Wandel im Unternehmen: Wie Mitarbeiter ihre Verhaltensmuster durchbrechen

Neuanfang online„In sechs Schritten auch das Herz der Mitarbeiter gewinnen für neue Arbeitsabläufe!“ 

Seit Wochen feilte der Projektmanager an den neuen Arbeitsabläufen. Er sollte die Auftragsabwicklung seines Unternehmens vereinfachen und beschleunigen. Ein Detail seiner Pläne brachte vier Mitarbeiter der Buchhaltung auf die Barrikaden. Der Stein des Anstoßes: Die Mitarbeiter prüften im „stillen Kämmerchen“ Vertragsunterlagen, die ihnen die Kunden übersandten. Bei Unstimmigkeiten klärten die Vertriebsleute mit dem Kunden offene Punkte – so war es bislang. Zukünftig jedoch sollten die Vertragsspezialisten selbst Abteilungsleiter von Konzernen anrufen und die Unterlagen diskutieren. „Die bisherigen Regelungen haben uns doch Erfolg gebracht“, beschwerten sich die vier Vertragsspezialisten, weshalb sollen wir uns jetzt noch mit den Kunden auseinandersetzen?“ 

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Dies ist kein Einzelfall. Mit verblüffender Zähigkeit wehren sich Mitarbeiter gegen neue Arbeitsweisen und Prozesse. Zu mächtig sind die eingeschliffenen Muster bei der Arbeit. Schon winzige Veränderungen bringen Mitarbeiter in Rage. „Es hat doch bisher bestens funktioniert“, heißt es dann. Oder: „Die neuen Prozesse sind nicht auf unsere Arbeitswelt zugeschnitten.“ Oder: „Wieder so eine merkwürdige Entscheidung aus dem Top-Management.“ Fachleute wissen: Solche Argumente sind häufig nur vorgeschoben. Hinter dem Widerstand liegen Gefühle, zumeist Angst, Trotz und Zorn. So haben Neurologen festgestellt, dass Arbeitsroutinen im menschlichen Gehirn Spuren hinterlassen. Wer Tätigkeiten wiederholt und übt, verknüpft im Gehirn Nervenzellen; er baut quasi Datenautobahnen. Diese Verhaltensmuster zu wechseln – Autobahnen “umzubauen“ – löst Unbehagen aus und strengt an. 

„Deshalb fallen Mitarbeiter schnell in die alten Gewohnheiten zurück oder torpedieren massiv die Veränderungen“, weiß Hansjörg Zahradnik, Senior Berater der Unternehmensberatungsgesellschaft “next level consulting“. Diese Schwierigkeit sollten Projektmanager, die neue Prozesse entwickeln und einführen, im Hinterkopf behalten. Allein sachlich auf die Vor-
teile neuer Arbeitsmuster hinzuweisen reicht bei Veränderungsprojekten nicht aus. Profis folgen sechs Strategien, um auch die Herzen ihrer Mitarbeiter für ihre Ziele zu gewinnen: 

Erstens: Veränderungen begründen, Ziele erklären

„Weshalb Veränderungen ausgerechnet in unserer Abteilung? Und weshalb ausgerechnet jetzt?“ Mitarbeiter wollen die Hintergründe für neue Arbeitsabläufe verstehen. Sie wollen wissen, ob nur an kleinen Schräubchen gedreht wird – oder ob große Umstellungen und Reorganisationen zu erwarten sind. Für den Projektmanager bedeutet dies: Er selbst muss diese Fragen beantworten können – und deshalb die Hintergründe seines Auftrags klären. Profis fragen bei der Geschäftsführung genau nach, welches Ziel mit den Veränderungen verfolgt wird, welche Umstände diese Veränderungen ausgelöst haben und welche strategischen Vorteile der Wandel für die Zukunft des Unternehmens bringt. 

