Transparenz in der Cloud-Infrastruktur war lange eine freiwillige Kür. Jetzt wird sie zur Pflicht – und zum strategischen Erfolgsfaktor.
Von der ISO-zertifizierten Cloud über die CO₂-Bilanz bis zur Hosting-Souveränität: Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, ihre digitale Infrastruktur offen zu legen – nicht nur aus Compliance-Gründen, sondern auch aus wirtschaftlichem Eigeninteresse. Die neue Regulatorik, insbesondere die EU-Richtlinie zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der dazugehörige ESRS E1-6 Standard, fordert detaillierte Nachhaltigkeitsberichte.
Besonders im Fokus: Emissionen, Energiequellen und Reduktionsziele in der Cloud.
Transparenz: Der blinde Fleck im SaaS-Ökosystem
Cloud-Infrastrukturen gelten als Motor der digitalen Transformation. Sie sind flexibel, skalierbar und in Echtzeit erweiterbar und bieten damit Potenzial für echtes Wachstum. Doch mit der Verlagerung von Prozessen, Daten und Geschäftslogik in die Cloud ist ein struktureller Kontrollverlust verbunden:
- Welche Services werden innerhalb der Infrastruktur genutzt?
- Wie sind sie miteinander vernetzt und welche Schnittstellen entstehen daraus?
- Wo liegen sensible Daten?
- Wer ist für Betrieb, Sicherheit und Nachhaltigkeit verantwortlich?
Ohne klare Antworten auf diese Fragen können weder IT-Verantwortliche noch Unternehmensleitungen fundierte technische oder strategische Entscheidungen.
Transparenz in der Cloud-Infrastruktur wird damit zum zentralen Erfolgsfaktor: für die Steuerbarkeit von IT-Kosten, für Cybersicherheit, für regulatorische Compliance und zunehmend auch für ökologische Verantwortung.
Laut der aktuellen Yorizon-Studie zur Transparenz in der Cloud-Infrastruktur bleibt dieses zentrale Thema derzeit aber noch weit hinter seinen Möglichkeiten und den modernen Anforderungen zurück. Der Analyse zufolge geben zwar 77 % der befragten SaaS-Unternehmen an, öffentlich Angaben zum Cloud Hosting zu machen, doch nur 6 % der Unternehmen kommunizieren vollständige Transparenz zu ihrer IT-Infrastruktur in Form von Standortdaten, Sicherheitsmechanismen und Infrastrukturpartnern. Gerade einmal 7 % nutzen ihre Transparenzdaten aktiv als sichtbares Trust-Signal und lassen damit einen wertvollen Hebel im internationalen Wettbewerb ungenutzt.
(Quelle: https://yorizon.com)
Diese Zurückhaltung hat Folgen: Denn Transparenz ist längst kein technisches Detail mehr – sie wird zum Entscheidungskriterium für Kunden, Investoren und Fachkräfte. Das zeigt sich auch in der Ausschreibungspraxis: Immer mehr Unternehmen verlangen valide Nachhaltigkeitskennzahlen, bevor sie sich für einen Anbieter entscheiden. Fehlende Transparenz kann so schnell zum Ausschlusskriterium werden und das unternehmerische Wachstum ausbremsen.
CSRD und ESRS E1-6: Nachhaltigkeitspflichten mit IT-Auswirkungen
Mit der CSRD, die 2024 in einer aktualisierten Fassung in Kraft trat, und den konkreten Offenlegungspflichten des Standards ESRS E1-6 rücken Cloud-Emissionen explizit in den Fokus der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Unternehmen müssen fortan nicht nur den Energieverbrauch ihrer Rechenzentren dokumentieren, sondern auch deren Emissionsquellen offenlegen – und zwar differenziert nach Service, Standort oder Partner.
Um den neuen Transparenzkriterien gerecht zu werden, müssen Unternehmen nicht nur dokumentieren und offenlegen, ob Strom aus erneuerbaren Energien bezogen wird, sondern wie: Ist der Strom physisch grün oder nur bilanziell durch Zertifikate gedeckt? Welche Klimaziele gelten für die eigene IT-Infrastruktur? Wie wird deren Erreichung gemessen und reportet?
Diese Anforderungen zeigen: Nachhaltigkeit und digitale Infrastruktur sind nicht länger getrennt zu denken.
Green IT trifft auf Compliance und wird zur Visitenkarte
Der Druck auf Unternehmen entsteht nicht nur durch die angepassten Regularien der EU-Kommission. Auch Investoren, so die Ergebnisse der Yorizon-Studie, prüfen heute im Rahmen der Due Diligence gezielt ESG-Daten, darunter auch die Cloud-Nutzung. Wer keine belastbaren Zahlen liefern kann, riskiert den Zugang zu Kapitalflüssen.
Gleichzeitig wirkt sich transparente Kommunikation auch auf das Recruiting aus: Gerade Fachkräfte in Tech-Berufen wollen wissen, wie nachhaltig und verantwortungsbewusst ein Unternehmen agiert. Das gilt auch uns vielleicht besonders für die digitale Ausrichtung moderner Akteure am Arbeitsmarkt.
In der Praxis bedeutet das: Unternehmen können es sich nicht länger leisten, sich ausschließlich auf die Optimierung interner Prozesse zu konzentrieren. Sie müssen ihren Fokus zunehmend auf die öffentlichkeitswirksame Kommunikation folgender zentraler Aspekte legen:
- CO₂-Emissionen der Infrastruktur (nach Standort und Nutzung)
- Verwendete Energiequellen, mit Differenzierung zwischen bilanziell und physisch grünem Strom
- Klimaziele für die digitale Infrastruktur, inklusive messbarer Fortschritte
Damit sich Transparenzinformationen als Wettbewerbsfaktor positiv entfalten können, dürfen sie nicht im Kleingedruckten verschwinden, sondern verdienen einen prominenten Platz auf dedizierten Landingpages. So werden die an Relevanz gewinnenden Fakten einer breiten Zielgruppe zugänglich gemacht und können Unternehmen dabei unterstützen, ihr Potenzial besser auszuschöpfen.
Wichtige Hebel strategisch einsetzen
Die Yorizon-Studie kommt zu einem klaren Schluss: Unternehmen, die ihre Cloud-Infrastruktur nachvollziehbar dokumentieren und kommunizieren, verschaffen sich ein strategisches Alleinstellungsmerkmal. Sie stärken Vertrauen, senken Compliance-Risiken und sichern sich Wettbewerbsvorteile in einem zunehmend ESG-getriebenen Marktumfeld.
Infrastruktur wird so zum Teil der Markenidentität – und Transparenz zur zentralen Kompetenz auf stark umkämpften Märkten. Besonders Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie mit IT-Controlling und Marketing verknüpfen, profitieren doppelt: Sie optimieren interne Prozesse und steigern gleichzeitig ihre Außenwirkung.
Die neue Regulatorik schafft Fakten. Unternehmen, die Transparenz über ihre Cloud-Infrastruktur heute noch nicht ausreichend auf dem Schirm haben, geraten morgen in Zugzwang. Dabei ist die Umsetzung kein Selbstzweck, sondern bietet echte Mehrwerte: von besserer Ressourcenplanung über fundierte Entscheidungsprozesse bis hin zu einem glaubwürdigen ESG-Profil.
So wird Transparenz nicht zum Risiko, sondern zum Differenzierungsmerkmal. Wer Cloud-Infrastrukturen heute offenlegt, gestaltet die Green IT von morgen – rechtskonform, resilient und reputationsstark.