Der Schweizer Datenschutzspezialist kritisiert geplante Gesetzesänderungen scharf und erwägt Standortverlagerung.
Die Schweiz plant eine Novellierung ihrer Überwachungsgesetze, die weitreichende Folgen für Anbieter von Verschlüsselungsdiensten haben könnte. Anders als bisher sollen künftig nicht nur Telekommunikations- und Internetanbieter, sondern auch Dienstleister wie VPN-Dienste, Messaging-Apps und soziale Netzwerke zur Identifizierung und Speicherung von Nutzerdaten verpflichtet werden.
“Wie in Russland”
In einem Interview mit dem Schweizer Rundfunk RTS vom 13. Mai 2025 fand Andy Yen, CEO des E-Mail- und VPN-Anbieters Proton, deutliche Worte: Die geplante Gesetzesänderung stelle einen “massiven Eingriff in die Privatsphäre” dar und würde dem Ruf der Schweiz als sicherem Datenstandort erheblich schaden.
“Diese Revision versucht, Regelungen einzuführen, die sowohl in der EU als auch in den USA für rechtswidrig erklärt wurden”, so Yen im Interview. “Das einzige europäische Land mit vergleichbaren Gesetzen ist derzeit Russland.”
Für Proton mit seinen über 100 Millionen Nutzern wären die Änderungen nicht mit dem Geschäftsmodell vereinbar. Das Unternehmen müsste grundlegende Änderungen an seiner Verschlüsselungstechnologie und den No-Logging-Richtlinien vornehmen.
“In diesem Fall hätten wir keine andere Wahl, als die Schweiz zu verlassen”, erklärte Yen. “Unter diesen Bedingungen wären wir in der Schweiz weniger vertrauenswürdig als Google in den USA. Das ist für unser Geschäftsmodell unmöglich.”
Entscheidung steht bevor
Die öffentlichen Beratungen zum Gesetzentwurf endeten am 6. Mai 2025. Nun bleibt abzuwarten, wie die Schweizer Regierung entscheidet. Einige Kantone, darunter Genf, haben sogar das Recht auf digitale Integrität als Argument gegen diese Regelungen angeführt.
Trotz der deutlichen Kritik zeigte sich Yen gegenüber RTS vorsichtig optimistisch und betonte die Notwendigkeit eines ausgewogeneren Ansatzes bei der Ausarbeitung neuer Gesetze: “Wenn Bern vernünftige Regeln einführt, die es Unternehmen wie Proton ermöglichen, in der Schweiz und weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben, werde ich bleiben, meinen Pass nehmen und weiter in die Schweiz investieren.”