Seit über einem Jahrzehnt fließt ein Großteil des europäischen Venture Capitals in Software – vor allem in SaaS-Modelle. Kein Wunder: Sie gelten als planbar, skalierbar, international schnell ausrollbar.
Doch während die Cloud voll wird von Plattformen und Productivity-Tools, verschärfen sich die Herausforderungen dort, wo Europas Stärke seit jeher liegt: in der Industrie, im Mittelstand, in den Maschinenräumen der Wirtschaft.
Lieferkettenrisiken, Fachkräftemangel, steigende Energiekosten – diese Probleme lassen sich nicht allein mit einer App lösen. Sie erfordern Technologien, die direkt in Produktionshallen, in Logistikprozessen und an den Maschinen ansetzen. Robotik, Automatisierung, Energiemanagement oder Predictive Maintenance sind nicht nur Buzzwords, sondern handfeste Antworten auf strukturelle Probleme. Hier entscheidet sich, ob Europa im globalen Wettbewerb seine industrielle Souveränität behält.
Software skaliert schnell – aber industrielle Lösungen verändern Realitäten
SaaS bleibt ein wertvolles Modell. Aber es ist kein Allheilmittel. Ein ERP-System allein füllt keine Auftragsbücher, wenn Maschinen stillstehen. Eine Plattform für Kollaboration löst nicht den Mangel an Fachkräften in der Fertigung. Und eine AI-as-a-Service kann zwar Prognosen liefern – doch ohne eine Maschine, die tatsächlich produzieren kann, bleibt es bei schönen Dashboards.
Genau hier setzt die nächste Generation von Industrie-Innovationen an: Sie verbinden Software mit Hardware, digitale Steuerung mit physischen Prozessen. Ihr Mehrwert liegt nicht im schnellstmöglichen Wachstum, sondern im echten Impact – weniger Ausfallzeiten, höhere Produktivität, bessere Qualität. Für den Mittelstand bedeutet das: langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die Chance, trotz Fachkräftemangel und Kostendruck handlungsfähig zu bleiben.
Wirkung braucht Geduld – und Kapital, das länger atmet
Die Realität: Industrielle Innovationen folgen anderen Gesetzen als SaaS. Entwicklungszyklen sind länger, regulatorische Hürden höher, der Kapitalbedarf größer. Klassische VC-Logiken, die auf schnelle Exits und Hyper-Growth in fünf Jahren setzen, passen hier selten. Das führt dazu, dass viele europäische Hardware- und Industry-Tech-Startups Kapital nur schwer bekommen – obwohl sie Lösungen für die dringendsten Probleme entwickeln.
Genau deshalb braucht es Investoren und Partner, die langfristig denken. Die nicht nur das nächste Unicorn suchen, sondern den Mittelstand stärken, Märkte stabilisieren und Europas industrielle Basis absichern wollen.
vent.io sieht sich als solcher Partner: Wir investieren nicht, um den schnellen Exit zu suchen, sondern um nachhaltige Wirkung zu ermöglichen. Wir bringen Kapital, Netzwerke und Know-how dorthin, wo Innovation den Unterschied macht – in die Werkhallen des Mittelstands.
Praxisbeispiel Unchained Robotics: Automatisierung für alle
Wie das konkret aussieht, zeigt das Beispiel Unchained Robotics aus Paderborn. Das Startup entwickelt modulare Robotiklösungen, die so einfach zu bedienen sind wie ein Smartphone. Mehr als 300 Unternehmen setzen die Technologie bereits ein – vom klassischen Maschinenbauer bis zu internationalen Kunden.
Mit dem MalocherBot und der Software LUNA wird Robotik zum Plug-and-Play-System: innerhalb weniger Stunden einsatzbereit, ohne Programmierkenntnisse, ohne monatelange Integrationsprojekte. Für den Maschinenbauer ELHA bedeutet das: eine Fertigung, die weitgehend ohne Personal läuft, Engpässe überwindet und flexibel auf Aufträge reagiert.
Das ist kein Silicon-Valley-Versprechen, sondern eine Lösung, die heute in mittelständischen Betrieben funktioniert. Und genau diese Praxisnähe ist entscheidend: Während Software oft MVPs präsentiert, liefern Industry-Tech-Startups mit Pilotprojekten, Installationen und messbarem Impact.
Mehr als Robotik: Wo Europas Industrie Innovation braucht
Unchained Robotics ist nur ein Beispiel. Die Bedarfe sind vielfältig:
Industrie 4.0
- Vernetzte, intelligente Fabriken, die effizienter und flexibler produzieren
- Nutzung von Daten und KI, um Abläufe zu optimieren
Dekarbonisierung
- Recycling und Kreislaufwirtschaft für weniger Abfall und nachhaltige Ressourcennutzung
- Erneuerbare Energien und Batteriespeicher für eine verlässliche Energieversorgung
Zukunftstechnologien
- Halbleiter als Grundlage für digitale Geräte und moderne Technik
- Quantencomputer für schnellere Berechnungen und zur Reduzierung internationaler Abhängigkeiten
All diese Innovationen haben eines gemeinsam: Sie brauchen Investoren, die verstehen, dass es nicht um den schnellen Exit geht, sondern um langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit.
Neue Kapitalmodelle für den Mittelstand
Ja, industrielle Innovationen sind kapitalintensiv. Aber sie schaffen auch Eintrittsbarrieren, die nachhaltige Wettbewerbsvorteile sichern. Wer heute einen Roboter, eine Energiesteuerung oder eine neue Fertigungslösung erfolgreich etabliert, baut ein Fundament, das nicht so leicht kopiert werden kann.
Gleichzeitig gibt es für Startups grundsätzlich eine Vielzahl an Möglichkeiten, Risiken zu teilen – etwa durch Leasingmodelle, öffentliche Förderinstrumente oder Co-Investments mit Corporates.
Die Stärke von vent.io liegt dabei in einer klar abgegrenzten Rolle: Wir bringen klassisches VC-Know-how ein und verknüpfen es mit dem Netzwerk sowie der Finanzierungskompetenz der Deutschen Leasing. Gemeinsam mit über 340 Sparkassen und mehr als 100 OEM-Partnern schaffen wir so für Startups den Zugang zu einem der entscheidenden Hebel für industrielle Verbreitung – Finanzierungsmöglichkeiten, die Investitionen im Mittelstand ermöglichen.
Lösungen statt Visionen – Wirkung statt Hype
Das Ziel ist klar: Wir wollen nicht die nächste App groß machen, die irgendwann in den USA übernommen wird. Wir wollen Technologien groß machen, die den Maschinenbau in Bayern, die Logistik in Nordrhein-Westfalen oder die Produktion in Sachsen absichern.
Es geht um mehr als Kapital. Es geht um Partnerschaften, die Wirkung entfalten. Um Geduld, wo andere auf schnelle Returns drängen. Und um die Überzeugung, dass die großen Probleme unserer Zeit – Fachkräftemangel, Energiewende, Lieferkettenrisiken – nur mit greifbaren industriellen Innovationen gelöst werden können.
Fazit: Europa braucht Mut zur Industrie-Innovation
Die Frage ist nicht, ob Hardware so schnell skalieren kann wie SaaS. Die Frage ist, ob wir es uns leisten können, nur noch auf SaaS zu setzen. Wer heute in Robotik, Automatisierung und Industrie-Tech investiert, verändert nicht nur Prozesse. Er sichert die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands, schafft Arbeitsplätze und stärkt Europas industrielle Souveränität.
Das ist kein Hype, sondern wirtschaftliche Realität. Und genau dafür braucht es Kapital, das langfristig denkt – und Partner, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen.