Nur drei Prozent der Unternehmen nutzen KI heute umfassend im Finance – trotz idealer Voraussetzungen. Der Engpass liegt selten an der Technologie selbst, sondern an fehlenden Strukturen. Wer seine Infrastruktur modernisiert, macht Finance zum strategischen Motor der KI-Transformation.
KI im Backoffice: Welche Infrastruktur Finance-Teams wirklich brauchen
In vielen Unternehmen bildet die Finanzabteilung das Herz operativer Abläufe und gleichzeitig den größten ungehobenen Schatz für digitale Transformation. Prozesse sind klar strukturiert, Daten liegen in hoher Qualität vor und Entscheidungen müssen täglich auf Basis verlässlicher Informationen getroffen werden. Eigentlich wären das perfekte Bedingungen für den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Doch die Realität sieht anders aus: Eine aktuelle YouGov-Befragung im Auftrag von Circula zeigt, dass nur drei Prozent der Finanzabteilungen KI heute umfassend nutzen, während 29 Prozent bislang gar keine KI einsetzen und weitere 22 Prozent in Pilotprojekten feststecken. Die Voraussetzungen sind vorhanden, aber die Technologie wird nicht konsequent produktiv gemacht.
Problem: Operativer Druck trifft auf fehlende Infrastruktur
Die Studie macht deutlich, wie groß die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist. Automatisierung steht ganz oben auf der Agenda: 38 Prozent der befragten Fachkräfte nennen Prozessautomatisierung als eine der drei wichtigsten Investitionsprioritäten ihrer Finanzabteilung, 40 Prozent sehen sie als zentralen Treiber der Transformation. Gleichzeitig entfällt im Durchschnitt etwa ein Viertel der Arbeitszeit auf manuelle Dateneingaben, fast ein weiteres Viertel auf Rechnungsbearbeitung sowie ein Fünftel auf Analyse von Finanzdaten. Manuelle Routinen binden Ressourcen, die eigentlich für Steuerung, Planung und Beratung gebraucht würden.
Viele Finanzabteilungen befinden sich damit in einem Spannungsfeld. Einerseits sollen sie Kosten senken, Risiken besser managen und die strategische Rolle ausbauen. Andererseits fehlt ihnen die Zeit, sich aus dem Tagesgeschäft zu befreien. Hinzu kommt, dass in zahlreichen Organisationen die Rolle der Finanzfunktion selbst im Wandel ist: Ein Teil der Befragten beschreibt sie weiterhin als transaktional oder operativ-taktisch, ein anderer Teil sieht sie bereits als strategischen Geschäftspartner. Der Übergang zeigt, dass Finanzabteilungen ihre Daten und Abläufe neu denken müssen, um die wachsenden Erwartungen an Transparenz, Steuerungsfähigkeit und strategische Wirkung tatsächlich erfüllen zu können.
Mehrwert: Wie KI Finance entlastet und Unternehmen stärkt
Das Potenzial einer KI-gestützten Finanzfunktion ist enorm, sobald die Grundlagen stimmen. Moderne Systeme können Rechnungsdaten automatisch auslesen und validieren, Belege und Ausgaben intelligent kategorisieren, Unstimmigkeiten und Ausreißer frühzeitig erkennen und so die operative Arbeit massiv entlasten. Analysen, die früher nur am Monatsende möglich waren, lassen sich auf Knopfdruck in nahezu Echtzeit erstellen.
Für Unternehmen bedeutet das nicht nur Effizienzgewinne, sondern vor allem eine bessere Entscheidungsbasis. Wenn Finanzabteilungen nicht mehr jede Zahl händisch nachpflegen müssen, können sie sich auf die Fragen konzentrieren, die wirklich zählen: Welche Kunden und Produkte sind profitabel? Wo entstehen versteckte Risiken? Welche Investitionen zahlen am stärksten auf die Unternehmensstrategie ein? KI im Finance ist damit kein Selbstzweck, sondern ein Hebel, um das Unternehmen resilienter, schneller und anpassungsfähiger zu machen.
