Warum der wahre Marathon jetzt erst beginnt

Die ePA für alle: Aufbruchstimmung trifft Realitätscheck

epa

Der größte Go-Live in der Geschichte des deutschen Gesundheitswesens ist vollbracht. Ende April 2025 startete mit der “ePA für alle” die kritischste Phase der digitalen Transformation unserer Gesundheitsversorgung.

Für uns, die Architekten und Betreiber digitaler Infrastrukturen, ist dieser Moment mehr als ein politisches Signal – er ist der ultimative Stresstest für die Resilienz und Zukunftsfähigkeit des Systems. Die Aufbruchstimmung ist spürbar, doch die ersten Wochen zeigen: Die Zeit der reinen Planung ist vorbei. Die entscheidende Frage, die jetzt in jeder IT-Abteilung auf dem Tisch liegen muss, lautet: Wie wandeln wir operative Anlaufschwierigkeiten in strategische Vorteile um und lösen das Versprechen eines echten Mehrwerts für Medizin und Gesellschaft ein?

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Die Bewährungsprobe: Performance, Prozesse und die harte Währung der Zeit

Das Echo aus Kliniken und Arztpraxen ist unmissverständlich: Einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Digitalisierung stehen spürbare Hürden im Arbeitsalltag gegenüber. Performance-Engpässe, Latenzen in der PVS-Anbindung und ein administrativer Mehraufwand, der an den Nerven zerrt. Diese Startschwierigkeiten sind keine Überraschung, sondern die Bestätigung einer simplen Wahrheit: Die härteste Währung im digitalen Alltag ist und bleibt die Zeit der Anwender. Ein Tool, das etablierte Workflows ausbremst, wird sich nicht durchsetzen – egal, wie groß sein Potenzial in der Theorie auch sein mag. Das ist mehr als eine Mahnung an uns IT-Entscheider. Es ist unser Kernauftrag, den Fokus unerbittlich von der reinen Funktionserfüllung auf radikale User Experience (UX) und messbare Prozess-Effizienz zu lenken.

Sicherheit: Vom statischen Zertifikat zum permanenten Wettlauf

Die Meldung einer identifizierten und geschlossenen Sicherheitslücke kurz nach dem Start? Für uns Experten ist das kein Alarmsignal, sondern ein Beleg für gelebte Transparenz und funktionierende Abwehrketten. Der Vorfall untermauert eindrücklich: Absolute Sicherheit ist kein Zustand, den man einmal erreicht, sondern das Ergebnis eines permanenten Wettlaufs aus Monitoring, Detektion und Reaktion. Architekturen, die auf “Security by Design” und einem konsequenten Zero-Trust-Ansatz basieren, sind keine Option mehr, sondern die Lizenz zum Betrieb. Das “Sicherheitsversprechen” der ePA ist kein Zertifikat an der Wand, sondern eine operative Daueraufgabe, die proaktive Kommunikation und die ständige Härtung der gesamten Infrastruktur verlangt.

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Der Faktor Mensch: Wie aus passivem Opt-Out aktive Teilhabe wird

Das Opt-Out-Verfahren war ein Booster für die Reichweite, doch es schafft zunächst nur einen Vertrauensvorschuss. Echtes Vertrauen wächst nicht aus einer Zuweisung, sondern aus positiver Erfahrung und erlebter Kontrolle. Der Schlüssel liegt darin, Datensouveränität von einem abstrakten Recht in ein intuitives Erlebnis zu verwandeln. Jeder Bürger muss nicht nur die Erlaubnis, sondern auch die kinderleichte Möglichkeit haben, Zugriffe granular und verständlich zu steuern. Gelingt uns dieser Brückenschlag in den Anwendungen, wird aus passiver Akzeptanz eine aktive Allianz für ein besseres Gesundheitswesen. Erst auf dieser Basis können wertschöpfende Dienste – von der digitalen Medikationsliste bis zur Datenfreigabe für die Forschung – ihr volles Potenzial entfalten.

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Unser Auftrag als IT-Partner: Was jetzt zu tun ist

Die Zeit der Analyse ist vorbei, jetzt beginnt die Phase der aktiven Gestaltung. Als IT-Führungskräfte und Dienstleister müssen wir jetzt an drei Fronten führen:

  • Anwender ins Zentrum rücken: Wir müssen raus aus den Rechenzentren und rein in den Dialog mit Ärzten, Pflegekräften und Apothekern. Nur wenn wir die realen “Pain Points” im Workflow verstehen, können wir Lösungen entwickeln, die echte Effizienzgewinne schaffen, statt neue Lasten zu erzeugen.
  • Ökosystem-Resilienz vorantreiben: Die ePA ist keine Insel. Ihre Stabilität hängt von jedem einzelnen angebundenen System ab. Unsere Aufgabe ist es, unsere eigenen Applikationen und Schnittstellen nach höchsten Standards zu konzipieren und ihre Widerstandsfähigkeit im Gesamtgefüge permanent zu challengen und zu verbessern.
  • Komplexität managen, Expertise liefern: Die ePA-Infrastruktur ist hochkomplex und übersteigt die internen Ressourcen vieler Akteure. Genau hier liegt unsere Stärke. Als erfahrene Partner heben wir durch Beratung, sichere Integration und professionelle Betriebsführung nicht nur das allgemeine Sicherheitsniveau, sondern sorgen auch dafür, dass die Potenziale der Vernetzung endlich ausgeschöpft werden.

Fazit

Der Start der “ePA für alle” war ein mutiger und längst überfälliger Schritt. Die aktuellen Herausforderungen sind kein Grund zur Resignation, sondern ein klarer Arbeitsauftrag. Sie zementieren unsere Überzeugung: Die Digitalisierung kritischer Infrastrukturen gelingt nur, wenn technologische Exzellenz, eine kompromisslose Sicherheitskultur und eine radikale Nutzerorientierung zusammenkommen. Es liegt an uns als Gestalter der digitalen Transformation, diesen Dreiklang zu orchestrieren und das Versprechen eines vernetzten, effizienten und sicheren Gesundheitswesens in die Realität zu überführen. Der Marathon hat begonnen.

Hage

Heike

Hage

Stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin für die Branche Healthcare

msg

Heike Hage ist stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin für die Branche Healthcare bei msg. Mit über einem Jahrzehnt Erfahrung hat Frau Hage sich als Expertin in der Gesundheitsbranche etabliert. Ihre bisherigen Positionen bei AXA und Generali umfassten Führungsaufgaben, Geschäftsmodelle und KI-Initiativen.
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