Elektronische Identitätskarten

Schweizer stimmen knapp für E-ID

Digital ID

In einem denkbar knappen Referendum haben sich die Schweizer Bürger für die Einführung von E-ID-Karten ausgesprochen.

Die Schweizer Stimmberechtigten haben sich am Sonntag mit 50,4 Prozent für elektronische Identitätskarten ausgesprochen, während 49,6 Prozent dagegen votierten. Die Wahlbeteiligung lag bei 49,55 Prozent und fiel damit höher aus als erwartet. Für die wichtigsten politischen Parteien des Landes, die das Projekt mehrheitlich unterstützt hatten, bedeutet das knappe Ergebnis eine Erleichterung.

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Beide Kammern des Schweizer Parlaments hatten der E-ID-Vorlage mit deutlichen Mehrheiten zugestimmt, und auch die Regierung hatte eine Ja-Empfehlung ausgesprochen. Das nun verabschiedete Konzept stellt bereits die zweite Version dar: 2021 hatten die Schweizer einen früheren Entwurf abgelehnt, hauptsächlich wegen der vorgesehenen Beteiligung privater Unternehmen am System.

Staatliche Lösung statt privatwirtschaftlicher Anbieter

Als Reaktion auf die damaligen Bedenken wird nun der Schweizer Staat selbst die E-ID bereitstellen. Die digitale Identität bleibt freiwillig und wird kostenfrei zur Verfügung gestellt. Nach Angaben der Behörden soll die E-ID es Bürgern erleichtern, ihre Identität im Internet nachzuweisen – etwa beim Zugang zu Behördendiensten oder bei Altersverifikationen, beispielsweise beim Alkoholkauf.

Die an ein Smartphone gekoppelte E-ID lässt sich auch offline nutzen, etwa zur Kontoeröffnung bei Banken oder zur Altersprüfung in Bars und Clubs. Aus Sicherheitsgründen ist die E-ID an ein einzelnes Gerät gebunden; bei einem Gerätewechsel muss eine neue E-ID beantragt werden. Parallel bleibt der klassische physische Ausweis weiterhin verfügbar. Ab Ende kommenden Jahres wird zusätzlich ein Ausweis mit biometrischen Daten in Form von Fingerabdrücken angeboten.

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Datenschutzbedenken und Überwachungsängste

Kritiker des E-ID-Systems warnten vor Datenschutzproblemen und einer möglichen Ausweitung staatlicher Überwachung. Zudem befürchten sie, dass das zunächst freiwillige System später verpflichtend werden und Menschen ohne Smartphone benachteiligen könnte. Das Referendum kam zustande, nachdem eine Koalition aus rechten und datenschutzorientierten Parteien mehr als 50.000 Unterschriften gegen die E-ID gesammelt hatte.

Der Politikwissenschaftler Lukas Golder erklärte gegenüber dem Schweizer Fernsehen SRF, seit der Corona-Pandemie sei ein wachsendes Misstrauen gegenüber staatlichen Lösungen zu beobachten, insbesondere in konservativen Regionen.

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Anschluss an europäische Entwicklungen

Die Regierung argumentierte, eine digitale Identität stärke die Schweizer Wirtschaft, indem das Nicht-EU-Land mit seinen Nachbarn gleichziehe. Bis Ende 2026 sollen alle EU-Bürger über eine digitale Wallet verfügen können, in der Personalausweise, Führerscheine und Universitätsdiplome digital gespeichert werden. Die EU-Lösung basiert auf quelloffenem Code und wird derzeit von 550 Behörden und Unternehmen in der EU sowie in Norwegen, Island und der Ukraine getestet.

Einige Länder sind bereits weiter: Estland nutzt seit über zwei Jahrzehnten E-ID-Karten für Online-Wahlen, digitale Signaturen, Behördenzugriff und Online-Shopping. In der Ukraine verwenden laut offiziellen Angaben 14 Millionen Menschen die Diia-App, über die sich digitale Dokumente speichern und staatliche Dienstleistungen wie Bußgeldzahlungen oder Führerscheinaktualisierungen abwickeln lassen.

Die Abstimmung fand zeitlich kurz nach der Ankündigung der britischen Regierung statt, digitale ID-Karten einzuführen, die in den digitalen Wallets von Smartphones gespeichert werden sollen. Dort formiert sich allerdings erheblicher Widerstand: Über 1,6 Millionen Menschen haben eine Petition gegen die bis 2029 für Arbeitnehmer geplante Pflicht-E-ID unterzeichnet.

Lars

Becker

Redakteur

IT Verlag GmbH

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