Homeoffice und Online-Handel lassen Rechenzentren sprießen

Mit der Schließung von Geschäften, Schulen, Büros und Kinos hat die Corona-Pandemie der Digitalisierung einen kräftigen Schub versetzt. Noch mehr Filme werden über das Internet abgerufen, Produkte online bestellt und Konferenzen per Video abgehalten. Um solche Dienste bereitstellen zu können, mieten die Anbieter Kapazität in großen Rechenzentren.

Ein bundesweiter Schwerpunkt dafür befindet sich in Frankfurt und Umgebung. Das Wachstum der Branche lässt sich hier mit bloßem Auge verfolgen.

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Die Mainmetropole war schon vor der Pandemie deutsche Internethauptstadt. Denn sie beherbergt einen der größten Internetknoten der Welt mit dem Namen DE-CIX, der Dienste unterschiedlicher Anbieter verknüpft. Da räumliche Nähe zu ihm schnelle Datenweiterleitung verspricht, sind um seine verschiedenen Standorte in Frankfurt herum besonders viele Rechenzentren entstanden, besonders im Osten der Stadt.

Insgesamt zählt Frankfurt mehr als 60 unternehmensunabhängige Rechenzentren von mehr als 30 Betreibern, weitere sind in Planung oder werden derzeit gebaut. Man gehöre damit zu den größten Standorten in Europa, erklärt die Stadt.

Die Nachfrage ist ungebremst, wie der Sprecher des Planungsdezernats, Mark Gellert, sagt. Die Stadt begrüße dies, wolle die Entwicklung aber steuern, Wildwuchs begrenzen und verhindern, dass weniger finanzkräftige Gewerbebetriebe verdrängt werden. So sollen die Zentren sich künftig nur noch geballt in Clustern ansiedeln und in Energieeffizienz investieren. Nicht zuletzt sollen die Zentren weniger breit als hoch gebaut und mit Fassaden versehen werden, um das Errichten unansehnlicher Klötze zu verhindern.

Ein ansehnliches, sogar denkmalgeschütztes IT-Gehäuse wird demnächst im Frankfurter Osten umgebaut, am ehemaligen Hauptsitz des Versandhändlers Neckermann. Der Betreiber Interxion will dort mehr als eine Milliarde Euro investieren. Die Einigung mit den Denkmalschutzbehörden wurde erst vor wenigen Tage bekanntgegeben. Entstehen soll das bislang größte Rechenzentrum der Stadt, fertig sein soll das Areal ab dem Jahr 2028.

Der Boom färbt auf Nachbarkommunen wie Offenbach ab, das sich im Osten Frankfurts und damit nah am Internetknoten befindet. Fünf eigenständige kommerzielle Rechenzentren zählt die Stadt bereits, drei weitere sind in Planung. «Rechenzentren steigern die Attraktivität Offenbachs für Unternehmen, denn sie sorgen dafür, dass den Unternehmen in Offenbach jederzeit digitale Dienste schnell und zuverlässig zur Verfügung stehen», sagt Stadtsprecher Fabian El Cheikh.

Die Entwicklung ruft aber auch Kritik hervor. Die Zentren bräuchten viel Fläche und schüfen im Verhältnis nur wenige Arbeitsplätze. Vor allem sticht der immense Energieverbrauch ins Auge, das Frankfurter Netz wird derzeit eigens ausgebaut. Für das laufende Jahr könnten die Zentren Schätzungen zufolge fast doppelt so viel Strom verbrauchen wie alle Haushalte der Stadt im Jahr 2018 zusammen. Auch der Offenbacher Stadtsprecher räumt ein, dass Rechenzentren viel Strom bräuchten und große Abwärme erzeugten. Er gehe aber davon aus, dass Anlagen neuerer Generationen effizienter seien.

Auch mit Blick auf die Erreichung der eigenen Klimaschutzziele sieht Frankfurt im steigenden Stromverbrauch der Branche eine große Herausforderung. Das Planungsdezernat verweist auf Lösungsansätze wie ein Wohngebiet im Gallusviertel, das die Abwärme eines Rechenzentrums als Energiequelle nutzen soll. Gleiches geschehe mit Büros in einem Bankenturm in der Innenstadt und sei auch beim Vorhaben auf dem Neckermann-Gelände vereinbart worden. Zugleich stellte der Magistrat unlängst fest: «Die Technik wird zwar effizienter und stromsparender, aber die Nachfrage wächst schneller als der technische Fortschritt.» Die Branche müsse Wege finden, Energie zu sparen, forderte die Stadtregierung.

dpa

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