Europa sieht sich einer wachsenden Welle gezielter Provokationen und Cyberangriffe ausgesetzt, die nach Einschätzung der Europäischen Kommission Teil einer russischen Strategie zur Destabilisierung der EU sind.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte in einer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg vor einer „hybriden Kriegsführung“, die darauf abzielt, Unsicherheit zu schüren und die europäische Einheit zu schwächen.
Angriffe jenseits der sichtbaren Front
Nach Angaben von von der Leyen reicht das russische Vorgehen weit über die militärische Aggression in der Ukraine hinaus. Neben der Verletzung des estnischen Luftraums seien in den vergangenen Wochen auch in Belgien, Polen, Rumänien, Dänemark und Deutschland russische Drohnen gesichtet worden. Diese Vorfälle stünden in einem größeren Zusammenhang koordinierter Cyberattacken und Sabotageakte, die europaweit registriert werden.
Die Kommissionspräsidentin bezeichnete diese Ereignisse als Teil eines „Musters zunehmender Bedrohungen“, das darauf abziele, Vertrauen zu erschüttern und die Handlungsfähigkeit europäischer Institutionen zu untergraben.
Gemeinsame Sicherheitsarchitektur gefordert
Als Reaktion auf die zunehmenden hybriden Bedrohungen drängt die Kommission auf eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der NATO. Bereits in der Vorwoche war in Kopenhagen ein Entwurf für einen gesamteuropäischen Sicherheitsplan vorgestellt worden. Dieser soll die militärische, digitale und infrastrukturelle Verteidigungsfähigkeit der EU bündeln.
In den kommenden Wochen will die Kommission die „Readiness Roadmap 2030“ präsentieren – ein Programm, das insbesondere den Schutz europäischer Lufträume, kritischer Infrastruktur und der Zivilbevölkerung in den Mittelpunkt stellt.
Neue Sicherheitslogik für ein neues Zeitalter
Von der Leyen betonte, dass die Auseinandersetzung mit Russlands hybrider Kriegsführung weit über klassische Verteidigungsfragen hinausgehe. Moderne Sicherheit bedeute heute auch, Software gegen Drohnenangriffe zu entwickeln, Ersatzteile für Energieinfrastruktur bereitzuhalten und schnelle Cyberabwehrteams aufzubauen. Ebenso wichtig seien Informationskampagnen, um Falschmeldungen und Desinformation entgegenzuwirken.
Dies erfordere, so die Kommissionspräsidentin, ein grundsätzlich neues Denken innerhalb der EU – weg von nationaler Einzelverantwortung hin zu gemeinsamer Handlungsfähigkeit. Europa müsse lernen, schneller, flexibler und entschlossener auf Bedrohungen zu reagieren.