Die Modernisierung der IT steht in vielen Unternehmen ganz oben auf der Agenda. Einfach nur »alt« gegen neu« zu tauschen ist jedoch nicht der richtige Weg. Experten empfehlen zuerst einen Masterplan zu erstellen und die Ziele zu definieren. Wobei hier fast immer Agilität, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Sicherheit gefordert werden. Eine zentrale Rolle nehmen dabei die Cloud, Automatisierung und Orchestrierung ein.
Die Modernisierung der Rechenzentren und der IT generell ist unausweichlich. Dies ist auch das Ergebnis der IDC-Studie »Datacenter Trends in Deutschland 2019«. Der Weg zum Datacenter der Zukunft birgt jedoch einige Stolperstellen: »Die Innovationsdynamik der Digitalisierung basiert auf der intelligenten Verbindung eines agilen Rechenzentrums »on premises« mit Cloud-basierten Lösungen und Ressourcen«, sagt Matthias G. Eckermann, Director Product Management bei SUSE. »Klassische Rechenzentren, die nicht selten schon 40 Jahre im Betrieb sind, können das alleine nicht mehr leisten. Zunächst muss die Entscheidung zum Wandel von ganz oben im Unternehmen kommen und dort konsequent gelebt werden.« Nur so lassen sich neue Geschäftsmodelle von der IT abbilden.
Donald Badoux, Equinix und Matthias Eckermann, Suse (Bild: Michael Hülskötter)
Eckermann empfiehlt, mit kleinen Schritten zu beginnen und diese von Anfang an in einen »Digitalen Masterplan« einzubetten. Erste Schritte können sein: der Aufbau einer Software-definierten Storage-Lösung, um beispielsweise Sensordaten von Maschinen zu sammeln und zu analysieren, oder die Einbindung von Container-Lösungen, die neue Möglichkeiten zur Software- und Prozess-Entwicklung und zur Anpassung IT-gestützter Prozesse bieten. Auch der Aufbau einer Private-Cloud sei ein gangbarer Weg, damit unter anderem die Entwicklungsabteilung schnell und automatisiert Testumgebungen aufsetzen kann. »Die Kunst bei alldem ist es, alte und neue Strukturen der heterogenen IT-Landschaft zu verbinden«, meint Eckermann. »Hier können innovative Open-Source-Lösungen Brücken bauen und einen Wandel Schritt für Schritt ermöglichen.«
IT-Infrastrukturen in moderne, agile Plattformen umwandeln
Donald Badoux, EquinixFür Donald Badoux, Managing Director bei Equinix Deutschland, gehe es gar nicht mehr um das »Ob« oder »Wann« der Modernisierung der Unternehmens-IT, sondern schon um das »Wie«: »Dabei stellt sich jedoch die Frage, welcher Modernisierungsweg der richtige für ein Unternehmen ist – die IT-Migration und -Neuentwicklung, der Einsatz von Standardkomponenten, Outsourcing oder Cloud-First-Strategien? Prinzipiell sollten Unternehmen ihre veralteten IT-Infrastrukturen in moderne, agile Plattformen umwandeln, die flexibler und universeller einsetzbar sind als statische, aufgabenbezogene IT-Insellösungen. Zudem hilft der intelligente Einsatz der IT-Unternehmen dabei, Prozesskosten zu senken und gleichzeitig die Komplexität zu reduzieren.«
Bei alldem sollte die Modernisierung der IT allerdings frühzeitig in die Unternehmensstrategie eingebunden werden, um zu evaluieren, welchen messbaren Beitrag diese zur Wertschöpfungskette des Unternehmens leisten könne und wie sich die Digitalisierung sinnvoll zur Erneuerung nutzen lässt.
IT-Strategie: Modernisierung setzt ein durchdachtes Fundament voraus
Volker Ludwig, E-ShelterEntscheidend für den Erfolg einer Modernisierung ist eine durchdachte IT-Strategie: Public-Cloud-Services, SaaS und mobile Anwendungen sind Best-Practices für die effiziente, effektive und gleichzeitig benutzerfreundliche Bereitstellung von IT-Services. »Im ersten Schritt gilt es demzufolge zu entscheiden, welche Rolle der IT bei der Realisierung der Unternehmensziele zukommt und welche IT-Aufgaben innerhalb des Unternehmens verbleiben sollen«, meint Volker Ludwig, Senior Vice President Sales bei e-shelter. »Zentrale Kriterien sind dabei Flexibilität, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz. Dies beginnt beim Betrieb eines eigenen Rechenzentrums vs. Colocation und endet mit Software-Eigenentwicklungen vs. SaaS-Lösungen.« Lassen sich notwendige Ressourcen – Arbeitskraft wie auch Kapital –, die beispielsweise für den Bau oder die Modernisierung eines Rechenzentrums notwendig sind, sinnvoller im Kerngeschäft einsetzen? Erhöht die Kooperation mit geeigneten Partnern gleichzeitig Qualität und Flexibilität?« Der Modernisierung sollten klare strategische Entscheidungen vorausgehen und quasi ein Fundament bilden, auf das sich die Änderungen aufbauen lassen.
