Apple treibt die Entwicklung eines Standards für Gehirn-Implantate voran, mit dem Nutzer Geräte wie iPhones per Gedankensteuerung bedienen können. Laut Informationen des Wall Street Journal plant der Konzern aus Cupertino, diesen Standard noch in diesem Jahr für Drittentwickler freizugeben.
Die neue Funktion mit dem Namen “Switch Control” wird derzeit mit mehreren Testpersonen erprobt und könnte für Menschen mit schweren Behinderungen einen Durchbruch bedeuten.
Gedankensteuerung ohne eigene Hardware
BCIs sind laut Apple “eine aufkommende Technologie, die es Nutzern ermöglicht, ihre Geräte ohne physische Bewegung zu steuern”. Anders als Elon Musks Unternehmen Neuralink entwickelt Apple allerdings keine eigenen Implantate, sondern kooperiert mit dem in Brooklyn ansässigen Startup Synchron.
Das von Synchron entwickelte “Stentrode”-Implantat wird in eine Vene oberhalb des motorischen Kortex eingesetzt. Die Technologie zielt darauf ab, die Absicht eines Nutzers anhand seiner Gehirnsignale zu interpretieren, diese an das Betriebssystem des Geräts zu übermitteln und Aktionen auf dem Gerät auszuführen – ohne dass die Person es jemals berühren muss.
Erste Erfolge bei Patienten mit schweren Einschränkungen
Seit 2019 hat Synchron Stentrode-Geräte bei insgesamt zehn Personen implantiert, wobei der Fokus auf Menschen mit schweren Behinderungen liegt, die Bewegung und Sprache einschränken. Einer dieser Patienten ist Mark Jackson, der an ALS leidet. Gegenüber dem Wall Street Journal berichtet er, dass er lernt, sein iPhone, iPad und Vision Pro-Headset mit seinem Stentrode-Implantat zu steuern.
Ein weiterer Patient namens Rodney nutzt sein Implantat in Verbindung mit einer Apple Vision Pro und Nvidia Holoscan für KI-Berechnungen. Mit diesem Setup kann er Textnachrichten senden, seinen Hund füttern, einen Ventilator einschalten, Lichter aktivieren und einen Roomba-Staubsauger starten – alles allein durch Gedankensteuerung.
Unterschiede zu Neuralink
Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat Synchrons BCIs als “Breakthrough Devices” (bahnbrechende Geräte) eingestuft. Obwohl BCIs noch nicht für die breite Öffentlichkeit verfügbar sind, erklärt die FDA, dass sie “das Potenzial haben, Menschen mit schweren Behinderungen zu helfen, indem sie ihre Fähigkeit zur Interaktion mit ihrer Umgebung erhöhen und folglich neue Unabhängigkeit im täglichen Leben ermöglichen”.
Im Vergleich dazu verfolgt Neuralink einen anderen Ansatz. Der erste Patient von Neuralink, Noland Arbaugh, ist ein Tetraplegiker, der sein Implantat nutzt, um einen Computercursor zu bewegen und das Videospiel Civilization zu spielen. Im März berichtete er, dass er nach einem Jahr keine Nebenwirkungen verspüre.
Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Ansätzen von Neuralink und Synchron. Neuralink setzt seine Technologie direkt in das Hirngewebe ein, wobei mit einem Roboterarm ein Loch in den Schädel gebohrt wird. Das Implantat von Synchron wird hingegen “über die Blutgefäße in einem minimal-invasiven zweistündigen Eingriff ins Gehirn eingesetzt, ähnlich wie bei der Einführung von Stents im Herzen”, erklärt das Unternehmen. “Das Implantat wird vollständig internalisiert, ohne dass Kabel aus dem Kopf oder Körper herausragen.”