Sommerzeit ist Übungszeit

Alarmierungsprozesse auf die Probe stellen

Arbeitszeiterfassung

Kommt es in Unternehmen zu einer Krisen- oder Notsituation, müssen die erforderlichen Schritte zur Bewältigung der Situation koordiniert und schnell eingeleitet werden. Der Startschuss erfolgt meist durch das Einberufen eines Krisenstabs. Doch was tun, wenn wichtige Mitglieder und Entscheidungsträger verhindert oder im Urlaub sind?

Die Sommerzeit ist aufgrund der vielen Urlaube ideal, um die Robustheit des eigenen Alarmierungsprozesses im Unternehmen gezielt auf die Probe zu stellen. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie eine einfach umzusetzende Alarmierungsübung (auch „Call-Up-Test“ genannt) ausführen, bewerten und anschließend Ihre Prozesse verbessern können – um auch für echte Notfälle bestens gewappnet zu sein.

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Urlaubszeit ideal nutzen

Können sie sich an den Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 erinnern? Oder an den Tsunami am 26. Dezember 2004 in Thailand? Dies hat bei vielen Firmen gerade in der Urlaubs- und Ferienzeit zu einer unerwarteten Herausforderung geführt, da sie in dieser Zeit oft dünn besetzt sind und arbeitsintensive Projekte vorübergehend auf Eis liegen. Doch genau diese Zeit ist ideal, um die Reaktionszeiten und Einsatzfähigkeit des Krisenstabes zu testen. Denn, wie wir sehen, macht der echte Notfall auch vor der Urlaubszeit nicht halt.

Laut BCI Emergency & Crisis Communications Report 2023 benötigen 73 % der befragten Unternehmen bis zu 30 Minuten, um ihre Notfallkommunikation zu aktivieren. Im Vergleich zu den letzten Jahren werden sie dabei immer schneller. Das sind gute Nachrichten, denn die Reaktionsfähigkeit auf eine Krisensituation ist ein entscheidender Faktor zur erfolgreichen Bewältigung einer Krise. Daher sollten Unternehmen unterschiedliche Alarmierungsszenarien fortlaufend üben. Der von F24 entwickelte Leitfaden für den Call-Up-Test fokussiert sich genau auf diesen Alarmierungsvorgang und zeigt Unternehmen, wo sie ansetzen müssen, um ihr Notfall- und Krisenmanagement zu optimieren.

Mit dem Call-Up-Test für den Ernstfall üben

Der Call-Up-Test, den wir hier in einer vereinfachten Version vorstellen, bewertet Reaktionsfähigkeit, Vollständigkeit, Robustheit und Redundanz Ihres Notfall- und Krisenmanagements. Geübt wird eine Alarmierungssituation bis zum erfolgreichen Start der ersten Krisenstabssitzung. Der geübte Prozess ist die für unterschiedliche Szenarien wie einen Cyberangriff, einen Unfall oder eine Naturkatastrophe gleichermaßen geeignet.

F24 Bewertungsfaktoren

Wichtig ist hierbei, genauso zu handeln, wie Sie es auch in einer tatsächlichen Krisensituation tun würden, um die beim Test erzielten Ergebnisse nicht zu verfälschen. WICHTIG: Im Vorlauf zu Ihrer Alarmierungsübung sollten Sie unbedingt dafür Sorge tragen, dass alle involvierten Personen darüber Bescheid wissen, dass es sich um einen Test handelt. Dadurch können Sie die Nervosität der beteiligten Mitarbeiter geringhalten und verhindern, dass beispielsweise echte Notfallkräfte hinzugezogen werden.

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SCHRITT 1: Test-Alarmierung (Urlaubsvariante)

Da in der Urlaubshochphase viele Funktionen nur einmal besetzt sind, wird der Alarmierungsprozess in der Urlaubsvariante des Call-Up-Tests nur einmal geübt. Für das Auslösen Ihrer Testkrise alarmieren Sie alle in der Urlaubsbesetzung verfügbaren Mitglieder Ihres Krisenstabs, beispielsweise Ihren Leiter HR, Leiter Sicherheit oder Leiter Recht. Je nach vorhandener Alarmierungs-Infrastruktur in Ihrem Unternehmen geschieht dies entweder über Telefonlisten oder idealerweise über eine dedizierte Alarmierungssoftware. Sofern Sie ein Mitglied des Krisenstabs nicht erreichen können, sollten Sie versuchen, den Stellvertreter zu kontaktieren. Ist der erste Stellvertreter ebenfalls im Urlaub oder nicht erreichbar, sollte die Alarmierung an den zweiten Stellvertreter weitergeleitet werden. Gerade in der Ferienzeit kann damit überprüft werden, ob die Abwesenheiten sowie Stellvertreterregelungen systematisch im Alarmierungsprozess berücksichtigt werden.