Automatisierung vs. Fachkräftemangel
Gerald Hofmann, VeeamAls vielversprechenden Ansatz betrachten viele Unternehmen eine umfassende Automatisierung von Abläufen im Rechenzentrum sowie die Integration und Orchestrierung von internen und externen IT-Ressourcen und Business-Services. »Damit entschärfen Unternehmen auch den Fachkräftebedarf bzw. -mangel« ergänzt Gerald Hofmann, Vice President Central EMEA bei Veeam Software. »Gerade mittelständische und kleine Unternehmen haben damit sehr zu kämpfen. Wichtig ist, sich dabei Entwicklungspfade offenzuhalten. Es gibt immer mehr (Infrastruktur-)Lösungen, die künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen nutzen. Das bietet Potenziale, gerade auch im Datenmanagement. Nicht zu vergessen die Cloud.« Manchmal sei es wirtschaftlich sinnvoll, fertige Dienste von Hyperscaler einzukaufen, in strategisch wichtigen Bereichen empfehle sich dagegen eher die individuelle Zusammenarbeit mit dem Dienstleister seines Vertrauens oder eine Inhouse-Lösung.
Standards vor allem über Open-Source-Projekte
Matthias G. Eckermann, Suse »Bei der Digitalisierung geht es laut Suse-Manager Eckermann vor allem darum, Lösungen zu wählen, die bestehende Investitionen schützen: »Ein Paradigmenwechsel in der IT kann nicht Alt raus, Neu rein bedeuten. Daher sollten Unternehmen bei der Automatisierung, Integration und Orchestrierung interner und externer Ressourcen und Services eine Strategie wählen, die sie unabhängig von proprietären Lösungen macht, bisherige Investitionen schützt und ihnen die nötige Innovationsdynamik bietet.«
Suse sieht natürlich Open-Source-Projekte als die treibenden Kräfte, wenn es um De-facto-Standards im Bereich von Software-defined Infrastructure geht. Allein das OpenStack-Projekt beschäftige momentan über 96.000 Entwickler und 676 Unternehmen aus 186 Ländern. Dazu gehören auch Mitglieder wie IBM, Intel, SAP und Suse, dies schaffe Standards, die auch in Zukunft noch gültig sein sollten.
Warum wir keine Digitalisierungsweltmeister sind, was dazu (noch) fehlt und was das mit Open Source zu tun hat, sagt Matthias G. Eckermann von @openSUSE in diesem Interview. @ChrWeiherlein @katja_schmalen @ThorenzLynn @IDC_Deutschland @zacher_ma https://t.co/b4ZaOdvvTo #idcdc19
— Michael Hülskötter (@mhuelskoetter) 4. März 2019
IT-Ressourcen: Erfolgsfaktoren um Fachabteilungen schnell zu beliefern
Für eine erfolgreiche Bereitstellung von IT-Ressourcen über alle Fachabteilungen hinweg spielt für Equinix-Manager Badoux vor allem das Thema Standardisierung eine wichtige Rolle: »Standardisierte Services und Prozesse ermöglichen eine kurze Bereitstellungszeit und eine verlässliche Qualität innerhalb der IT-Strukturen des eigenen Unternehmens. Gleichzeitig helfen agile Entwicklungsmethoden – wie etwa Scrum oder DevOps – dabei, IT-Lösungen zeitnah und bedarfsgerecht einzuführen.« Außerdem sollten Unternehmen hybride Multi-Cloud-Services berücksichtigen. Diese ermöglichen unter anderem, Anwendungen auf den Cloud-Strukturen verschiedener Anbieter parallel zu nutzen und somit die jeweils für sie optimale Lösung schnell und flexibel zu realisieren.
