Warum das europäische Projekt für digitale Souveränität alles andere als gescheitert ist und bereits Ergebnisse zeigt.
In den vergangenen Wochen haben sich kritische Stimmen gemehrt, die behaupten, Gaia-X sei „gescheitert“ oder „tot“. Diese Einschätzungen beruhen häufig auf einem Missverständnis der Rolle und der Ziele von Gaia-X – und sie übersehen die erheblichen Fortschritte, die in Deutschland und ganz Europa bereits erzielt wurden.
Gaia-X ist kein Hyperscaler und war auch nie als solcher gedacht. Es ist kein „europäisches Amazon“. Gaia-X ist vielmehr ein Rahmenwerk – eine Kombination aus technischen Spezifikationen, Governance-Regeln und Compliance-Tools –, das es Unternehmen und Institutionen ermöglicht, Daten souverän, interoperabel und vertrauenswürdig zu teilen.
Die Debatte über digitale Souveränität ist aktueller denn je. Deutschland und Europa benötigen digitale Infrastrukturen, die auf europäischen Werten beruhen – Transparenz, Offenheit, Datenschutz und Interoperabilität. Genau das ist die Mission von Gaia-X.
Und diese Mission wird bereits verwirklicht: In Deutschland sind mehr als 14 branchenspezifische Arbeitsgruppen im Gaia-X Hub Deutschland aktiv – von der Gesundheitswirtschaft bis zur Mobilität. In ganz Europa nutzen über 180 Anwendungsfälle das Gaia-X Rahmenwerk, darunter Initiativen wie Catena-X, Pontus-X und Mobility Data Space. Diese Datenräume ermöglichen CO₂-Bilanzen in der Lieferkette, nachhaltige Produktionsprozesse und innovative, datengetriebene Geschäftsmodelle – insbesondere für den deutschen Mittelstand.
Ein häufig genannter Kritikpunkt ist die Beteiligung großer US-Cloud-Anbieter. Doch auch hier zählen die Fakten: Gaia-X schließt niemanden aus – aber alle, die teilnehmen, müssen sich an die Spielregeln halten. Das bedeutet die Einhaltung europäischer Datenschutzgesetze, Transparenz bei der Datenverarbeitung sowie Garantien für Portabilität und Reversibilität. So schafft Gaia-X faire Wettbewerbsbedingungen – auch für kleine europäische Anbieter.
Was Gaia-X liefert, ist kein fertiges Produkt, sondern ein Rahmen, in dem ein digitales Europa aufgebaut werden kann: föderiert, sicher und innovativ. Das ist zweifellos komplexer, als eine zentrale, proprietäre Plattform zu schaffen. Doch wer langfristige digitale Unabhängigkeit anstrebt, muss diese Komplexität in Kauf nehmen.
Aktuelle Entwicklungen wie der European Health Data Space (EHDS) und das Cloud & AI Development Act zeigen deutlich, dass Europa eigene Standards entwickelt – und Gaia-X ist ein zentraler Bestandteil dieser Entwicklung.
Die Schlussfolgerung ist klar: Gaia-X lebt. Es entwickelt sich weiter – mit seiner Community, mit Industrieprojekten und mit europäischen sowie internationalen Partnern. Die deutsche Politik wäre gut beraten, nicht neuen Schlagwörtern hinterherzulaufen, sondern in das zu investieren, was bereits existiert und funktioniert. Gaia-X ist kein Prestigeprojekt – es ist das Fundament für Europas digitale Zukunft.
Autor: Ulrich Ahle, CEO der Gaia-X Association AISBL