Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Wirtschaftswissenschaftlerin Orly Sade von der Hebräischen Universität Jerusalem hat untersucht, wie Künstliche Intelligenz dazu beitragen kann, persönliche Finanzprobleme zu mindern.
Im Zentrum ihrer Studie stand die Frage, ob digitale Erinnerungen durch KI die Zahl an Kontoüberziehungen verringern können.
Die Analyse stützte sich auf reale Daten von mehr als 39.000 Anwenderinnen und Anwendern der Finanzplattform “Mint”, die in den USA und Kanada verbreitet ist. Diese Plattform dient der Verwaltung persönlicher Finanzen und bot die ideale Grundlage für einen umfassenden Feldversuch.
Frühwarnsystem per E-Mail
Das in der Untersuchung eingesetzte KI-System wurde darauf trainiert, potenzielle Überziehungen im Voraus zu erkennen. Sobald ein Risiko bestand, erhielten die Betroffenen eine Warnung per E-Mail. Diese Mitteilungen wurden in unterschiedlichen Varianten verschickt – mal einfach und direkt, mal komplexer formuliert, mal mit positiver, mal mit negativer Botschaft.
Wirkung hängt von Sprache und Stil ab
Die Ergebnisse waren eindeutig: Wer eine E-Mail-Warnung bekam, war seltener von Überziehungsgebühren betroffen. Entscheidend war dabei der Stil der Nachricht. Klare und präzise Formulierungen erwiesen sich als besonders effektiv. Negativ formulierte Hinweise wie „Vermeiden Sie Überziehungsgebühren“ hatten einen besonders deutlichen Einfluss: In der Woche nach dem Erhalt solcher Nachrichten sanken die Überziehungen um neun Prozent. Über einen Zeitraum von vier Monaten konnten diese Nutzer im Schnitt 25 US-Dollar sparen.
Auch positiv gehaltene Nachrichten wie „Sparen Sie Geld“ hatten einen gewissen Effekt, allerdings schwächer als ihre negativ formulierten Gegenstücke. Die Warnungen zeigten vor allem Wirkung bei Personen mit stabilen finanziellen Verhältnissen – also bei jenen, die über ausreichende Mittel verfügten, um rechtzeitig reagieren zu können.
Weniger erfolgreich war das Warnsystem bei Menschen mit bereits angespannten Finanzen. Wer ohnehin wenig Liquidität oder eine ausgeschöpfte Kreditlinie hatte, konnte trotz Erinnerung oft nicht gegensteuern. Dies zeigt, dass nicht jede Verbesserung des Finanzverhaltens allein durch Information und Erinnerung erreichbar ist.
Fazit der Forscherin
Orly Sade bringt die Erkenntnisse auf den Punkt: „Unsere Studie liefert Belege dafür, dass KI-basierte, maßgeschneiderte Kommunikation das Finanzverhalten positiv beeinflussen kann. Einfache, zeitnahe Nachrichten können Menschen dabei helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, aber wir müssen auch umfassendere systemische Hindernisse für Menschen in schwierigen finanziellen Situationen berücksichtigen.“
Damit wird deutlich: Technologische Hilfsmittel wie KI können einen Beitrag zur finanziellen Stabilität leisten – allerdings nicht als alleinige Lösung, sondern als Teil eines größeren, sozial ausgerichteten Ansatzes.