Wandel steht bevor

SAP Cloud Migration 2027: Hybrid Integration mit Edge Integration Cell und Kubernetes

Cloud

SAP beendet 2027 den Support für lokale Integrationssysteme (PI/PO). Die neue Edge Integration Cell verspricht hybride Lösungen – aber nur mit der richtigen Kubernetes-Plattform und Hybrid-Cloud-Strategie im Gepäck.

Das Ende einer Ära: SAP zwingt zum Cloud-Umzug

Die SAP-Welt steht vor einem fundamentalen Wandel, der Millionen von Unternehmen weltweit betrifft. Was jahrzehntelang als solide Geschäftsgrundlage galt, wird 2027 Geschichte sein: Die bewährte Process Integration/Process Orchestration (PI/PO)-Plattform verliert ihren Support. Für die 480 der 500 größten Weltkonzerne, die SAP-Systeme nutzen – manche seit Jahrzehnten -, bedeutet das einen Paradigmenwechsel von historischen Ausmaßen.

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Der Softwaregigant aus Walldorf hat seine Strategie klar definiert: Die Zukunft ist cloudbasiert. Die SAP Integration Suite, die als Nachfolger der PI/PO-Plattform fungiert, existiert ausschließlich in der Cloud. Unternehmen müssen ihre SAP Cloud Migration 2027 daher aktiv planen.

Diese Entscheidung mag aus Sicht der Produktentwicklung logisch erscheinen, stellt aber Tausende von Unternehmen vor ein Dilemma. Während SAP bereits seit Jahren Cloud-Services anbietet, hatten Kunden bisher immer die Wahl, ihre kritischen Geschäftsprozesse weiterhin lokal zu betreiben.

Compliance und Sicherheit bei SAP Cloud-Migration

Die Realität vieler Unternehmen sieht jedoch komplexer aus, als SAPs Cloud-Vision suggeriert. Zahlreiche Organisationen können oder dürfen ihre sensiblen Geschäftsdaten nicht einfach in fremde Cloud-Hände geben. Gesetzliche Vorgaben wie die DSGVO in Europa oder branchenspezifische Compliance-Anforderungen im Finanz- und Gesundheitswesen setzen klare Grenzen. 

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Hinzu kommen interne Sicherheitsrichtlinien, die über Jahre gewachsen sind und das Vertrauen in externe Cloud-Anbieter noch nicht vollständig fassen.

Darüber hinaus bevorzugen viele IT-Verantwortliche die niedrige Latenzzeit lokaler Operationen, insbesondere bei zeitkritischen Geschäftsprozessen. Die Kontrolle über die eigene IT-Infrastruktur bedeutet für sie auch Kontrolle über das Geschäftsrisiko. Ein kompletter Umzug in die Cloud würde diese bewährten Sicherheitskonzepte über Bord werfen. Damit wird eine Hybrid Cloud-Strategie zur naheliegenden Wahl.

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Edge Integration Cell: SAPs Antwort auf das Hybrid-Dilemma

SAP hat erkannt, dass eine reine Cloud-Strategie nicht für alle Kunden praktikabel ist. Die Antwort darauf heißt Edge Integration Cell – eine hybride Integrationsumgebung, die als Brücke zwischen cloudbasierten SAP-Services und lokalen Anwendungen fungiert. Diese Technologie verspricht das Beste aus beiden Welten: Unternehmen können weiterhin sensible Daten lokal verwalten und trotzdem von den Innovationen der SAP-Cloud profitieren.

Die Edge Integration Cell ermöglicht das Management von APIs und Integrationsszenarien innerhalb der eigenen IT-Landschaft. Dabei bleiben kritische Daten im Unternehmen, während weniger sensible Prozesse in die Cloud ausgelagert werden können. Diese Flexibilität klingt verlockend, bringt aber eine entscheidende technische Herausforderung mit sich: Die Edge Integration Cell läuft ausschließlich in Kubernetes-Container-Umgebungen.

