Seit dem 1. August 2024 ist der EU AI Act in Kraft – ein Meilenstein in der Regulierung künstlicher Intelligenz. Besonders ab Februar 2025 wird es ernst: Unternehmen müssen dann nachweisen, dass Mitarbeitende, die mit KI-Systemen arbeiten, über ausreichende Fachkompetenz verfügen.
Diese neue Schulungspflicht betrifft nicht nur IT-Abteilungen, sondern nahezu alle Bereiche im Unternehmen.
Mangel an Wissen bremst KI-Nutzung aus
In vielen Betrieben fehlt derzeit das nötige Know-how: Rund ein Drittel der Unternehmen nennen unzureichende Kompetenzen der Belegschaft als zentrales Hindernis bei der Einführung von KI – gleichauf mit Themen wie Datenqualität oder Risikomanagement. Die Datenanalyse-Firma KNIME hat auf Grundlage dieser Herausforderung fünf praxisnahe Empfehlungen für Unternehmen erarbeitet, um die Mitarbeitenden fit für den KI-Alltag zu machen.
Verbot von KI-Tools? Ein gefährlicher Irrweg
Ein generelles Verbot von KI-Anwendungen wie ChatGPT, Gemini oder DeepSeek mag auf den ersten Blick sicher erscheinen – es führt jedoch oft zu einem intransparenten Umgang mit sogenannten Schatten-KIs. Mitarbeitende nutzen Tools dann ohne Kontrolle, was Datenschutz, Sicherheit und Compliance gefährdet.
Statt Verboten braucht es klare Regeln, transparente Kommunikation und Weiterbildung. Beschäftigte müssen verstehen, was KI kann, wie sie funktioniert, welche Daten zulässig sind – und wo Risiken wie Halluzinationen oder Fehlinterpretationen lauern.
Ohne Datenqualität bleibt KI blind
Die Grundlage jeder KI-Anwendung ist die Qualität der eingespeisten Daten. Nur wenn diese aktuell, konsistent und vollständig sind, lassen sich verlässliche Modelle entwickeln. Ebenso entscheidend: Der Mensch bleibt weiterhin zentrale Instanz. Er stellt die Fragen, prüft Ergebnisse und übernimmt Verantwortung – besonders in sensiblen Anwendungsfeldern.
Damit Mitarbeitende präzise mit KI arbeiten können, müssen sie lernen, wie sie kontextbezogene und detaillierte Anfragen formulieren. Unterstützend wirken hier benutzerfreundliche Plattformen mit visuellen Oberflächen, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit fördern.
Neue Rollen erfordern neue Kompetenzen
Mit dem Aufkommen autonomer KI-Agenten, die eigenständig Aufgaben ausführen, entstehen völlig neue Anforderungen an Organisation und Personalstruktur. Diese Systeme interagieren nicht nur, sie handeln: Sie bedienen Tools, treffen Entscheidungen, automatisieren Prozesse.
Die klassische Rollenverteilung greift hier zu kurz. Neue Berufsbilder wie der AI Agent Orchestrator oder AI Product Owner treten in den Vordergrund – ebenso wie sogenannte Data Citizens, die in Fachabteilungen mit Daten arbeiten. Unternehmen sollten proaktiv neue Rollenprofile definieren und gezielte Weiterbildungen anbieten, statt auf spontane Entwicklungen zu warten.
Weiterbildung: Praxisnah statt theoretisch
Lernformate müssen sich an der Realität orientieren. Mitarbeitende benötigen mehr als Tool-Schulungen – gefragt sind praxisbezogene Trainings mit echten Anwendungsfällen, kombiniert mit Materialien, die flexibel einsetzbar sind.
Beispiele sind interaktive Kurse, Inhalte für firmeninterne Lernplattformen oder Selbstlernangebote in verschiedenen Sprachen. Der Bedarf ist hoch: Allein bei KNIME stieg die Nachfrage nach Kursen zur „Nutzung von KI in der Datenarbeit“ 2024 deutlich – ein klarer Indikator für den wachsenden Qualifizierungsdruck.
Lernräume schaffen: Fehler zulassen, Fortschritt ermöglichen
Lernen braucht Freiheit – vor allem bei einem so dynamischen Thema wie KI. Unternehmen sollten daher gezielt Experimentierräume schaffen, in denen Mitarbeitende ohne Druck neue Tools ausprobieren, Erfahrungen austauschen und ihre Kompetenzen entwickeln können.
Solche geschützten Räume fördern nicht nur die Eigeninitiative, sondern auch das Verständnis für die Potenziale und Grenzen von KI-Anwendungen im konkreten Unternehmenskontext.
KI-Kompetenz ist kein Nice-to-have mehr
Wie Rosaria Silipo, KI-Expertin bei KNIME, betont, verfügen viele Unternehmen bereits über wertvolle Grundlagen: Data-Teams, bestehende Infrastrukturen und Fachwissen. Dieses Potenzial muss jetzt gezielt weiterentwickelt werden – vor allem im Hinblick auf autonome Systeme, die zunehmend Aufgaben eigenständig übernehmen.
Wer frühzeitig auf Weiterbildung, Rollendefinition und sichere Rahmenbedingungen setzt, legt den Grundstein für einen verantwortungsvollen und erfolgreichen KI-Einsatz im Unternehmen.