Eine aktuelle Analyse des Berliner Unternehmens heyData zeigt, wie unterschiedlich der Einsatz öffentlicher Überwachungskameras weltweit gehandhabt wird.
Während einige Metropolen flächendeckend auf Kameraüberwachung setzen, gehen andere deutlich zurückhaltender vor. Die Untersuchung basiert auf öffentlich zugänglichen Daten sowie eigenen Berechnungen (Stand: Juli 2025).
Weltweite Unterschiede im Überwachungsgrad
Die Studie beleuchtet unter anderem Städte wie London, Dubai, Peking sowie deutsche Großstädte wie Berlin, Hamburg, München und Stuttgart. Die Ergebnisse zeigen große Unterschiede in der Kamera-Dichte pro Fläche und Einwohnerzahl – mit weitreichenden Folgen für Datenschutz, Gesellschaft und individuelle Freiheiten.
London zählt rund eine Million öffentliche Kameras – das entspricht etwa 600 Kameras pro Quadratkilometer. Die britische Hauptstadt nutzt diese Technik vorrangig zur Kriminalitätsbekämpfung, Terrorprävention und Verkehrssteuerung. Ähnliche Motive gelten auch in Frankreich, wo insbesondere nach den Terroranschlägen der letzten Jahre das Kameranetz stark ausgebaut wurde. In Paris kommen heute etwa 318 Kameras auf einen Quadratkilometer.
An der weltweiten Spitze steht jedoch Dubai, mit über 8.500 Kameras pro Quadratkilometer. Hier geht die Überwachung weit über Sicherheitsaspekte hinaus: Öffentliche Plätze, Einkaufszentren und sogar Strände sind flächendeckend überwacht. Der staatliche Zugriff auf das öffentliche Leben ist nahezu vollständig – aus europäischer Perspektive ein hochproblematischer Zustand.
Deutschland im internationalen Vergleich: Zurückhaltend, aber wachsend
Im Vergleich dazu wirkt der Umgang mit Videoüberwachung in Deutschland geradezu minimalistisch: In Berlin kommen lediglich vier Kameras auf 1.000 Einwohner, in Hamburg und München sind es jeweils sieben, Stuttgart liegt bei fünf.
Diese zurückhaltende Haltung ist historisch geprägt – die Erfahrungen mit staatlicher Überwachung in der DDR und im Nationalsozialismus haben ein tiefes gesellschaftliches Bewusstsein für Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung hinterlassen. Dennoch wird auch hierzulande über eine Ausweitung der Videoüberwachung diskutiert, besonders an sogenannten „gefährlichen Orten“ wie Bahnhöfen, Großveranstaltungen oder kriminalitätsbelasteten Stadtteilen.
Befürworter von Überwachungssystemen betonen deren Beitrag zur Aufklärung von Straftaten und zur Prävention von Gewalt. Die sichtbare Präsenz von Kameras könne potenzielle Täter abschrecken und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken.
Doch Kritiker warnen vor einem schleichenden Rückgang von Freiheitsrechten. Das permanente Gefühl, beobachtet zu werden, verändert das Verhalten der Menschen: Sie zeigen sich angepasst, vermeiden auffälliges Verhalten und geraten in eine Art psychologischen Druckzustand. Dieser Effekt der „Selbstzensur“ ist besonders in hochüberwachten Städten wie Peking spürbar, wo über 800.000 Kameras installiert sind – oft kombiniert mit Gesichtserkennung und künstlicher Intelligenz.
Technologische Risiken: Gesichtserkennung und Diskriminierung
Ein besonders kritischer Aspekt ist der zunehmende Einsatz von Gesichtserkennung. Studien, unter anderem des US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST), belegen, dass solche Systeme bei Minderheiten häufiger fehlerhaft arbeiten. Das führt zu potenziell diskriminierenden Effekten und verstärkt bestehende soziale Ungleichheiten.
Gleichzeitig ermöglichen KI-gestützte Überwachungssysteme eine lückenlose Erfassung von Bewegungsprofilen und Verhaltensmustern. Was ursprünglich der Sicherheit dienen sollte, kann sich rasch zu einem Werkzeug der sozialen Kontrolle entwickeln.
In der Europäischen Union sorgt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für klare Regeln. Videoüberwachung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig – insbesondere müssen Verhältnismäßigkeit und Zweckbindung gewahrt bleiben. Der Umgang mit besonders sensiblen Daten, wie Gesichtsbildern, ist streng reguliert.
Außerhalb der EU sieht das anders aus. In Ländern wie den USA, Großbritannien oder China gibt es weniger restriktive Vorgaben, was den umfassenden Einsatz moderner Überwachungstechnologien erleichtert – mit potenziell tiefgreifenden Konsequenzen für die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger.
Die Analyse von heyData macht deutlich: Die globale Entwicklung im Bereich der Videoüberwachung ist hochdynamisch – und polarisiert. Zwischen dem berechtigten Wunsch nach Sicherheit und dem Schutz individueller Freiheitsrechte verläuft eine schmale Gratlinie. Je weiter die technischen Möglichkeiten fortschreiten, desto wichtiger wird die gesellschaftliche und rechtliche Auseinandersetzung mit der Frage: Wie viel Überwachung wollen wir wirklich?
(pd/heyData)