Kommentar

Daten- und KI-Strategien müssen den Menschen in den Mittelpunkt stellen

Mensch-Digitalisierung

Viele Verantwortliche konzentrieren sich bei der Einführung von Tools der künstlichen Intelligenz (KI) oder Large Language Models (LLMs) auf eine Aktualisierung der IT. Sie unterschätzen die tiefgreifenden Veränderungen, die diese Technologie auf Mitarbeiter und deren zukünftige Arbeitsweise haben wird.

26 Prozent der im MIT Technology Review Insights Report „Bringing breakthrough data intelligence to industries” befragten Unternehmen investieren bereits in generative KI-Systeme. Bei vielen Unternehmen steht die technische Umsetzung zur Anpassung der Prozesse und zum Einsatz der richtigen Plattform im Vordergrund. Sie erfordert allerdings auch die Etablierung einer Daten- und KI-Kultur. Diese bedarf der Zustimmung der Mitarbeiter, vom Manager bis hin zum Berufseinsteiger.

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Mitarbeiter müssen jedoch verstehen, welchen Wert eine daten- und erkenntnisorientierte Strategie für ihre Arbeit hat. Ihnen muss vermittelt werden, welche Umsätze sie erzielen können und welche Karrieremöglichkeiten sich für sie bieten. Wenn dieses Verständnis erreicht wurde, können Geschäftsführer interne Fürsprecher ernennen. Sie tragen dazu bei, den Widerstand gegen Veränderungen zu verringern und stellen sicher, dass der Modernisierungsprozess erfolgreich startet.

Widerstand muss moderiert werden

Unabhängig davon, wie groß die Auswirkungen auf die Umsätze sind, werden Mitarbeiter skeptisch bleiben. Möglicherweise verwehren sie sich gegen jeden Ablauf, der von ihnen verlangt, von etablierten Prozessen abzuweichen. Sogar Techniker, die den selbst entwickelten Werkzeugen vertrauen, werden wahrscheinlich Widerstand leisten. Die Strategie, die von jedem Mitarbeiter sofort die Verwendung einer neuen Applikation oder eines neuen Prozess verlangt, ist zum Scheitern verurteilt.

Mitarbeiter müssen herausfinden, wie neue, KI-gestützte Tools in ihre gewohnten Arbeitsabläufe passen und – was noch wichtiger ist – welche Auswirkungen sie darauf haben. Viele Unternehmen sind noch dabei, ihre langfristige Strategie für generative KI zu entwickeln. Sie lassen ihre Mitarbeiter jedoch schon jetzt mit einigen der populären LLM-basierten Chatbots auf dem Markt experimentieren. Allerdings geschieht dies auf eine verantwortungsvolle Art und Weise, die nicht dazu führt, dass das geistige Eigentum des Unternehmens direkt in diese Modelle eingespeist wird. Je früher Unternehmen ihren Mitarbeitern einen konkreten Nutzen aufzeigen können, desto schneller werden sie Akzeptanz, Experimentierfreude und daraus resultierend auch Geschäftsergebnisse erzielen.

Demokratisierung des Zugangs zu Daten und KI

Der beste Weg, Mehrwerte aus Daten und künstlicher Intelligenz zu schöpfen, besteht darin, sie dem gesamten Unternehmen zugänglich zu machen. In großen Unternehmen gibt es oft Zehntausende von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Aufgaben. Sie verwenden verschiedene Tools und Systeme, benötigen unterschiedliche Datenanalysen. Projekte bleiben in der Pilotphase hängen, wenn die Erwartungshaltung der Anwender nicht berücksichtigt wird. Führungskräfte sollten sich daher die Zeit nehmen, um zu klären, wer Zugang zu welchen Informationen und Kontrollen haben soll. Sie müssen erklären, welche Unterschiede zwischen der Benutzeroberfläche und dem Datenformat bestehen sowie wo der Return on Investment liegt. Vielen Unternehmen fällt es schwer, präzise Sicherheitskontrollen zu implementieren, um mehr Mitarbeitern den Zugriff auf Informationen zu ermöglichen und gleichzeitig vertrauliche Daten zu schützen. Ohne eine klare Governance-Strategie können CISOs und andere Sicherheitsverantwortliche KI-Investitionen sofort stoppen.

