert bzw. überprüft werden, ob sie den gestiegenen Anforderungen noch entsprechen. Speziell die Prozesse, die die Lieferantenbeziehung sowie die das Lieferantenmanagement (langläufig als „Vendor Governance“ bezeichnet), sind von prominenter Wichtigkeit. Hierdurch werden Lieferantenintegration, Qualität und Innovation maßgeblich beeinflußt.

Fazit für ICT-Anbieter

Die steigende Abhängigkeit von Anbietern führt bei den Kunden heute dazu, dass Programme ins Leben gerufen werden, die den Reifegrad und die Professionalität im Umgang mit Lieferanten zu erhöhen. Dies führt zu klareren Strukturen und Verantwortlichkeiten, erfordert aber auf Lieferantenseite eine Abbildung dieser Strukturen, um eine reibungslose Kommunikation zu gewährleisten.

Kunden überdenken und überarbeiten ihre Sourcingstrategien, was dazu führt, das sich die Anbieterbewertung verändert bzw. anders gewichtet wird. Branchenwissen, Flexibilität und Innovationskraft eines Anbieters treten gegenüber Kosten klar in den Vordergrund. Die Definition, welche Unternehmen als strategische Anbieter behandelt werden, wird eher unter Gesichtspunkten wie „Beitrag zum Unternehmenserfolg“ oder „erzielter Mehrwert“ betrachtet. Qualität von Lieferungen wird als gegeben vorausgesetzt.

ICT-Anbieter sind gefordert, sich durch ein angepasstes Kundenmanagement auf die individuelle Situation des jeweiligen Kunden einzustellen, und dies sowohl organisatorisch, prozedural als auch lösungsorientiert ab zu bilden.

Im Kern werden sich mittelfristig drei unterschiedliche Lieferantenklassen bei den Kunden entwickeln:

  • Austauschbar
  • Notwendig
  • Strategisch

ICT-Anbieter sollten verstehen, nach welchen Gesichtspunkten der Kunde die jeweilige Klassifizierung vornimmt. Hierdurch können Anbieter ihre Position analysieren und möglicherweise verändern. Allerdings sollte eine gewisse Akzeptanz für diese kundenseitige Einstufung vorhanden sein. „Overselling“ ist unter den beschriebenen Gesichtspunkten eher kontra-produktiv.

www.experton-group.de

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