Für viele SAP-Administratoren, die jahrelang mit traditionellen Servern und virtuellen Maschinen gearbeitet haben, bedeutet dies eine völlig neue Technologiewelt. Kubernetes gilt zwar als Zukunftstechnologie für Enterprise-Anwendungen, erfordert aber spezifisches Know-how und eine grundlegend andere Denkweise bei der Systemadministration.

SUSE: Navigator im Kubernetes-Meer

An diesem Punkt positioniert sich SUSE als potenzieller Partner für den Übergang. Das Unternehmen kann auf eine beeindruckende Erfolgsgeschichte verweisen: Seit 25 Jahren arbeitet SUSE eng mit SAP zusammen, und heute laufen 70 Prozent aller SAP-Anwendungen sowie 85 Prozent aller SAP-HANA-Systeme auf SUSE Linux. Diese Zahlen sind mehr als nur Marktanteile – sie spiegeln jahrzehntelange Erfahrung und tiefes Verständnis für die spezifischen Anforderungen von SAP-Umgebungen wider.

SUSE Rancher for SAP applications präsentiert sich als Lösung für die Herausforderungen der SAP-Hybrid-Integration. Die Plattform verspricht einheitliches Management von virtuellen Maschinen und Containern über verschiedene Umgebungen hinweg – von der Public Cloud über Private Clouds bis hin zu lokalen Rechenzentren. Das Multi-Cluster-Management von Rancher erweist sich dabei als besonders wertvoll, da SAP-Umgebungen häufig aus Sicherheitsgründen in separaten Netzwerksegmenten betrieben werden.

Die zentrale Architektur-Grafik zeigt eindrucksvoll das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten. Die Edge Integration Cell fungiert als strategisches Bindeglied zwischen der Cloud-Welt mit der SAP Integration Suite und den lokalen Systemen. Diese hybride Architektur verdeutlicht, dass SUSE Rancher for SAP applications nicht nur als Container-Plattform, sondern als orchestrierendes Element der gesamten SAP-Infrastruktur konzipiert ist.

SAP Weekend
Die hybride SAP-Architektur mit Edge Integration Cell als zentralem Knotenpunkt zwischen Cloud- und On-Premises-Anwendungen. SUSE Rancher for SAP applications bildet die technische Grundlage für eine nahtlose Integration aller Systemkomponenten. Sie ist ein orchestrierendes Element und macht deutlich, dass es sich um eine ganzheitliche Infrastrukturlösung handelt, nicht nur um eine isolierte Container-Plattform (Bildquelle: SUSE).

Benutzerfreundlichkeit als Schlüssel zum Erfolg

Ein entscheidender Vorteil von SUSE Rancher for SAP applications liegt in der Benutzerfreundlichkeit. Die intuitive Oberfläche soll auch SAP-Administratoren ohne Container-Erfahrung den Einstieg erleichtern. 

Diese Vereinfachung ist entscheidend, da der Fachkräftemangel in der IT viele Unternehmen dazu zwingt, bestehende Mitarbeiter weiterzubilden, anstatt neue Spezialisten zu rekrutieren.

Die SUSE Rancher Prime Application Collection ergänzt diesen Ansatz durch eine kuratierte Sammlung von Anwendungen, Helm-Charts und Container-Images. Diese vorgefertigten Bausteine sollen nicht nur Zeit bei der Implementierung sparen, sondern auch Sicherheitsrisiken minimieren, die durch fehlerhafte Konfigurationen entstehen können.

Sicherheit als Grundpfeiler der Hybrid-Strategie

Sicherheit spielt bei der Hybrid-Integration eine zentrale Rolle, insbesondere wenn sensible Geschäftsdaten sowohl lokal als auch in der Cloud verarbeitet werden. SUSE Security wird als „einzige 100-prozentige Open-Source-Zero-Trust-Container-Sicherheitsplattform” beworben und bietet kontinuierliche Überwachung über den gesamten Container-Lebenszyklus. KI-gesteuerte Anomalieerkennung und Echtzeitschutz vor verschiedenen Angriffsarten runden das Sicherheitskonzept ab.