64 Prozent der Befragten des MIT Technology Review Reports sind der Ansicht, dass ihre Datenarchitektur eine sichere plattformübergreifende gemeinsame Nutzung von Live-Daten ermöglicht, und bezeichnen dies als „entscheidend” für das Erreichen ihrer technologischen Ziele. Noch häufiger als technologische Schwachstellen nannten die Manager jedoch personelle Engpässe. Als größtes Problem nannten die Befragten die Notwendigkeit, Mitarbeiter aus- und weiterzubilden (40 Prozent).

Auf der anderen Seite können enorme Produktivitätsgewinne erzielt werden, wenn der Zugang zu KI- und ML-Tools im gesamten Unternehmen demokratisiert wird. Ein gängiges Beispiel in vielen kleinen, aber auch großen Unternehmen ist die Umwandlung von Daten, die in Data Analytics-Berichten dargestellt werden. Vor den KI-Tools war es nicht möglich, den dargestellten Berichtsinformationen die notwendige Semantik und den Kontext zu geben. Mit den neuesten GenAI-Tools ist dies jedoch eine einfache Aufgabe. CIOs möchten Business Intelligence-Einblicke in Form einer Sprachausgabe geliefert bekommen. Ein Beispiel dafür ist ein 8-Minuten-Podcast. Daher sind KI-generierte Audio-Synthesen bei denjenigen sehr beliebt, die viele Berichte mit komplexen Daten lesen müssen. Die Anzahl der E-Mails und der Anfragen nach zusätzlicher Syntax wird erheblich reduziert.

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Kohärenz, Kapazität und Verantwortlichkeit

Um eine Daten- und KI-Strategie einzuführen, können Unternehmen aus verschiedenen Ansätzen wählen. Sie können ein Team einsetzen, das schnelle KI-Projekte durchführt und ermittelt, welche allgemeinen Hindernisse zu bewältigen sind und welche bewährten Verfahren künftige KI-Bemühungen erfolgreich machen. Parallel dazu kann es ein Team geben, das ein bestimmtes vorrangiges Projekt vorantreibt. Ein zentrales Team von Data Engineers und Data Scientists kann der richtige Ansatz sein, um das Fachwissen und den Nutzen im gesamten Unternehmen zu erweitern. Ein zentrales Data Science-Team, das auf die verschiedenen Geschäftsbereiche zugeschnitten ist, kann das operative Wissen dieser Teams nutzen, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. In der Zwischenzeit kann sich ein zentrales Data-Engineering-Team auf eine umfassendere Datenhygiene, Governance und Kuratierung konzentrieren. Dies bietet ein gutes Gleichgewicht zwischen Kontrolle und Autonomie.

Ein zentralisiertes Team kann auch das Monitoring aller laufenden Projekte übernehmen. Befürworter können dann die vielversprechendsten Pilotinitiativen hervorheben und verfügen über Nachweise, um weitere Investitionen in diese Projekte zu unterstützen. Kommen dann neue Technologien auf, könnte das Unternehmen in einer viel besseren Position sein, um sie schneller in Schlüsselbereichen einzusetzen. Für andere Unternehmen könnte wiederum ein dezentraler Ansatz besser geeignet sein. Bei diesem haben verschiedene Abteilungen die Befugnis, um Daten- und KI-Initiativen unabhängig voneinander zu verfolgen. In diesem Fall könnte ein zentrales Team das Unternehmen bei der Einführung von Kontrollen, Richtlinien, Rahmenbedingungen und bewährten Verfahren unterstützen. Ist diese Grundlage erst einmal geschaffen, können Mitarbeiter eigenständig weiterarbeiten.

Unternehmen nutzen dann die Kreativität und das Fachwissen ihrer Mitarbeiter. Gleichzeitig  gewährleisten sie eine gewisse Standardisierung der verschiedenen Daten- und KI-Projekte.

