Nach einem Ransomware-Angriff im Frühjahr 2023 steht die Einhaus-Gruppe aus Hamm vor der Insolvenz. Trotz Lösegeldzahlung konnte sich das Unternehmen nicht erholen. Mittlerweile wurden für drei Gesellschaften der Gruppe Insolvenzverfahren eingeleitet.
Die Einhaus-Gruppe aus Bockum-Hövel, einst Pionier im Bereich Elektronikversicherungen und im Besonderen Handy-Versicherungen in Deutschland, steht nach einem verheerenden Ransomware-Angriff vor dem Aus. Wie der Westfälische Anzeiger berichtet, führte eine Cyber-Attacke mit der Schadsoftware “Royal” im Frühjahr 2023 zu einem Millionenschaden, von dem sich das Unternehmen nicht mehr erholen konnte.
Vom Marktführer zum Insolvenzfall
Wilhelm Einhaus hatte Anfang der 2000er Jahre das Geschäftsmodell der Handy-Versicherungen nach Deutschland gebracht und damit ein beachtliches Unternehmen aufgebaut. In der Hochphase kooperierte die Firma mit Telekom und 1&1, belieferte über 5.000 Telefon-Shops bundesweit und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von bis zu 70 Millionen Euro mit 170 Mitarbeitern.
Der dramatische Wendepunkt kam an einem Frühlingsmorgen 2023, als Einhaus in sein Büro kam und an allen Druckern identische Nachrichten fand: Die Hacker hatten zugeschlagen und verkündeten ihre Tat, wie der Bericht des Westfälischen Anzeigers weiter ausführt. Die Ransomware “Royal” hatte sämtliche Systeme verschlüsselt – von Vertragsdaten über Abrechnungssysteme bis hin zur kompletten IT-Infrastruktur.
Totaler Systemausfall paralysiert Geschäft
Der Angriff legte das Unternehmen praktisch über Nacht lahm. Kein Server ließ sich mehr hochfahren, die täglichen Geschäftsabläufe kamen zum Erliegen. Die Täter forderten Lösegeld in Bitcoin für die Freigabe der verschlüsselten Daten.
Trotz sofortiger Einschaltung der Polizei und des Landeskriminalamtes sah sich das Unternehmen gezwungen, das geforderte Lösegeld zu zahlen, um wieder Zugang zu kritischen Geschäftsdaten zu erhalten. Die Staatsanwaltschaft Verden führe mittlerweile die Ermittlungen und habe bereits drei Tatverdächtige identifiziert.
Monate der manuellen Schadensbearbeitung
Auch nach der Lösegeldzahlung blieben die Systeme monatelang gestört. Prämien- und Provisionsabrechnungen mit Versicherungspartnern konnten nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, die gesamte Schadensbearbeitung musste auf manuelle Verfahren umgestellt werden. Dies führte zu erheblichen Verzögerungen und Erlösausfällen.
Das Unternehmen beziffert den Gesamtschaden auf einen mittleren siebenstelligen Betrag. Um kurzfristig Liquidität zu beschaffen, verkaufte die Firma 2024 ihre Betriebsimmobilie und reduzierte die Belegschaft drastisch von über 100 auf nur noch acht Mitarbeiter.
Beschlagnahmte Gelder verschärfen die Krise
Besonders bitter für das Unternehmen: Im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Kryptowerte im hohen sechsstelligen Bereich, die aber nicht an das geschädigte Unternehmen zurückgezahlt wurden. Geschäftsführer Einhaus sieht darin den Hauptgrund für das Scheitern der Restrukturierungsbemühungen: “Dass wir als nachweislich Geschädigte die erpressten Gelder nicht zurückerhalten, obwohl sie beschlagnahmt wurden, hat unsere Restrukturierungsbemühungen zum Scheitern gebracht.”
Neustart geplant trotz Insolvenz
Der 72-jährige Wilhelm Einhaus, der seit 53 Jahren selbstständig ist, will sich trotz der dramatischen Entwicklung nicht geschlagen geben. Er plant einen Neustart, wobei die Gruppe weiterhin als Service-Partner der Helinet fungieren soll.