6 Grundpfeiler der Transformation zum Cloud-Geschäftsmodell

TransformationWer die Umstellung auf ein Cloud-Lösungsangebot nur auf den Vertrieb und ein neues Preismodell reduziert, kratzt nur an der Oberfläche und wird mit der digitalen Transformation langfristig nicht Schritt halten können. Es geht zu Beginn vor allem darum die ersten Grundpfeiler zu errichten, um möglichst schnell Erfolge zu erzielen.

Ein Unternehmen, das sich im Cloud-Geschäft positionieren möchte, sollte sich zunächst folgende Grundvoraussetzungen vor Augen führen:

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  • Eine erfolgreiche Cloud-Vertriebsstrategie betrifft das gesamte Unternehmen, nicht nur die Vertriebsmitarbeiter an vorderster Front.
  • Die Veränderungen im Vertrieb wirken sich weitreichend auf das gesamte Unternehmen aus und sind viel tiefgreifender als auf den ersten Blick ersichtlich.
  • Der Erfolg im Cloud Geschäft erfordert eine auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehung zu Endkunden, die konstant aufrechterhalten und gepflegt werden muss.

Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die Kernbereiche, die sich durch eine Umstellung zu Cloud-Lösungen fundamental verändern werden.

Marketing, das den Kunden aufklärt

Schon heute beginnt die Reise der Kunden keinesfalls erst dann wenn sie sich für eine Lösung entschieden haben. Nein, es liegt in der Verantwortung des Marketingteams potenzielle Kunden schon lange vor einer Entscheidung zu erreichen. Daraus folgend, zählen zu den neuen Aufgaben des Marketings beispielsweise auch die Aufklärung der Kunden und das Erzeugen von umfassendem digitalen Buzz in sozialen Medien, um aktiv Meinungsbildung beim Kunden zu betreiben. In dieser Phase der Akquise gilt es Kunden durch Marketing zu unterrichten und über Produkte zu informieren. Ziel ist es, eine kritische Masse des relevanten Zielpublikums über das Unternehmen und dessen Lösungen zu informieren, damit Kunden dieses im Falle einer Kaufevaluation auch kontaktieren. Oft reicht der Aufklärungsaspekt von Marketing sogar so weit, dass der Kunde den Umgang mit der Software oder die Grundelemente der Bedingung durch gezielte Kommunikation bereits erlernt und versteht. Der steigende Arbeitsaufwand im Bereich Marketing kann sich wiederum dank Digitalisierung zunehmend automatisieren, um bestehende Ressourcen effektiver zu nutzen. Social Media Posts können etwa über Tools wie Hootsuite oder Buffer zentral gesteuert und auf zahlreichen Kanälen zeitgleich gepostet werden.

Produkte & Services, die modular gestaltet sind

Es ist unvermeidlich, dass Produkte und Services eines Unternehmens mit zunehmender Digitalisierung umstrukturiert werden müssen. Erfolgreiche Cloud-Anbieter trennen ihr Portfolio in ihrer Einfachheit und Modularität klar voneinander ab und machen Produkte und Services dadurch individuell beziehbar bis hin zu einem Einzelnutzer. Dies führt im Idealfall zu einem übersichtlichen Produktportfolio, das für den Kunden einfach und verständlich ist und das die Zeiten undurchsichtiger Kosten und Lizenzmodelle Vergangenheit werden lässt. Denn die Kunden von heute verlangen nach transparenten Preismodellen, die keine versteckten Kosten beinhalten. Wenn Unternehmen Leistungen anbieten, die jederzeit kündbar sind, bietet es auch Risikominimierung für Kunden an und verschafft sich somit einen relevanten Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, die dies nicht tun. Dadurch sind die Eintrittsbarrieren für neue Nutzer in Bezug auf Preis, Implementierungsdauer und Lernprozess relativ gering. Gleichzeitig sollte das Produktportfolio so gestaltet sein, dass den Kunden über mehrere Jahre Produkterweiterungen und zusätzliche Add-on Produkte verkauft werden können. Dadurch wird der Customer Life Time Value nachhaltig gesteigert und die Zeit bis zum Break Even verkürzt.

Vertriebsteams, die mit Fokus agieren

Die radikale Umstellung des Preis- und Bezugsmodells von herkömmlicher on-premise Lösungen hin zu modularer Cloud-Software schlägt sich auch in der Organisation des Vertriebsteams nieder. Es ist häufig unvermeidbar, dass in der Übergangszeit ein paralleler Vertrieb beider Lösungsoptionen betrieben wird. Doch auch in diesem Fall sollten die Vertriebsteams getrennt voneinander agieren. Erfahrene Vertriebsmitarbeiter können ihre Trümpfe im on-premise Lösungsverkauf ausspielen, wohingegen jungen Digital Natives die Affinität zu mobilen Online-Lösungen im Vertrieb zu Gute kommt. Im Idealfall nutzen die Vertriebsmitarbeiter die Übergangszeit aktiv, um voneinander zu lernen und ein möglichst effektives Gesamtteam zu etablieren. Denn laut einer Forrester Studie werden bis zu 1 Million B2B Vertriebspersonen durch die zunehmende Automatisierung im eCommerce ihren Arbeitsplatz verlieren. Ein weiterer Grund den Vertrieb zu trennen ist die grundlegend unterschiedliche Bonusstruktur beider Teams. Nur so fühlen sich einzelne Mitarbeiter nicht unfair behandelt. Im on-premise Team werden grundsätzlich große einmalige Geschäftsabschlüsse und Implementierungsprojekte honoriert, während im Cloud-Team die Anzahl der langfristig gewonnen Nutzer honoriert wird. Auch die Adressaten der Vertriebsaktivitäten unterscheiden sich grundlegend. Die Cloud-Lösungen werden zunehmend an die Fachabteilungen verkauft und das Budget generiert sich häufig aus den laufenden Betriebskosten. On-premise Lösungen werden hingegen traditional auf C-Level Ebene positioniert und aus den Bruttoinvestitionen einer Periode in das Anlagevermögen eines Unternehmens finanziert. Dieser Verschiebung muss eine Anpassung der Vertriebsstrategie folgen.