Erwartungen setzen

Um eine erfolgreiche Daten- und KI-Strategie voranzutreiben, muss sich das Verhalten ändern. Und diese Änderung der Arbeitsweise basiert auf Kommunikation. Führungskräfte müssen ihren Unternehmen helfen zu verstehen, warum der Wandel stattfindet, wie er sich auf das Unternehmen auswirkt und wie die Mitarbeiter auf dem Weg dorthin Feedback geben können. Letzteres ist von entscheidender Bedeutung, jeder Versuch, technologische Veränderungen einfach durchzusetzen, kann auf heftigen internen Widerstand stoßen. Kommunikation muss auf allen Managementebenen stattfinden. Zwei grundlegende Elemente jeder Kommunikation sollten die Erinnerung an die strategische Bedeutung von Daten und KI für das Unternehmen und an bewährte Verfahren oder „Lessons Learned“ sein. Ein solider Kommunikationsplan kann dazu beitragen, gute Praktiken zu verstärken und den Kurs zu korrigieren, wenn die Dinge nicht gut laufen. Der Kommunikationsplan sollte über mehrere Kanäle und häufig im Laufe der Zeit verbreitet werden. Die Daten- und KI-Strategie sollte sich in E-Mails, Newslettern, All-Hands, Wissensmanagementsystemen und Datenbereitstellungsveranstaltungen widerspiegeln. Es geht für Manager darum die Mitarbeiter dort abzuholen, wo sie am liebsten lernen.

Das Team schulen und fördern

Der technologische Wandel bedeutet, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter nie auslernen. Die Fähigkeit eines Unternehmens, eine Kultur des kontinuierlichen Lernens in Bezug auf neue Daten- und KI-Technologien zu schaffen, wird kurzfristig zu Ergebnissen führen und gleichzeitig das Unternehmen auf eine langfristige Übernahme vorbereiten.

Diese Lernbemühungen sollten viele verschiedene Formen annehmen:

  • KI zur Schulung in KI: Unternehmen können ihre KI-Reise damit beginnen, dass sie die Technologie nutzen, um ihre Mitarbeiter in KI zu schulen. Durch den Einsatz von Modellen, die ein Lernkonzept in viele verschiedene Outputs umwandeln können, z. B. eine Infografik, ein Whitepaper oder ein TikTok-Video, das bei verschiedenen Zielgruppen Anklang findet.
  • Kommunikation ist der Schlüssel: Manager müssen dafür sorgen, dass im Unternehmen regelmäßig über Daten und KI gesprochen wird. Dies kann die Einrichtung interner Communities oder Gruppen bedeuten, die sich mit der Technologie befassen. Des Weiteren zählen auch Foren hinzu, in denen Mitarbeiter bewährte Verfahren austauschen oder Antworten auf häufig gestellte Fragen erhalten können. Regelmäßige Highlights von Erfolgsgeschichten, um die Begeisterung für Daten und KI aufrechtzuerhalten gehören ebenso dazu.
  • Angebot von vielen verschiedenen Lernmöglichkeiten: Einige Mitarbeiter möchten sich durch Lernplattformen klicken, andere bevorzugen Kurse mit Dozenten. Manche Mitarbeiter wollen nur einen kurzen Workshop, der ihnen die Grundkenntnisse vermittelt, die sie für den Einstieg benötigen, während andere eine Zertifizierung für Fortgeschrittene anstreben. Unternehmen sollten all diese unterschiedlichen Wege unterstützen, um den Erfolg zu gewährleisten.
  • Kulturelle Stärkung und Sicherheit: Nicht jedes Daten- und KI-Projekt wird ein Erfolg. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, auf sichere und finanziell verantwortliche Weise mit der Technologie zu experimentieren. Hackathons sind zum Beispiel eine gute Möglichkeit, mehr Forschung am „blauen Himmel” zu fördern. Mitarbeiter, die Daten und künstliche Intelligenz nutzen und ihre Ergebnisse sowie Innovationen präsentieren, um andere zu inspirieren, sollten anerkannt und belohnt werden. Die Anpassung von Stellenbeschreibungen mit einem stärkeren Fokus auf Daten und KI trägt dazu bei, die Rolle der Technologie im Unternehmen zu stärken.
  • Groß denken: Nicht nur Führungskräfte auf der Geschäftsführungsebene oder die technisch versiertesten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Umgang mit Daten und KI geschult. Der Erfolg hängt von der Nutzung durch die oberste Führungsebene bis hin zu den Mitarbeitern ab. Die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sollten dies widerspiegeln.

Schlussfolgerung

Die unternehmensweite Skalierung von Daten und künstlicher Intelligenz ist eine der größten Herausforderungen für moderne Technologien. Sie kann Führungskräfte leicht überfordern und IT-Teams an den Rand der Belastbarkeit bringen. Wenn Unternehmen sich von Anfang an die Zeit nehmen, nicht nur über die KI-Infrastruktur, sondern auch über die organisatorischen Anforderungen nachzudenken, können sie Daten und KI nahtlos in ihr gesamtes Unternehmen integrieren.

Dael Williamson, Field CTO bei Databricks

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