Innovationspotenzial: Was Finance wirklich braucht, um KI produktiv zu machen
Dass KI im Finance bislang nicht flächendeckend angekommen ist, liegt nicht an fehlenden technologischen Möglichkeiten. Die Algorithmen sind vorhanden, die Tools verfügbar, und Anwendungsfälle sind in vielen Bereichen erprobt. Eine entscheidende Hürde ist die Infrastruktur. In der Praxis arbeiten Finanzabteilungen häufig mit gewachsenen Systemlandschaften: ein ERP hier, ein HR-System dort, Kreditkarten über die Hausbank, Tabellen und manuelle Workarounds. Datenmodelle unterscheiden sich, Schnittstellen fehlen oder sind nur rudimentär vorhanden.
Damit KI ihren Nutzen entfalten kann, müssen Unternehmen zunächst eine belastbare Grundlage schaffen. Dazu gehören einheitliche Datenmodelle, integrierte Systeme, API-Schnittstellen und End-to-End-Prozesse, in denen Informationen ohne Medienbrüche fließen können. Wo Freigaben, Prüfungen und Buchungen bislang von Hand erfolgen, entstehen Verzögerungen und Fehlerquellen. Eine moderne, KI-fähige Infrastruktur sorgt dagegen dafür, dass Daten konsistent vorliegen, Workflows klar definiert sind und Systeme sich über Schnittstellen austauschen. Erst dann wird aus KI ein produktiver Bestandteil des Tagesgeschäfts und nicht nur ein weiteres Pilotprojekt.
Alleinstellung: Finance als natürliches Nervenzentrum der KI-Transformation
Kaum ein anderer Bereich verfügt über eine so vollständige und geschäftskritische Datenbasis wie die Finanzfunktion. Hier laufen Informationen zu Umsatz, Kosten, Investitionen, Liquidität und Risiken zusammen. Diese Position macht Finance zu einem natürlichen Kandidaten für die Rolle eines „Nervenzentrums“ der KI-Transformation. Wenn KI in der Finanzabteilung dazu beiträgt, Prozesse zu automatisieren, Entscheidungen zu beschleunigen und Transparenz zu schaffen, wirkt sich das auf das gesamte Unternehmen aus.
Viele CFOs sehen genau darin ihre zukünftige Aufgabe: nicht nur Zahlen liefern, sondern aktiv mitgestalten. KI unterstützt diese Entwicklung, indem sie Routinetätigkeiten reduziert und Kapazitäten für wertschöpfende Aufgaben freimacht. Eine Finanzfunktion, die konsequent automatisiert und datengetrieben arbeitet, wird zum Vorbild für andere Bereiche. Sie kann zeigen, wie sich KI Schritt für Schritt einführen lässt, welche Infrastruktur nötig ist und wie Governance, Compliance und Transparenz gewahrt bleiben.
So starten Finanzteams jetzt
Trotz der klaren Vorteile gibt es Hürden, die Unternehmen ernst nehmen. In der Befragung werden Datenqualität, fehlendes Fachwissen, rechtliche Unsicherheit und Compliance-Bedenken als zentrale Herausforderungen genannt. Diese Punkte lassen sich jedoch nicht lösen, indem Unternehmen KI aufschieben, sondern nur, indem sie gezielt Kompetenzen und Strukturen aufbauen. Wer zu lange zögert, riskiert, im Wettbewerb zurückzufallen. Manuelle Prozesse sind nicht nur fehleranfällig und langsam, sie machen Unternehmen auch schwerfälliger in der Reaktion auf Marktveränderungen.
Gerade deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Infrastrukturfrage zu klären. Die Technologie ist verfügbar, die Anwendungsfälle sind bekannt, und der Druck zur Effizienzsteigerung steigt. Unternehmen, die ihre Finanzprozesse heute konsequent automatisieren, schaffen die Basis für eine Finanzfunktion, die ihre Rolle als strategischer Partner wirklich ausfüllen kann. Der Weg aus dem Pilotmodus führt über klare Entscheidungen: Systeme modernisieren, Daten integrieren, Prozesse vereinfachen und letztlich Finance so aufstellen, dass KI nicht mehr Experiment, sondern selbstverständlicher Teil des Backoffice wird.