»Als Erfolgsfaktor sehe ich die Reduzierung von Komplexität, die Modernisierung und die Standardisierung im Rechenzentrum«, ergänzt Suse-manager Eckermann. »Mehr Automatisierung und Standardisierung vereinfachen den Betrieb und reduzieren letztendlich die Kosten. Wichtig ist zudem der Aufbau einer flexiblen Struktur. Das ist notwendig für Innovation, um schnell neue Prozesse oder Business-Modelle einführen zu können oder auf veränderte Marktsituationen zu reagieren, flexibel und stets skalierbar. Der dritte entscheidende Faktor ist, die eigene Kompetenz der IT-Teams zu stärken. Ihre Expertise ist entscheidend bei der schnellen Entwicklung und Anpassung von Geschäftsmodellen. Ergänzt werden sollte dies durch die Zusammenarbeit mit den richtigen Partnern für Training, Consulting und Support. Auf dieser Basis wird die IT zum Enabler für ein agiles Unternehmen.«
Für Veeam-Manager Hofmann lautet das oberste Gebot, Geschäftsleitung und Fachabteilungen von Anfang an einzubinden: »IT-Abteilungen haben leider oft den Ruf, schwerfällig zu sein, gelten als `Neinsager´. Da hilft nur Dialog und Transparenz. Werden neue Projekte und Innovationen gemeinsam definiert und umgesetzt, können sich alle Beteiligten mit ihren Anforderungen, ihrem Wissen und ihren Ressourcen einbringen.« Verfügbarkeit sei hier zentraler Aspekt: Nicht auf Geschäftsanwendungen, Web-Applikationen oder Daten zugreifen zu können, ist für Kunden wie Mitarbeiter heute inakzeptabel – der Betrieb muss störungsfrei laufen. Dies klingt zwar nach einer Selbstverständlichkeit, in Zeiten permanenter Cyber-Bedrohungen ist dies allerdings kein Selbstläufer.
Bereitstellung von IT-Ressourcen: Entwicklung in 2 bis 3 Jahren
Wenn es um die Bereitstellung von IT-Ressourcen in den nächsten zwei bis drei Jahren geht, sieht Badoux von Equinix plattformbasierte digitale Ökosysteme ganz vorne mit dabei: »Sie fungieren künftig idealerweise als Basis für die eigenen IT-Ressourcen. Von der Nutzung ebensolcher Ökosysteme versprechen sich Unternehmen Mehrwerte, wie zum Beispiel die Anbindung an Partner, gesteigerte Innovation und Produktivität sowie den Ausbau von Vorteilen im Wettbewerb. Auch der Einsatz von flexiblen, hybriden Multi-Cloud-Lösungen wird einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen, wobei Unternehmen zunehmend die Expertise von externen Dienstleistern, wie etwa Rechenzentren, sowohl für die strategische Beratung und Planung als auch im Zuge der Implementierung in Anspruch nehmen. Zu guter Letzt sollte die Bereitstellung von IT-Ressourcen in den kommenden Jahren im bestmöglichen Falle über API-vernetzte Systeme geschehen.«
Die 3 wichtigsten Unternehmensprioritäten in den kommenden 2 Jahren (Quelle: IDC)
Als sicher gilt, dass der Grad der Nutzung von Public- und Managed-Cloud-Angeboten weiter steigen wird. Allerdings können und wollen nicht alle Unternehmen vollständig auf Cloud setzen. »Daher werden Hybrid-Cloud-Umgebungen mit einem hohen Maß an Automatisierung und Flexibilität der Standard sein«, sagt E-Shelter-Manager Ludwig, »um datenintensive Technologien und Anwendungen wie IoT, autonomes Fahren, Virtual-Reality, AI/ML und Big-Data zu ermöglichen.«
Für Suses Eckermann lauten die Stichworte flexible und agile. SDI und Enterprise-Open-Source-Lösungen spielen im Rechenzentrum dabei eine zunehmend wichtige Rolle: »Egal ob Storage im Umfeld von Datenanalyse in Echtzeit, unterschiedliche Cloud-Modelle oder Container-as-a-Service-Angebote. Container zum Beispiel sind im Einsatz bei der Automatisierung von Entwicklungsprozessen im DevOps-Modell oder auch in anderen Bereichen wie Big Data bis hin zu Machine Learning, die von der beschleunigten Bereitstellung durch Container profitieren.« Mit der Einführung von SDI werde die IT zum aktiven Enabler für neue Geschäftsmodelle.
Egal, wie Unternehmen das Thema IT-Modernisierung angehen, die Bemühungen müssen die Geschäftsentwicklung ausgerichtet sein. Für die Ziel-Infrastruktur zählen für Veeam-Manager Hofmann drei zentrale Aspekte: »Agilität, Zuverlässigkeit gleich Verfügbarkeit und Sicherheit. Cloud, Automatisierung und Orchestrierung werden dabei eine zentrale Rolle spielen.« Auch er sieht die Multi-Cloud auf dem Vormarsch, ebenso der Einsatz von KI und maschinellem Lernen. Dabei gelte es die Themen Cloud und Sicherheit eng miteinander zu verknüpfen. Predictive-Analytics bzw. Diagnostics sollen einen reibungslosen IT-Betrieb ermöglichen. Steigende SLEs (Service Level Expectations) erfordern in der IT mehr Leistungsdaten und -projektionen. Nur wenn die Infrastruktur weitgehend automatisch funktioniere, können sich IT-Experten stärker auf Innovationen für das Unternehmen und den sinnvollen Einsatz neuer Technologien fokussieren.