Trotz erheblicher wirtschaftlicher Herausforderungen im Jahr 2025 zeigt China weiterhin eine vergleichsweise hohe Widerstandsfähigkeit.
Das BIP-Wachstum wird jedoch voraussichtlich in diesem Jahr auf etwa 4,0 % zurückgehen und sich in den folgenden Jahren weiter verlangsamen. Diese Abschwächung spiegelt sowohl innenpolitische Herausforderungen – wie eine anhaltende Korrektur auf dem Immobilienmarkt – wider als auch externe Belastungen, insbesondere die Eskalation der Handelsspannungen mit den USA.
Die Wiedereinführung aggressiver Zölle durch die US-Regierung hatte erhebliche Auswirkungen. Die Zollsätze erreichten im April einen Höchststand von 125 %, bevor sie nach Verhandlungen vorübergehend auf 10 % gesenkt wurden. Diese Maßnahmen haben zusammen mit strengeren Beschränkungen für Technologieexporte das chinesische verarbeitende Gewerbe belastet. Die Belastung des BIP-Wachstums durch Zölle wird auf etwa 1 % des BIP geschätzt. China hat zwar mit Vergeltungsmaßnahmen reagiert, seine Strategie konzentriert sich jedoch auf die Stärkung der Binnennachfrage durch eine expansive Fiskalpolitik und eine Lockerung der Geldpolitik.
Gleichzeitig verstärkt China sein langfristiges strategisches Ziel, nämlich die Energie- und Technologieunabhängigkeit oder sogar die Vorherrschaft gegenüber den USA zu erlangen. Um dies zu erreichen, hat sich das Land zu einem weltweit führenden Anbieter sauberer Energie entwickelt. Mit fast 900 GW installierter Solarleistung verfügt das Land über fast 50 % der weltweiten Gesamtkapazität. Mit rund 11 Millionen verkauften Elektrofahrzeugen im Jahr 2024 ist China für fast zwei Drittel des weltweiten Elektrofahrzeug-Absatzes verantwortlich. Bis 2030 soll die Zahl der in China verkauften Elektroautos auf 22 Millionen steigen. Zum Vergleich: Weltweit werden jährlich rund 100 Millionen Autos verkauft. Auch die Investitionen in Energiespeicherung und Kernkraft steigen weiter an. Diese Bemühungen zielen darauf ab, Chinas Energieimporte zu senken und gleichzeitig eine wettbewerbsfähige Industrie aufzubauen.
Auch im Bereich der Technologie treibt China seine Bemühungen um Unabhängigkeit voran. Trotz Exportkontrollen für fortschrittliche Halbleiter und KI-Chips floriert die heimische Innovation. Die Veröffentlichung kostengünstiger Modelle wie DeepSeek signalisiert eine schneller als erwartete Einführung generativer KI, was die Produktivität steigern könnte.
Kampf gegen die niedrige Geburtenrate
KI wird zudem genutzt, um strukturelle Herausforderungen wie die alternde Bevölkerung und Ineffizienzen auf dem Arbeitsmarkt anzugehen. Während die kurzfristigen Auswirkungen auf die Beschäftigung insbesondere in Branchen, die anfällig für Automatisierung sind, uneinheitlich sein können, ist das langfristige Potenzial für Wiederbeschäftigung und Produktivitätssteigerungen beträchtlich. Es wird erwartet, dass die KI-bezogenen Investitionsausgaben stark ansteigen werden, wobei eine breitere Einführung in verschiedenen Branchen im Laufe dieses Jahrzehnts zu erwarten ist.
China steht vor einem tiefgreifenden demografischen Wandel, da seine Bevölkerung weiterhin rapide altert. Die Geburtenrate liegt 2025 bei nur einem Kind pro Frau und damit deutlich unter dem Reproduktionsniveau von 2,1. Diese niedrige Geburtenrate ist eine Folge der Ein-Kind-Politik und spiegelt allgemeine Trends wie steigende Lebenshaltungskosten wider. Infolgedessen schrumpft die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter stetig und sinkt von etwa 0,9 Milliarden im Jahr 2025 auf etwa 0,7 Milliarden im Jahr 2050. Dies entspricht einem Rückgang von etwa 1 % pro Jahr, was bei sonst gleichen Bedingungen zu einem Rückgang des Trendwachstums um einen ähnlichen Wert führen würde.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chinas kurzfristige Wirtschaftsaussichten zwar weiterhin durch externe Schocks und interne Anpassungen getrübt sind, seine strategischen Investitionen in Energie und Technologie jedoch die Grundlage für ein widerstandsfähigeres und nachhaltigeres Wachstum bilden. Das Zusammenspiel von politischer Unterstützung, Innovation, Demografie und Geopolitik wird für die Entwicklung Chinas in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung sein.
Autor: Jacob Vijverberg, Head of Asset Allocation bei Aegon Asset Management