Zweitens: Die Betroffenen einbeziehen

Hinter dem Rücken von Betroffenen lassen sich heute kaum noch geänderte Arbeitsabläufe durchsetzen. Deshalb holen Projektmanager die Betroffenen (sogenannte „Stakeholder“) frühestmöglich ins Boot. „Entscheidend ist es, unter den Stakeholdern Verbündete zu finden und diese Förderer fest ans Projekt zu binden“, erklärt Hansjörg Zahradnik, „diese Förderer können, wenn sie Meinungsführer sind, die Stimmung im Betrieb für das Projekt begünstigen.“ Dabei folgen erfahrene Projektmanager dem Leitfaden des „ADKAR“-Prinzips: Sind die Stakeholder sich über das Vorhaben im Klaren (Awareness)? Anderenfalls muss der Projektmanager sie informieren. Wie sehr wünschen sich Mitarbeiter die Veränderungen (Desire)? Wie kann man auch Kollegen gewinnen, die die Pläne ablehnen oder nur neutral betrachten? Die nächste Frage: Welches Wissen (Knowledge) und welche Fähigkeiten (Abilities) brauchen die Mitarbeiter, um sich in die neuen Abläufe einarbeiten zu können? Und zuletzt: Was kann der Projektmanager tun, damit nach Projektende die neuen arbeitsabläufe eingehalten werden (Reinforcement)? 

Drittens: Nicht zu früh detailliert planen

Projektmanager legen gerne früh fest, wer welche Aufgabe bei ihrem Vorhaben wann macht. Doch Vorsicht! Bei der Änderung von Arbeitsabläufen kann zu frühe Detailplanung genau das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt ist – nämlich Chaos statt Ordnung. Die Schwierigkeit: Meinungen und Gefühle der Interessengruppen gegenüber dem Vorhaben lassen sich vorab kaum einschätzen. „Bei solchen Projekten sollte man flexibel bleiben und regelmäßig die geplanten Maßnahmen überdenken“, betont Hansjörg Zahradnik, „die Befindlichkeiten im Unternehmen und mögliche Störungen sind am Anfang nicht zu prognostizieren.“ 

Viertens: Emotionale Bedürfnisse „einplanen“

Geschickte Projektmanager nehmen die Emotionen der Mitarbeiter ernst und berücksichtigen sie bei ihrer Planung. Beispielsweise löst der Abschied von gewohnten Arbeitsmustern auch Trauer aus. Geschickte Projektmanager sprechen deshalb wertschätzend über das Hergebrachte und heben die mit den bisherigen Abläufen erreichten Erfolge hervor. Mehr noch: Um den Abschied zu erleichtern nehmen sie bewusst einige vertraute Abläufe mit in die „neue Welt“. 

Fünftens: Das Management vorbereiten

Projektmanager sollten nicht nur Mitarbeiter auf den Veränderungsprozess vorbereiten, sondern auch die Führung ihres Unternehmens. „Manager müssen in der Lage sein, die Gefühle ihrer Mitarbeiter auszuhalten“, erklärt Hansjörg Zahradnik, „sie dürfen nicht kneifen, wenn es beispielsweise schlechte Nachrichten zu überbringen gilt.“ Vor allem dürfen sie bei Widerstand nicht den Stab über ihre Mitarbeiter brechen. „Viele Mitarbeiter begrüßen eigentlich Veränderung – solange sie für sich kein Chaos befürchten“, erklärt der Fachmann. 

Sechstens: Durch „Quick wins“ überzeugen

Schnelle Einzelerfolge bei der Veränderung geben der Stimmung im Unternehmen Auftrieb. Diese Erfolge brauchen nicht groß zu sein; es reicht, wenn die Mitarbeiter das Projekt auf einem guten Weg sehen. Beispielsweise lassen Projektmanager zwei oder drei Mitarbeiter sprechen, deren Tagesarbeit durch neue Abläufe erleichtert wurde. Aber: Diese sogenannte „Quick wins“ müssen authentisch sein. Wer mit Attrappen Nepp betreibt, verspielt Vertrauen und „Goodwill“ der Mitarbeiter. 

www.nextlevelconsulting.eu

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