Was das C-Level wissen sollte

KI in Unternehmensführung und -strategie

Maschinenlernen, KI

Die Unternehmenswelt entwickelt sich rasend schnell, und die Geschwindigkeit, mit der neue technische, gesellschaftliche oder (geo-)politische Entwicklungen den globalen Wettbewerb aufwirbeln, steigt stetig. Gleichzeitig blieben Unternehmenslenkern in den vergangenen Jahren kaum Verschnaufpausen. Wer stehenbleibt, verliert das Rennen. Top-Level-Manager müssen komplexe Strategien heute viel dynamischer entwickeln und umsetzen als früher. Künstliche Intelligenz könnte dafür der entscheidende Hebel sein.

Künstliche Intelligenz hat die Schlagzeilen erobert und dieses Maß an Aufmerksamkeit ist angebracht: KI wird eher früher als später alles verändern, viele Aspekte von Wirtschaft und Gesellschaft revolutionieren und auch Bereiche der Unternehmenswelt auf den Kopf stellen. Das Wertschöpfungspotenzial von KI-Technologien ist immens und die Anwendungsmöglichkeiten im Business-Umfeld von morgen sind heute kaum vollständig abzuschätzen. Allein im IT-Segment ermöglichen KI-basierte Technologien bereits eine schnellere Analyse, Bereinigung, Transformation und Integration von Daten.

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Dass KI ein zunehmend strategischer Faktor für Unternehmen wird, zeichnet sich also bereits seit einigen Jahren ab. Neu ist die Frage, inwieweit künstliche Intelligenz zum Akteur in der Unternehmensstrategie selbst wird. Damit ist nicht gemeint: Die strategische Entscheidung, in welchen Abteilungen und Geschäftsbereichen KI zum Einsatz oder nicht zum Einsatz kommen sollen, sondern wie und in welchem Grad KI an der Entwicklung und Umsetzung von Strategien an sich mitwirken wird. Die Planung und Umsetzung abstrakter Visionen wie „Aufbau eines zu 100 Prozent CO2-neutralen Betriebes“ könnten künftig durch KI mitgestaltet und -implementiert werden. Wird „Kollege KI“ also bald zum „Vorgesetzten KI“? 

Unternehmenswelt im Wandel

Fakt ist: Nicht nur in Deutschland, sondern in zahlreichen Märkten weltweit wissen viele C-Level-Manager:innen heute gar nicht mehr, welchen Brand sie zuerst löschen sollen. Unternehmen sollen schneller, digitaler, agiler und ESG-konformer werden, müssen im „War for Talents“ um Fachkräfte kämpfen und gleichzeitig ihre Lieferketten modernisieren. Parallel bewältigen müssen sie immer häufiger auftretende „Black-Swan“-Ereignisse, die ganze Industrien und Geographien erschüttern: Kriege, Banken-Pleiten, Rezession und Inflation – das wirtschaftliche Zeitalter der großen Unsicherheiten.

Gleichzeitig entwickelt sich auch die Arbeitswelt weiter: Neue Arbeitnehmergenerationen mit neuen Erwartungen drängen in Arbeitswelt und Führungsrollen, während neue Arbeitsmodelle wie die „Gig Economy“, Freelancing, Teilzeitmodelle und Home-Office langsam, aber sicher zum “New Normal” werden. Den Wandel aussitzen zu wollen, ist dabei die falsche Strategie. Niemand kann diese disruptiven Wellen durch „Abwarten und Tee trinken“ überstehen. Das C-Level sollte sich zügig offen in die Augen sehen und fragen: Was, wenn der Sturm nie aufhört? Für dieses Szenario sollten Entscheider schleunigst Pläne schmieden.

Die Zukunft lässt sich nicht mit Strategien der Vergangenheit planen

Das Problem: Bis heute läuft strategische Planung in vielen C-Suites erschreckend naiv ab. Einmal im Jahr setzt sich die Führungsriege (optional mit hochbezahlten externen Beratern) zusammen, es werden Unmengen an internen und externen Informationen gesichtet, KPIs beäugt und es wird viel über die vergangenen Monate philosophiert. Auf dieser Grundlage werden mögliche Perspektiven evaluiert und eingegrenzt, Ziele festgelegt und letztlich strategische Entscheidungen getroffen. Die Neuauflage davon folgt zwölf Monate später – genauso episodenhaft und prosaisch wie im Jahr zuvor. Wenn die Ziele nicht erreicht wurden: Egal, neuer Versuch.

Die moderne Unternehmenswelt mit all ihren Chancen und Herausforderungen passt mit dieser veralteten Strategie-Methodik nicht (mehr) zusammen. Die harte Wahrheit ist, dass Unternehmen deshalb Jahr für Jahr – oftmals immer dann, wenn Flexibilität oder Anpassungsfähigkeit notwendig wären – Unmengen an strategischem Potenzial nicht realisieren. Es gibt in vielen Organisationen jedoch allgemein eine massive Lücke zwischen der Formulierung von Unternehmensvisionen und -strategien und deren faktischer Umsetzung, die sogenannte Strategy Execution Gap.

Verschiedene moderne Management-Methoden, wie zum Beispiel OKRs (Objective and Key Results), zielen darauf ab, diese Lücke zwischen Strategie und Umsetzung zu verringern und die daraus entstehenden Defizite durch Steigerung von Stakeholder-Engagement und -Alignment über die gesamte Organisation hinweg abzufedern. Die eigentlichen Ursachen für das Strategy Execution Gap bekämpfen diese Methoden aber nicht.

