Rund 40 Prozent der Unternehmen verzichten laut einem aktuellen Bericht noch immer auf moderne Identity-Governance- und Administration-Lösungen (IGA).
Das ist nicht nur ein organisatorisches Defizit – es ist ein ernstzunehmender Risikofaktor. Denn der Umgang mit digitalen Identitäten ist in vielen Organisationen noch immer ein Flickwerk aus manuellen Abläufen, intransparenten Prozessen und veralteter Technik. Während Cloud-Umgebungen rasant wachsen und Compliance-Anforderungen zunehmen, bleiben zentrale Fragen der Zugriffskontrolle oft ungelöst. An welchen Stellen Unternehmen oftmals offene Flanken haben und wie man Cyberkriminelle mithilfe von modernen IGA-Funktionen die Türen verschließt, klärt dieser Artikel.
Veraltete Systeme stehen neuen Risiken gegenüber
Wer weiterhin auf Legacy-IGA-Systeme setzt, läuft Gefahr, zentrale Sicherheits- und Geschäftsziele zu verfehlen. Ältere Lösungen scheitern an der Komplexität moderner IT-Landschaften: Sie sind kaum skalierbar, lassen sich nur schwer in hybride oder Multi-Cloud-Umgebungen integrieren und verursachen hohe Kosten durch manuelle Pflege und individuelle Programmierung. Typische Folgen: verwaiste Konten (sprich Konten, die über Zugriffsprivilegien verfügen, jedoch nicht mehr genutzt werden), unnötige Berechtigungen, Compliance-Verstöße – und ein deutlicher Kontrollverlust im Risikomanagement.
Zudem fehlen bei vielen Alt-Systemen aktuelle Sicherheitsmechanismen: Sie sind nicht für Zero-Trust-Modelle konzipiert, bilden keine dynamischen Risikoszenarien ab und lassen zumeist auch Themen wie die Verwaltung von nicht-menschlichen Identitäten gänzlich außen vor. Identity Governance ist als zentrales Sicherheits- und Steuerungsinstrument jedoch ein Enabler, der sich kontinuierlich neu justierenden Geschäftsanforderungen anpasst – und kann andererseits zu einem teuren Bremsklotz werden, wenn er nachlässig und als technischer Nachzügler implementiert wird.
Automatisieren statt improvisieren
Modernes Zugriffsmanagement läuft heute nahtlos, transparent und automatisiert ab. Manuelle Prozesse – etwa beim Onboarding, bei Rollenwechseln oder beim Offboarding – sind fehleranfällig, ineffizient und nicht revisionssicher. Automatisierte Workflows hingegen sorgen dafür, dass Zugriffsrechte korrekt vergeben, angepasst und entzogen werden – nachvollziehbar, effizient und regelkonform.
Ein intelligentes Lifecycle Management begleitet digitale Identitäten über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg. Durch die Einbindung von Machine Learning lassen sich Zugangsrollen dynamisch anpassen, statt sie starr zu modellieren. Das beugt menschlichen Fehlern vor, beschleunigt Abläufe und macht Zugriffskontrollen robuster gegen Missbrauch oder Manipulation.
Von Datenflut zur Entscheidungskraft
Viele Unternehmen verfügen zwar über große Mengen an Identitätsdaten – doch mangelt es häufig an Übersicht, Relevanz und Verwertbarkeit. Nur wenn Daten zentralisiert, kontextualisiert und in Echtzeit aufbereitet werden, entsteht daraus echte Governance. Moderne IGA-Plattformen bieten zentrale Dashboards, die Zugriffsinformationen konsolidieren, Compliance-Berichte automatisieren und fundierte Managemententscheidungen ermöglichen.
Die zunehmende Menge an vergebenen Zugriffsrechten über die eigenen Mitarbeiter hinaus macht Unternehmen zu schaffen. Neben externen Mitarbeitern, Partnern und Zulieferern geraten auch Non-Human-Identities wie Serviceaccounts mehr und mehr in den Fokus der Risikosteuerung.
Die Qualität der Management-Entscheidungen hängt entscheidend von der Datenlage ab. KI-gestützte IGA-Lösungen verknüpfen aktuelle Daten mit intelligenten Handlungsempfehlungen und ermöglichen so eine faktenbasierte, situationsgerechte Steuerung. Bauchgefühl darf in der Zugangskontrolle keine Entscheidungsgrundlage sein.
Nutzerfreundlich, integrierbar, zukunftssicher
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Benutzerfreundlichkeit. Intuitive Interfaces, etwa mit natürlichsprachlicher Bedienung oder auch KI-gestützte Vorschläge, senken die Hürden für Anwender und Fachabteilungen – und beschleunigen Prozesse. Identity Governance darf kein rein technisches Thema sein, sondern muss in Geschäftsprozesse eingebettet und für alle Beteiligten zugänglich sein.
Auch die Architektur entscheidet über Erfolg oder Scheitern. Cloud-native Plattformen bieten Skalierbarkeit, Ausfallsicherheit und kontinuierliche Weiterentwicklung. Im Gegensatz zu On-Premises-Installationen lassen sich moderne Lösungen leichter integrieren und dauerhaft betreiben – oftmals ohne aufwändige Programmierung. So wird Identity Governance zum durchgängigen Bestandteil der Unternehmens-IT.
Identity Governance braucht Struktur, nicht Aktionismus
IGA-Projekte scheitern nicht an der Technologie, sondern an der Herangehensweise. Fehlende Planung, mangelnde Ressourcen oder unklare Zielbilder führen zu zähen Rollouts oder stockenden Initiativen. Best-Practice-Frameworks helfen, den Wandel strukturiert anzugehen: mit bewährten Methoden, klaren Verantwortlichkeiten und messbaren Etappen. So wird aus einem technologischen Projekt ein geschäftsstrategischer Hebel.
Fazit: Identitätsmanagement muss raus aus der Komfortzone
Effiziente, sichere und transparente Identitätsprozesse sind keine Zukunftsvision – sie sind bereits heute geschäftskritisch. Wer weiterhin auf manuelle Entscheidungen, fragmentierte Daten und veraltete Systeme setzt, riskiert nicht nur Sicherheitslücken, sondern auch regulatorische Sanktionen und operative Ineffizienzen.
Identity Governance hat die Trendwende zum strategischen Erfolgsfaktor längst in Angriff genommen. Unternehmen, die die Chance ergreifen, alte Strukturen zu hinterfragen, können IGA zum echten Wettbewerbsvorteil in einer kontinuierlich von Veränderung geprägten Geschäftswelt machen.
Autor: Thomas Müller-Martin, Field Strategist DACH bei Omada