Warum Energie-Mythen politischen Fortschritt blockieren

Stromdebatte im Tunnelblick

Strompreis

Falsche Gewissheiten prägen die öffentliche Diskussion, aber ein Blick hinter die vorherrschenden Narrativen zeigt, wo Risiken tatsächlich lauern und wo politische Nebelkerzen den Fortschritt blockieren.

Mythos 1: Zu viele Erneuerbare drücken das Netz in die Knie

„Netzprobleme tauchen nicht wegen eines überhitzen Ausbaus von Solar- und Windparks auf, sondern wegen einer Infrastruktur, die dem Tempo der Energiewelt längst hinterherhinkt. Netzanschlusspunkte trudeln oft erst spät ein. Projekte hängen in der Luft, obwohl Planung, Gutachten und Flächen längst bezahlt sind. Dieses Zögern erzeugt Unsicherheit, nicht die Photovoltaikmodule auf dem Acker. Politik verschiebt die Debatte allerdings auf Gebühren und Sonderlasten für Projektierer. Genau dort rückt der eigentliche Hemmschuh aus dem Blick: schleppende Planungsprozesse, überlastete Leitungen und wenig Transparenz bei Netzbetreibern. Ein System, das faire Regeln sucht, würde Infrastruktur priorisieren, statt zusätzliche Kosten auf jene abzuwälzen, die Strom wirklich verfügbar machen.“

Anzeige

Mythos 2: Der Strompreis fällt bald – günstiger Ökostrom regelt das schon

„Preisprognosen erzeugen gerne die Illusion, Photovoltaik und Windkraft drückten bald jede Stromrechnung. Die Realität zeigt ein anderes Bild: Elektrifizierung alle Sektoren, Neubauten flexibler Gaskraftwerke, milliardenschwere Leitungsprojekte und moderne Speicher verschlingen enorme Mittel. Sonne und Wind reduzieren zwar langfristig Abhängigkeiten und begrenzen Kostenrisiken, doch finanzielle Folgen für Netze und Kraftwerkeinvestitionen schlagen direkt auf die Endkunden durch. Real- und Nominalpreise auseinanderzuhalten, schafft deutlich mehr Klarheit, denn selbst wenn erneuerbare Stromerzeugung günstiger als fossil gelingt, klettern Rechnungen aufgrund von Kapitalkosten, Abschreibungen von Neuinvestitionen, inflationärer Effekte und Infrastrukturkosten trotzdem.“

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.

Mythos 3: Europa saugt Deutschlands Strom ab – der Binnenmarkt gefährdet die Versorgung

„Vernetzte Energieflüsse schützen ganz Europa. Nordsee-Wind stärkt in Südosteuropa, Alpen-Pumpspeicher fangen Flauten im Norden auf, skandinavische Kapazitäten glätten Extremphasen. Genau dieses Pendeln bringt Stabilität ins Gesamtsystem. Anstatt Panik vor ‚Abhängigkeit‘ zu schüren, liefert der Binnenmarkt ein Paradebeispiel effizienter Kooperation. Unterschiedliche Wetterlagen, diverse Technologien und geografische Vielfalt schaffen Resilienz, die kein Land im Alleingang aufbauen könnte. Europäische Integration fungiert längst als Sicherheitsgurt, nicht als Risko.“

Mythos 4: Neue Reservekraftwerke treiben Preise künstlich hoch

„Reservekapazitäten halten das Netz stabil, sobald unvorhergesehene Schwankungen auftreten. Diese Anlagen dienen nicht als Preisinstrument, sondern als technischer Fallschirm im Ernstfall. Eingriffe zur Preisdämpfung würden Marktmechanismen verzerren und Innovationen bei Speichern, Elektrolyseuren und Flexibilitätslösungen ausbremsen. Knappheitssignale gelten als zentral, damit Investitionen in moderne Technologien attraktiv bleiben. Ein System, das auf Vorrang für Stabilität setzt, nutzt Reserven nur dann, wenn technische Notwenigkeit besteht, nicht, um politische Debatten zu beruhigen.“

Anzeige

Mythos 5: Erneuerbare kosten nichts – also sollen Projektierer für den Netzausbau zahlen

„Rückblicke auf Jahrzehnte fossiler Infrastruktur zeigen eine klare Wahrheit: Die Allgemeinheit finanzierte Kohlepfennig, Industrieprivilegien und milliardenschwere LNG-Terminals ohne großes Murren. Heute allerdings rutscht die Debatte in Richtung Sonderlasten für Solar- und Windparks, obwohl gerade diese Technologiegruppen die Energiewende tragen. Schiefe Kostenverteilung drückt besonders kleine und mittelständische Projektierer in riskante Lagen. Fehlende Zusagen blockieren Verträge, Verzögerungen schieben Investitionen auf unbestimmte Zeit: Transparente Prozesse und verbindliche Rahmenbedingungen würden hingegen Projekte beschleunigen und genau das braucht ein Land, das Klimaneutralität ernst nimmt.“

„Energiewende-Mythen sorgen für Unsicherheit, wo eigentlich Klarheit nötig ist. Netze verlangen Tempo statt Schuldzuweisungen, Strompreise brauchen ehrliche Kommunikation statt Wunschdenken und Europas Strommarkt zeigt täglich, wie Kooperation Stabilität schafft. Mut zur Fairness und Mut zur Infrastruktur, genau daraus wächst echte Versorgungssicherheit.“

Autor: Thomas Schoy, Geschäftsführer des Privaten Instituts

Anzeige

Artikel zu diesem Thema

Weitere Artikel

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.