Next-Generation Datacenter steht noch ganz am Anfang

Die digitale Transformation stockt aufgrund Modernisierungsstau im Rechenzentrum. Einer IDC-Studie zufolge hat hier eine überwältigende Mehrheit deutscher Unternehmen Nachholbedarf. Das Next-Generation Datacenter ist bei vielen noch in weiter Ferne. In den vergangenen zwölf Monaten verzeichnen 78 Prozent der Studienteilnehmer Downtimes bzw. Einschränkungen bei der Bereitstellung von Services.

Lynn-Kristin Thorenz, IDCLynn-Kristin Thorenz, IDCDas IDC-Resümee der Multi-Client-Studie » Next Generation Data Center: Trends in Deutschland 2018« stimmt nachdenklich: »Mit der digitalen Transformation erhöhen sich die Anforderungen das Datacenter in Bezug auf Effizienz und Flexibilität immens«, sagt Lynn-Kristin Thorenz, Associate VP bei IDC. »Die Unternehmen modernisieren aber nur zögerlich und verlieren somit wertvolle Zeit.« Die digitale Transformation erfordere eine Neupositionierung der Rechenzentren, vor allem als interner Dienstleister in den Unternehmen.

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»Um zu verstehen, wo deutsche Firmen stehen, wie sie ihre Datacenter fit für die digitale Transformation machen und welche Chancen und Herausforderungen mit dem Einsatz moderner Lösungsansätze und Technologie wie Software-defined Infrastructure (SDI), hyperkonvergenten Lösungen und Cloud-Computing verbunden sind, haben wir IT-Entscheider aus Unternehmen und Organisationen mit mehr als 500 Mitarbeitern befragt«, erklärt Thorenz.

Modernisierungsstau: Nachholbedarf im Rechenzentrum

Matthias Zacher, IDCMatthias Zacher, IDC73 Prozent der befragten Firmen sehen die Notwendigkeit zu erheblichen Modernisierungsschritten im Rechenzentrum. Zwar haben viele Firmen in den vergangenen Jahren Investitionen getätigt, dennoch ist die Time-to-Market für die Bereitstellung von IT-Ressourcen nach wie vor zu lang und bremst die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen im Rahmen der digitalen Transformation aus.

Unternehmen sind jetzt gefordert, ihre IT-Infrastruktur und IT-Architektur grundlegend zu überarbeiten, das Ziel ist der Aufbau eines Data Centers der nächsten Generation: »Hierzu zählen die umfassende Virtualisierung von Servern, Storage, Netzwerk sowie die Nutzung von Software-defined Infrastructure, Container, konvergente und hyperkonvergente Lösungen und zukünftig Composable-IT«, erläutert Matthias Zacher, Manager Research & Consulting bei IDC. »Zudem verknüpft das Next-Generation-Datacenter interne IT-Umgebungen und externe IT- und Business-Ressourcen, wie Cloud-Plattformen, Multi-Clouds, Colocation-Services und Business-Netzwerke zu einer einheitlichen Business-Delivery-Plattform.«

Deutsche IT: zu silohaft, ineffizient, teuer und unsicher

Bei 37 Prozent der befragten Unternehmen steht eine höhere Effizienz und Effektivität der IT-Ressourcen ganz oben auf der Agenda. Dies benenne laut Zacher klar den grundlegenden Engpass der IT-Infrastruktur in der Digitalisierung. Eigentlich müssten viel mehr IT-Abteilungen nach mehr Effizienz und Effektivität streben. Nach wie vor sei der RZ-Betrieb zu teuer und folglich zählen Kosteneinsparungen für 34 Prozent der Befragten zu den wichtigsten Prioritäten.

