Dogecoin: Eine Witzwährung macht ernst

Ein Kursplus von rund 15 000 Prozent seit Jahresbeginn – das ist selbst für den boomenden Kryptowährungsmarkt außergewöhnlich.

Wer Anfang Januar 1000 Dollar in Dogecoins gesteckt hätte, hätte das Geld – zumindest auf dem Papier – nach den jüngsten Rekordkursen auf über 150 000 Dollar vermehrt. Kann eine solche Kursexplosion auf Dauer gut gehen? Was verbirgt sich hinter dem Hype?

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Die atemberaubende Rally ist umso erstaunlicher, als es sich bei der seit 2013 existierenden Digitalwährung eigentlich um einen Witz handeln sollte. Doch angetrieben von Promis wie Tesla-Chef Elon Musk, Rap-Mogul Snoop Dogg oder Tech-Milliardär Mark Cuban wurden Dogecoins zu einem der heißesten Spekulationsobjekte auf dem Finanzmarkt.

Dogecoin-Werbung

Nun steuerte der Rummel auf einen neuen Höhepunkt zu: Die ganze Woche fieberte der Kryptomarkt auf einen Auftritt Musks hin, der in der Nacht auf Sonntag durch die US-Comedy-Show Saturday Night Live (SNL) führte. Tatsächlich nutzte der Starunternehmer die große Bühne für weitere Dogecoin-Werbung – gleich in mehreren Sketchen.

Zunächst holte Musk seine Mutter Maye zu sich vor die Kameras. Sie sagte, sie hoffe, dass ihr Geschenk zum Muttertag keine Dogecoins seien. Später trat der Tesla-Chef in der Rolle eines Finanzexperten auf, der das Dogecoin-Phänomen erklären sollte. Er sprach erst von «der Zukunft der Währungen, einem unaufhaltbarem Finanzvehikel, das die Welt übernehmen werde». Letztlich räumte er bei dem Sketch jedoch scherzhaft ein, dass es sich um einen «Hustle» handele. Das Wort ist mehrdeutig und muss nicht zwingend eine negative Bedeutung haben, lässt sich aber unter anderem auch als Abzocke übersetzen.

Höhenflug

Der Höhenflug der Cyberwährung war am Samstag vor der Show ohnehin schon beendet, nahm nach dem Auftritt aber weiter Fahrt auf. Statt, wie von Fans im Internet als Ziel ausgerufen, die Marke von einem Dollar pro Dogecoin zu knacken, stürzte der Kurs am Sonntag um über 35 Prozent auf unter 50 Cent ab. Heftige Spekulation lässt den Preis stark schwanken, extremes Auf und Ab ist nicht ungewöhnlich.

Musk hatte den Dogecoin-Kurs zuvor monatelang mit wohlwollenden Tweets befeuert und genießt deshalb Kultstatus bei Anhängern der Währung. Der Tesla-Chef ist sich seiner Rolle offenbar bewusst – seinen Auftritt bei SNL bewarb er in Anspielung auf den legendären Mafia-Film «The Godfather» («Der Pate») als «The Dogefather». Kurz vor der Show hatte er jedoch auch schon gewarnt: «Kryptowährungen sind vielversprechend, aber bitte investiert mit Vorsicht!»

Einflussreiche Unterstützer wie Musk haben Dogecoins zum rasanten Aufstieg verholfen. Jahrelang kannte außerhalb der Kryptoszene kaum jemand die Digitalwährung. Nun hatte sie zeitweise schon einen Marktwert von rund 80 Milliarden Dollar erreicht, das entspricht fast dem Börsenwert des größten US-Autobauers General Motors.

Am Freitag beförderte die Vorfreude auf Musks große Show den Kurs auf ein Rekordhoch 74 US-Cent. Dogecoin wurde damit vorübergehend zur viertgrößten Kryptowährung. Wer Glück hatte, konnte damit in sechs Monaten eine enorme Rendite von über 20 000 Prozent erzielen. Dabei war das Ganze zunächst nicht ernst gemeint. Jackson Palmer und Billy Markus, die das Projekt vor rund sieben Jahren starteten, machten aus Spaß ein im Internet beliebtes Hunde-Meme zu einer Cyber-Devise.

Mittlerweile befindet sich der US-Finanzmarkt jedoch in einer neuen Ära, in der Billig-Broker wie Robinhood über einfach zu bedienende Apps massenhaft jüngere Anleger an die Börse bringen. Einige von ihnen organisieren sich in Online-Foren und bieten im Stil von Flash-Mobs Aktien oder Währungen hoch – ein bekanntes Beispiel dafür war die Kursrally des strauchelnden Videospielhändlers Gamestop.

Dieses – häufig von fundamentalen Daten losgelöste und mit billionenschweren Corona-Krisenhilfen der US-Regierung und der Notenbank angefachte – Marktumfeld ist ein Nährboden für spekulativen Überschwang. Entsprechend viele Warnungen vor Exzessen gibt es. Experten raten dringend, kein Geld in Dogecoins oder Ähnliches zu stecken, dessen Totalverlust nicht verschmerzbar wäre.

Kritiker sehen in Dogecoins oder neueren Alternativen wie Safemoon Tendenzen von Schneeballsystemen. Selbst ausgesprochene Krypto-Befürworter wie Großinvestor und Bitcoin-Milliardär Mike Novogratz sind skeptisch. «Ich denke, es ist gefährlich, denn wenn der Enthusiasmus nachlässt, könnte es steil bergab gehen», sagte er jüngst dem US-Sender CNBC. Etliche Experten warnen vor einer Blase.

Doch es gibt auch andere Stimmen. Der Tech-Milliardär und Besitzer des Basketball-Teams Dallas Mavericks, Mark Cuban, etwa glaubt, dass Dogecoins langfristig durchaus Potenzial haben. Anders als Bitcoins, die aufgrund ihres begrenzten Volumens mehr als Vermögensspeicher als für Zahlungen genutzt werden, seien Dogecoins als Transaktionsmittel geeignet. Deshalb will Cuban beispielsweise den Fanshop und Ticketverkäufe der Mavericks für Zahlungen mit Dogecoins öffnen.

Selbst wenn der Dogecoin so schnell wieder in den Tiefen der Kryptowelt verschwinden sollte, wie er daraus emporstieg, sehen Experten einen Trend zu mehr Vielfalt auf dem Markt. Im Schatten der bekanntesten Cyber-Devise Bitcoin, die zuletzt etwas unter Druck war, erreichte die zweitgrößte Digitalwährung Ether diese Woche Rekordhochs. Bitcoin hat nach Angaben der Analysefirma Coingecko inzwischen nur noch einen Anteil von rund 46 Prozent am gesamten Kryptomarkt. Anfang des Jahres waren es noch 70 Prozent.

dpa

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