In weniger als vier Monaten tritt der EU Data Act in Kraft, doch ein Großteil der Unternehmen in Deutschland ist schlecht vorbereitet.
Laut einer aktuellen Befragung des Digitalverbands Bitkom unter 605 Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten haben lediglich 1 Prozent die Vorgaben vollständig umgesetzt. Weitere 4 Prozent befinden sich in der teilweisen Umsetzung. Rund 10 Prozent haben gerade erst begonnen – 30 Prozent stehen noch ganz am Anfang. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) geht sogar davon aus, vom Data Act gar nicht betroffen zu sein.
Diese Einschätzung steht im Widerspruch zu den tatsächlichen Vorgaben der Verordnung, die nahezu alle Unternehmen betrifft – insbesondere solche, die vernetzte Produkte nutzen oder anbieten, Datenplattformen betreiben oder datenbasierte Dienstleistungen entwickeln.
Was der Data Act regelt
Der Data Act, der im November 2023 verabschiedet wurde und ab dem 12. September 2025 gilt, verfolgt mehrere Ziele: Er soll den Zugang zu Daten verbessern, Nutzungsrechte klar regeln und den Anbieterwechsel bei Cloud-Diensten erleichtern. Gleichzeitig schafft er neue Pflichten für Unternehmen – etwa bei der Weitergabe von Daten an Dritte oder bei der Vertragsgestaltung in datenbasierten Geschäftsbeziehungen.
Unternehmen, die sich bereits mit der Umsetzung befassen, berichten mehrheitlich von einem hohen Aufwand. Etwa zwei Drittel sprechen von einem großen oder sehr großen Ressourcenbedarf. Drei Viertel der betroffenen Unternehmen beklagen, dass der Data Act Innovationsprojekte verzögert oder blockiert. Zudem fühlt sich die überwiegende Mehrheit durch die Vielzahl neuer gesetzlicher Regelungen überfordert und fordert verstärkte Unterstützung durch staatliche Stellen.
Auch die bisher fehlende benannte Aufsichtsbehörde in Deutschland trägt zur Unsicherheit bei. Unternehmen brauchen nicht nur klare Vorschriften, sondern auch verlässliche Ansprechpartner, um die komplexen Anforderungen umsetzen zu können.
Wirtschaftlicher Druck zur Datennutzung wächst
Trotz der Umsetzungshürden erkennen immer mehr Unternehmen den wirtschaftlichen Wert von Daten. Schon jetzt tragen in rund einem Viertel der Firmen datenbasierte Modelle wesentlich zum Geschäftserfolg bei – in den nächsten zwei Jahren soll dieser Anteil auf knapp die Hälfte steigen. Gleichzeitig ist der Anteil der Unternehmen, die sich bei datengetriebenen Geschäftsmodellen abgehängt fühlen, von 19 auf 12 Prozent gesunken. Es bewegt sich also etwas – aber langsam.
Obwohl viele Unternehmen das Potenzial erkennen, sehen nur wenige die deutsche Wirtschaft international auf Augenhöhe. Zwei Drittel erwarten zwar eine zentrale Rolle datengetriebener Geschäftsmodelle für künftigen Wohlstand – gleichzeitig stufen aber 51 Prozent Deutschland als Nachzügler ein. Nur 6 Prozent sehen die Bundesrepublik in einer Führungsrolle, während die USA und China als klare Vorreiter gelten.
Nur 7 Prozent der Unternehmen schöpfen das Potenzial ihrer verfügbaren Daten vollständig aus. Weitere 30 Prozent nutzen diese zumindest in größerem Umfang. Demgegenüber stehen 41 Prozent, die ihre Daten nur unzureichend nutzen, und 19 Prozent, die sie gar nicht aktiv verwerten. Immerhin haben viele dieser Unternehmen bereits Maßnahmen ergriffen oder planen, ihre Datenstrategie zu verbessern.
Datenmärkte und -räume: Interesse wächst, Nutzung hinkt hinterher
Der Handel mit Daten steht vor einem Wachstumsschub: Bereits heute beziehen 41 Prozent der Unternehmen Daten von Dritten, 16 Prozent bieten eigene Daten an. In den kommenden Jahren könnten diese Zahlen auf 75 Prozent (Datenbezug) bzw. 59 Prozent (Datenverkauf) steigen. Gleichzeitig äußern viele Firmen rechtliche und sicherheitsbezogene Bedenken, die sie vom Datenaustausch abhalten – etwa Unsicherheit über Datenschutz, Angst vor Wettbewerbsnachteilen oder fehlende technische Kompatibilität.
Ein weiteres zentrales Instrument sind sogenannte Datenräume, also strukturierte Plattformen für den kontrollierten Datenaustausch. Beispiele sind Catena-X (Automobilindustrie) oder Manufacturing-X (Industrie 4.0). Aktuell nutzen jedoch nur 9 Prozent der Unternehmen solche Datenräume aktiv. Weitere 40 Prozent beschäftigen sich damit zumindest gedanklich. Als Hürden gelten vor allem die Komplexität und fehlende politische Unterstützung.
Viele Unternehmen nutzen bereits externe Datenquellen: Am häufigsten sind Marktdaten (76 Prozent), Kunden- und Kontaktdaten (66 Prozent) sowie Geodaten (46 Prozent). Dennoch besteht großer Bedarf an zusätzlichen Daten – besonders an Social-Media-Daten, Verwaltungsdaten und Finanzinformationen. Die Nachfrage zeigt: Datenmärkte müssen weiterentwickelt, Rechtsklarheit geschaffen und offene Schnittstellen etabliert werden.
Große Chancen, hoher Handlungsdruck
Der Data Act markiert einen tiefgreifenden Wandel in der europäischen Datenpolitik. Für Unternehmen bietet er langfristig große Chancen – kurzfristig aber auch erhebliche Herausforderungen. Wer den Wandel verschläft, riskiert, im internationalen Wettbewerb zurückzufallen. Politik, Verwaltung und Wirtschaft müssen nun gemeinsam die Voraussetzungen schaffen, damit die Potenziale der Datenökonomie auch tatsächlich gehoben werden können.