»Zwar sind Investitionen in Next-Gen-Datacenter-Technologien zunächst hoch, mittel- bis langfristig zahlen sich diese Ausgaben durch eine höhere Automatisierung, weniger Wartungsaufwand und geringere manuelle Tätigkeiten aus«, sagt Zacher. »Mit der Nutzung von Multi Clouds und Colocation Services verlagern sich die Ausgaben auf diese Weise schrittweise von CAPEX zu OPEX.«

Zudem lässt sich der IT-Betrieb mit einer modernen Infrastruktur und automatisierten Prozessen sicherer und weniger störanfällig machen. Ein nicht zu unterschätzender Faktor, immerhin gaben 78 Prozent der befragten Unternehmen an, in den vergangen zwölf Monaten Downtimes bzw. Einschränkungen bei der Bereitstellung von Services, entweder durch Technologieausfall, Fehlentscheidungen oder Hackerangriffe verzeichnet zu haben.

»IT-Verantwortliche müssen jetzt dringend damit beginnen, ihre starren IT-Ressourcen zu flexibilisieren«, fordert Zacher. »Tun sie dies nicht, können sie schon bald die Business-Anforderungen nach einem sicheren und reibungslosem IT-Betrieb in zunehmend offenen und heterogenen geschäftlichen Ökosystemen nicht mehr gewährleisten. Damit setzen sie in letzter Konsequenz die erfolgreiche digitale Transformation und damit die Zukunft des Unternehmens aufs Spiel.«

Software-defined Infrastructure Basis für flexible IT-Infrastruktur

Einen Königsweg zum Next-Gen-Datacenter gibt es nicht. Nach der Virtualisierung der Infrastruktur ist aber Software-defined der nächste logische Schritt. Neben den Vorteilen sehen sich die befragten Unternehmen aber auch mit einigen Herausforderungen konfrontiert: Die sehr große Komplexität stellt für 31 Prozent der befragten Firmen ein ernsthaftes Hindernis dar, 26 Prozent verfügen nach eigenen Angaben nicht über ausreichendes Wissen zu SDI und mehr als ein Fünftel schätzt die Technologie als unreif ein. Aus Sicht von IDC müssen Anbieter hier nachbessern und beispielsweise mit Best-Practice und Anwendungsfällen überzeugen.

Für hyperkonvergente Lösungen ist Software-Defined-Technologie eine entscheidende Komponente. »Sie liefert essentielle Funktionalitäten wie etwa die dynamische Bereitstellung von IT-Infrastruktur, Flexibilität und Skalierbarkeit, einfaches Management sowie Ressourcen und Kostenoptimierung, ohne die eine Modernisierung von Datacentern nicht möglich ist«, erklärt Zacher. »Das übergeordnete Ziel ist dabei die Unterstützung dynamischer Workloads.«

44 Prozent der Befragten versprechen sich eine bessere Auslastung der IT-Ressourcen, vorausgesetzt die Lösungen sind auf die jeweiligen Business-Anforderungen zugeschnitten. 27 Prozent der IT-Abteilungen planen, ihre Server-Infrastruktur durch eine hyperkonvergente Infrastruktur abzulösen, 26 Prozent der IT-Abteilungen wollen ihr SAN durch eine hyperkonvergente Infrastruktur ersetzen.

Nun verfolgen diese Technologien zwar alle den Ansatz der Entkopplung von Hardware und Software. Einige Befragte haben aber scheinbar keine klare Vorstellung davon, was konvergente und hyperkonvergente Systeme eigentlich sind. »Auch in diesem Punkt sehen wir eindeutig die Anbieter in der Pflicht, Aufklärungsarbeit zu leisten«, so Zacher. Zumal die Hersteller unterschiedliche Ansätze und Begrifflichkeiten für ihre Lösungen verwenden.

Multi-Cloud als künftiges Cloud-Deployment-Modell

Cloud-Computing und Provider-Services sind maßgebliche Bestandteile des Next-Gen-Rechenzentren. 88 Prozent der Unternehmen verfügen über eine Cloud-Strategie. Multi-Clouds stehen in Deutschland noch am Anfang, IDC erwartet aber eine Entwicklung zu einem neuen Cloud-Deployment-Modell.