Die Alarmierungsphase endet mit der Einberufung Ihres Krisenstabs, also dem Zeitpunkt, zu dem Sie Ihre Krisenstabssitzung beginnen. Erfassen Sie die Dauer (Minuten) zwischen dem Startzeitpunkt Ihrer Test-Alarmierung und dem Beginn der Krisensitzung und gehen Sie dann über zu Schritt 2.

SCHRITT 2: Besprechung und Bewertung

Sobald alle Krisenstabsmitglieder je Phase anwesend sind, ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Nun analysieren und bewerten Sie den Alarmierungsprozess mit Ihrem Krisenstab. Gemeinsam bewerten Sie die Zeit von der Alarmierung bis zum Krisenstabsmeeting (physisch oder virtuell) sowie die richtige und vollständige Besetzung anhand der nachstehenden Bewertungsmatrix.

Bewertungsmatrix

Ihre Alarmierungsübung können Sie als Erfolg ansehen, wenn Sie alle Krisenstabsmitglieder schnell alarmiert haben und Sie ohne großen zeitlichen Verzug die Krisenstabsarbeit aufnehmen konnten. Aus diesen beiden Faktoren leiten sich die Bewertungskriterien ab, die F24 in einer Bewertungsmatrix zusammenfasst:

Mit der Zeit zwischen dem Start der Alarmierung und dem Beginn des Krisenstabs (digital oder analog) messen Sie die Reaktionsfähigkeit:

  • 1-10 Min = 100 Punkte
  • 11-12 Min = 70 Punkte
  • 20-30 Min = 50 Punkte
  • >30 Min = 0 Punkte

Ob alle Funktionen auch im einberufenden Krisenstab vertreten sind, geben Sie unter der Vollständigkeit der Krisenstabsfunktionen prozentual an:

  • 76-100 % = 100 Punkte
  • 51-75 % = 70 Punkte
  • 0-50 % = 0 Punkte

An der Anzahl der Fehler erkennen Sie die Robustheit des Systems. Je mehr Fehler Sie während des Alarmierungsprozesses entdecken konnten (etwa eine falsche Person alarmiert oder eine falsche Nummer im System gefunden), desto weniger Punkte vergeben Sie:

  • 0 Fehler = 100 Punkte
  • 1 Fehler = 70 Punkte
  • 2 Fehler = 0 Punkte

Sofern einzelne Mitglieder des Krisenstabs tatsächlich im Urlaub oder nicht verfügbar gewesen sein, mussten Sie die Alarmierung an den Stellvertreter weiterleiten. Die Quote der korrekt alarmierten Stellvertreter spricht für die Redundanz Ihres Alarmierungsprozesses:

  • 100 % = 100 Punkte
  • 75 % = 70 Punkte
  • 50 % = 0 Punkte

Abschließend addieren Sie Ihre Punkte: Bei 370 – 400 erreichten Punkten, können Sie sich über einen sehr guten Alarmierungsvorgang freuen. Haben Sie zwischen 310 – 370 Punkte erreicht, verfügen Sie über einen guten Alarmierungsvorgang. 280 – 310 Punkte sprechen für einen ausreichenden Alarmierungsvorgang, während dieser bei einer Punktezahl von unter 280 nur noch unzureichend ist. Das Ergebnis sollten Sie in jedem Fall zusammenfassen und mit dem Vorstand oder der Geschäftsführung besprechen.

SCHRITT 3: Alarmierungsprozess optimieren

Die Ergebnisse Ihrer Alarmierungsübung sollten Sie in einem letzten Schritt ebenfalls dazu nutzen, um an allen vier oder den einzelnen Stellschrauben Reaktionsfähigkeit, Vollständigkeit, Robustheit und Redundanz Ihres Notfall- und Krisenmanagements für eine erfolgreiche Alarmierung zu drehen und Ihren aktuellen Krisenplan wie auch die Abläufe Ihrer Krisenreaktion zu optimieren. Haben Sie bereits ein sehr gutes Ergebnis erzielt, sind Sie bestens für Notfälle gewappnet und auch in der Urlaubszeit handlungsfähig.

Checkliste Ernstfall

Markus

Epner

F24 -

Head of Academy

Markus Epner ist ausgewiesener Krisenexperte mit einer mehr als 20-jährigen Erfahrung im Sicherheits- und Krisenmanagement, u.a. bei der Deutschen Lufthansa und Boehringer Ingelheim.
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