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Gesucht: Strategische Agilität

Manager:innen sind mit der Vielzahl an Brandherden zunehmend überfordert. Die dafür notwendige strategische Planung wird zu komplex, und statt dringende Projekte zielführend anzugehen, wird das Strategy Execution Gap immer größer. Wer in Zukunft relevant sein will, muss deshalb strategische Agilität zur Kernkompetenz ernennen. Unternehmen müssen in der Lage sein, schnell auf sich ändernde strategische Prioritäten zu reagieren. Das beinhaltet zum Beispiel die Fähigkeit, operative Pläne, Budgets, Verantwortlichkeiten und Teamstrukturen bei kurzfristigen Strategieanpassungen schnell (!) überarbeiten und neu ausrichten zu können.

Strategische Agilität erstreckt sich auf alle Abteilungen, von der Buchhaltung bis zur IT. Sie bedeutet, dass der Unternehmenserfolg heute nicht mehr nur in der Verantwortung der C-Suite liegt, sondern alle Abteilungen agil ineinandergreifen müssen. Ziel ist, das Strategy Execution Gap nicht nur zu schließen, sondern es grundsätzlich zu beseitigen. Das macht die Sache für Unternehmenslenker nur noch komplizierter.

Gefunden: KI macht effektive Strategieumsetzung zur Strategie

Diese Komplexität einzufangen ist die vielleicht zentralste Rolle, die KI auf Management-Ebene spielen kann. KI-basierte Technologien werden künftig an die Buchhaltung, die Eigenkapitalstruktur und an Finanzkennzahlen angedockt sein, da finanzielle Faktoren für die realistische Planung und Umsetzung von Strategien und Strategieveränderungen in den meisten Fällen eine Grundvoraussetzung darstellen. Auf einer breiteren Ebene wird KI die KPIs und OKRs im Unternehmen monitoren. Sie wird außerdem zum essenziellen Bestandteil im modernen Risikomanagement werden und somit über personelle Kapazitäten, Lagerbestände und Auftragslage informiert sein. Sie wird technologische Defekte an Produktionsmaschinen bemerken, automatisch Wartungen in Auftrag geben und deren Abschluss beobachten. Sie wird Kalender organisieren, E-Mail- und Slack-Nachrichten mitlesen, Miro-Boards interpretieren und Telefonate dokumentieren.

Gießt man diese Möglichkeiten in einen strategischen Kontext, wird generative KI schon deshalb alles verändern, weil sie auf einer völlig anderen Ebene des Stacks funktioniert. Sie wird mit diesen Daten nämlich nicht nur arbeiten, sondern ihre Bedeutung verstehen, potenzielle Schwierigkeiten voraussagen und Lösungen für Probleme anbieten – noch bevor das C-Level weiß, dass es ein Problem gibt.

Beispiel: Die quartals- oder jahresweise Erstellung des Geschäftsberichts. Was bislang mühsam händisch zusammengestellt wird, passiert künftig automatisch – nicht im Abstand von mehreren Monaten, sondern nach Bedarf sogar tagesaktuell. Passend dazu baut die KI noch eine entsprechende Präsentation für den Vorstand und entwickelt eine Agenda mit allen relevanten Tagesordnungspunkten. Eines Tages präsentiert sie vielleicht sogar die Ergebnisse.

Nicht „Vorgesetzter KI“, sondern „strategischer Partner KI“

Doch es geht noch weiter: Sind für die generative KI strategische Visionen und Etappenziele definiert, beispielsweise wie schnell Unternehmensbereiche wachsen oder wie viele Mitarbeiter akquiriert werden sollen, kann sie detaillierte Aktionspläne entwickeln, die auf die vorhandenen Ressourcen abgestimmt sind, und in Echtzeit ihre Umsetzung monitoren. Auf dieser Grundlage können KI-basierte Management-Tools dann nicht nur den Erfolg von Strategien prognostizieren und Ausfallfaktoren frühzeitig bestimmen. Sie können auch eigenständig Maßnahmen und Strategiebausteine vorschlagen, die auf die übergeordneten Unternehmensziele einzahlen und deren Komplexität weiter reduzieren. Durch diese strategischen Möglichkeiten rücken komplexe Initiativen zurück in verständliche und managebare Dimensionen – was nicht laut genug betont werden kann.

Fazit: Was das C-Level wissen sollte

Mit dem Siegeszug von KI wird sich auch vor allem das Aufgabenspektrum von Top-Managern weiterentwickeln. Wesentlicher Bestandteil ihrer Rolle wird es künftig zum einen sein, genau zu wissen, was die Ziele und Anti-Ziele ihres Unternehmens sind und welche spezifischen Telemetriedaten die KI benötigt, um entsprechende Aktionspläne zu erstellen und diese zu monitoren. Zum anderen haben sie dafür zu sorgen, dass die Abteilungen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich permanent möglichst hochwertige Telemetriedaten bereitstellen (können), um die das C-Level unterstützende KI zuverlässig mit den dafür benötigten, tagesaktuellen Informationen zu versorgen. 

Digitalisierungskompetenzen sind im Zeitalter der KI damit nicht nur für IT-Spezialisten, sondern auf der gesamten Führungsebene unverzichtbar. Dadurch schaffen sie nicht nur die Grundlage für bessere, schnellere, datenbasierte Planung und Entscheidungsfindung. Sie ermöglichen gleichzeitig die strategische Agilität und Adaptionsfähigkeit, die es in Zeiten rasanten Wandels für den nachhaltigen Unternehmenserfolg dringender denn je braucht.

Jenny Harald

Jenny

Herald

Quantive

VP Product Evangelism

Jenny Herald ist VP of Product Evangelism in Berlin. Sie repräsentiert in dieser Position bei Quantive primär alle Aspekte von Though Leadership des Unternehmens: Sie ist Sprecherin auf Events, ist Host des Quantive-Podcasts „Dreams with Deadlines“ und sie ist verantwortlich für das Relationship-Management mit Influencer:innen und Analystenhäusern.
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