Die Befragung zeigt, dass die Organisationen verschiedene Ansätze verfolgen: 37 Prozent verstehen unter der Multi-Cloud die Zusammenarbeit mit einem oder zwei strategischen Cloud-Providern, um den Managementaufwand gering zu halten und hybride Clouds weiterzuentwickeln. 23 Prozent bevorzugen ein Brokermodell, bei dem der Provider in der Lage sein muss, Connectivity sowie Monitoring-Tools für die relevanten Cloud-Services anzubieten. Eigenen Angaben zufolge wollen Firmen in den nächsten 36 Monaten verstärkt in Lösungen für Monitoring, Modellierung, Analyse, Systemstabilität, Sicherheit, zur Überwachung von Performance- und Wartungs-SLAs sowie Systeme zur Automatisierung und Orchestrierung investieren.

Composable IT ist (noch) Zukunftsmusik in deutschen Data Centern

Als nächste Technologiestufe sieht IDC Composable-Infrastrukturen. Darin versteht sich ein Lösungsansatz für die wachsenden Anforderungen an Agilität und Flexibilität. Dieser soll es IT-Abteilungen ermöglichen, Anwendungen und Infrastruktur schneller zu provisionieren und zu skalieren und somit die Transformation von statischen und unflexiblen Infrastrukturen hin zu einer Umgebung zu vollziehen, die besser ausgelastet, agil und automatisiert ist. Nur so würden Unternehmen fit für die Digitalisierung. In produktiven Umgebungen sind Composable-Infrastrukturen heute noch nicht vorhanden, allerdings sieht IDC hier großes Potenzial für Anbieter, sich entsprechend aufzustellen.

Fazit: Next-Gen Datacenter steht erst am Anfang

»Unternehmen müssen im Zuge der digitalen Transformation ihre IT-Infrastruktur umfassend modernisieren, das haben die meisten Organisationen auch erkannt«, resümiert Zacher die Studie. Die Rahmenbedingungen stimmen seiner Ansicht nach. Es gäbe genügend innovative Lösungen und Technologien, die viele Anforderungen der Unternehmen abdecken. Veränderte und neue Prozess- und Wertschöpfungsketten in der Nutzung der IT und Daten treiben diese Entwicklung zusätzlich an. Allerdings sei die Schlagzahl in den Unternehmen selbst noch zu gering.

Die Modernisierung der Rechenzentren hin zum Datacenter der nächsten Generation hat in Deutschland erst begonnen. Laut IDC wird dies die IT- und Fachabteilungen die nächsten drei bis fünf Jahren umfassend beschäftigen. »Die meisten Unternehmen – das zeigt die Befragung deutlich – fahren dabei mehrgleisig«, sagt Zacher. »Auf der einen Seite führen sie moderne Technologien wie konvergente und hyperkonvergente Lösungen, Software-defined Infrastrukturen und Container ein und verfolgen in die Zukunft gerichtete Lösungen wie Composable-IT. Auf der anderen Seite nutzen Unternehmen verstärkt Cloud-Services und Provider-Dienste.« Daran lasse sich ablesen, dass sich Cloud-Computing im Rechenzentrum immer umfassender als das dominierende Deployment-Modell entwickle. Die Komplexität werde aber insgesamt nicht geringer.

Letztendlich sieht die Studie aber auch einen deutlichen Modernisierungsstau. Deshalb kommt bei vielen Unternehmen die digitale Transformation nur stockend voran, wenn überhaupt. Über 70 Prozent der befragten Firmen haben hier Nachholbedarf. »IT-Verantwortliche müssen jetzt prüfen, wie sich die Lösungs-Roadmaps ihrer Infrastruktur-Anbieter und Cloud- und Rechenzentrumsprovider für die nächsten drei Jahre darstellt«, rät IDCs Associate VP Thorenz, »um die Service-Delivery im Hinblick auf die Digitale Transformation und die damit verbundenen Herausforderungen optimal zu gewichten.«

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