Die Integration von Sicherheitsrichtlinien und Audit-Protokollen über mehrere Cluster hinweg vereinfacht die Compliance-Anforderungen erheblich. Gleichzeitig ermöglicht die Anbindung an interne Identitätsanbieter wie Active Directory eine nahtlose Integration in bestehende Sicherheitsinfrastrukturen.

Kritische Betrachtung: Zwischen Marketing und Realität

Bei aller positiver Darstellung im Whitepaper sollten kritische Aspekte nicht übersehen werden. Das Dokument liest sich stellenweise wie eine Werbebroschüre und verschweigt die praktischen Herausforderungen einer Kubernetes-Migration. Die Komplexität von Container-Orchestrierung wird als „intuitiv” dargestellt, was der Realität vieler IT-Abteilungen nicht gerecht wird.

Besonders problematisch ist die fehlende Kostentransparenz. Weder Implementierungs- noch laufende Betriebskosten werden thematisiert, obwohl diese für Entscheidungsträger von zentraler Bedeutung sind. Die Migration zu einer Kubernetes-basierten Infrastruktur erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch erhebliche Investitionen in Schulungen und möglicherweise externe Beratung.

Trotz der Open-Source-Philosophie von SUSE besteht auch hier die Gefahr einer Vendor-Bindung. Unternehmen, die sich für das SUSE-Ökosystem entscheiden, werden sich schwertun, später zu anderen Anbietern zu wechseln, auch wenn dies theoretisch möglich ist.

Der Weg nach vorn: Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Unternehmen sollten sofort eine gründliche Bestandsaufnahme ihrer aktuellen SAP-Landschaft durchführen. Bis Ende 2025 muss eine Roadmap für die PI/PO Ablösung und Migration in die Hybrid Cloud vorliegen. 

Ein pragmatischer Ansatz besteht darin, Testumgebungen aufbauen, realistische Szenarien mit echten Datenmengen und Lastprofilen zu simulieren und Kubernetes-Know-how im Team ausbauen. Diese Fähigkeiten werden nicht nur für die SAP-Migration benötigt, sondern sind generell für die Zukunftsfähigkeit der IT-Abteilung wichtig.

Zudem sollten Governance-Strategien definiert werden, welche Daten in die Cloud migriert und welche lokal bleiben müssen. Nur so lassen sich potenzielle Probleme frühzeitig identifizieren und Lösungsstrategien entwickeln.

Langfristig müssen Unternehmen eine klare Governance-Strategie definieren, die regelt, welche Daten und Prozesse in die Cloud migriert werden können und welche aus Compliance- oder Sicherheitsgründen lokal bleiben müssen. Diese Entscheidungen sollten nicht nur von IT-Verantwortlichen, sondern auch von Datenschutzbeauftragten und Compliance-Experten getroffen werden.

Die Evaluation verschiedener Lösungsanbieter bleibt trotz der starken Marktposition von SUSE wichtig. Alternativen wie Red Hat OpenShift oder VMware Tanzu bieten ähnliche Funktionalitäten und könnten je nach spezifischen Anforderungen besser geeignet sein. Ein Vendor-Vergleich sollte nicht nur technische Aspekte, sondern auch langfristige Kostenentwicklungen und Support-Qualität berücksichtigen.

Die SAP-Cloud-Transformation ist mehr als nur ein technisches Upgrade – sie erfordert einen kulturellen Wandel in der IT-Organisation. Change Management und kontinuierliche Weiterbildung sind daher ebenso wichtig wie die technische Implementierung.

Ulrich

Ulrich

Parthier

Herausgeber it management, it security

IT Verlag GmbH

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