Implementierung, die zum Standard wird

Auch bei der Implementierung von Lösungen muss sich ein bahnbrechender Wandel vollziehen. Die Bereitstellung neuer Lösungen sollte weniger komplex und wenn möglich automatisiert ablaufen. So legt sich der Kunde etwa selbstständig einen Demozugang an und kann die gewünschte Lösung jederzeit testen. Dies trägt entscheidend zur Meinungsbildung und zur Schulung im Umgang mit der Lösung bei und ist eine wichtige Quelle für qualifizierte Leads. Es macht Kunden nicht nur zu aktiven Anwendern sondern verlangt ihnen auch eine Investition ihrer eigenen Zeit ab. Allerdings beeinflusst dieser Vorgang die spätere Kaufentscheidung positiv, da die investierte Zeit sonst als vergeudet angesehen werden müsste. Unternehmen stellt es wiederum vor die Herausforderung vorkonfigurierte und „instanzierbare“ Cloud-Lösungen bereitzustellen. Doch die Investition lohnt sich mit zunehmender Kundenzahl, da der Aufwand für die initiale Instanz der Plattform entscheidend sinkt. Zudem empfiehlt sich für die Beratung dieselbe Zweiteilung wie im Vertrieb. Ein Teil des Beraterteam sollte sich auf die herkömmlichen on-premise Lösungen fokussieren, während das andere sich auf Cloud-Lösungen spezialisiert – mit Aufgaben, die deutlich standardisierter und automatisierter sind. Kundenspezifische Anpassungen sollten auf die vom System angebotenen adaptierbaren Funktionen reduziert und nur in Einzelfällen sollten neue Funktionen auf individueller Basis entwickelt werden. Aufwändige und fehleranfällige Programmierung von Zusatzfunktionen und die Aufwände des „Nachziehens“ bei Releasewechseln gehören damit der Vergangenheit an.

Kunden, die im Mittelpunkt stehen

Alle zuvor genannten Anregungen haben einen gemeinsamen Nenner. Sie stellen den Kunden in den Mittelpunkt des Unternehmens und des Geschäftsmodells. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich die relevanten Kennzahlen auch unweigerlich stark am Kunden orientieren. Die Geschäftsführung sollte deshalb folgende Zahlen als die Kernkennzahlen des Geschäftsmodells betrachten: die Kundenakquise-Kosten, die Kundenabwanderungsrate, der Customer Lifetime Value, sowie die monatlich oder jährlich wiederkehrenden Einnahmen. Zusammen ermöglichen sie eine verlässliche Aussagekraft über den Zustand des Unternehmens und die kontinuierliche Bestrebung diese zu optimieren führt zu einem langfristig erfolgreichen Geschäftsmodell. Neben der Verwendung der richtigen Kennzahlen ist das Angebot an serviceorientiertem und nachhaltigem Support für Kunden ausschlaggebend für den Erfolg. Durch das Wegfallen der initialen Großinvestition muss der Aufwand, der zur Gewinnung des Kunden betrieben wurde, über monatliche Einnahmen refinanziert werden. Dies sollte spätestens nach zwei bis drei Jahren der Fall sein. Wenn die Kundenabwanderungsrate zu hoch ist und zu viele Kunden schon vor Ablauf ihrer Refinanzierung vom Vertrag zurücktreten, hat das ernstzunehmende Folgen für das Geschäftsmodell. Die Wichtigkeit eines nachhaltigen Supports, der eine hohe Kundenzufriedenheit zum Ziel hat, ist also ein weiterer entscheidender Faktor.

Quick Wins, die den Motor zum Laufen bringen

Wer die Umstellung auf ein Cloud-Lösungsangebot nur auf den Vertrieb und ein neues Preismodell reduziert, kratzt nur an der Oberfläche und wird mit der digitalen Transformation langfristig nicht Schritt halten können. Es geht zu Beginn vor allem darum die ersten Grundpfeiler zu errichten, um möglichst schnell Erfolge zu erzielen solange das on-premise Geschäft noch profitabel betrieben werden kann. Das Aufbauen einer Kundenbasis mit monatlich wiederkehrenden Einnahmen benötigt Zeit, um sich selbst zu tragen. Deshalb sollten erste Erfolge gefeiert werden, um andere Mitarbeiter im Unternehmen zu motivieren und eine sukzessive Erweiterung der Transformation zum erfolgreichen Cloud Lösungsverkauf zu ermöglichen.

 Prof. Dr. Dietmar KillianProf. Dr. Dietmar Killian ist Managing Partner des Beratungsunternehmens PDAgroup GmbH und Professor und Fachbereichsleiter „Geschäftsprozess und Unternehmensnetzwerk“ am Management Center Innsbruck (MCI), Österreich.

 

Nicolai BarthNicolai Barth ist Strategy & Analytics Consultant bei der PDAgroup GmbH. 

http://digitalisierung.pdagroup.net/

 

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