Wie Unternehmen den Generationswechsel in der Führung erfolgreich gestalten und was erfahrene Führungskräfte dabei lernen können, weiß Ben Schulz, Vorstand der Ben Schulz & Partner AG.
„Der Generationswechsel in der Führung ist kein Personalwechsel, sondern ein kultureller Paradigmenwechsel. Er verändert, wie Verantwortung verstanden, Kommunikation gelebt und Vertrauen aufgebaut wird. Plötzlich sitzt im Meeting jemand vorn, der früher noch als Praktikant die Flipcharts getragen hat. Junge Führungskräfte übernehmen in den letzten Jahren immer mehr Verantwortung – oft schneller, als sie selbst gedacht hätten. Und sie führen anders. Statt autoritärer Ansagen bevorzugen sie den Dialog, mehr Transparenz und eine gewisse Sinnorientierung. Für Unternehmen bedeutet das: ein Kulturwandel mitten im normalen Arbeitsalltag. Nicht die Position entscheidet dabei über den Einfluss, sondern die Haltung. Junge Führungskräfte punkten vor allem, wenn sie authentisch kommunizieren, Verantwortung auch teilen und Vertrauen schaffen. Sie führen nicht ‚nach oben‘, sondern ‚auf Augenhöhe‘. Mitarbeitende spüren, ob jemand zuhört, Feedback ernst nimmt und Teamarbeit fördert. Wer das meistert, gewinnt Akzeptanz, auch bei älteren Kolleginnen und Kollegen, die anfangs eher noch skeptisch reagieren.“
Zwischen Selbstzweifel und Souveränität
„Neue Führung verlangt Mut. Zweifel tauchen gerade in solchen Fällen oft auf, besonders, wenn Erfahrung fehlt oder auch Widerstände im Team bremsen. An diesem Punkt hilft jedoch die Reflexion der eigenen Rolle und Person: Welche Stärken tragen durch schwierige Phasen? Welche Grenzen gilt es zu akzeptieren? Wer als junge Führungskraft in der Unsicherheit bestehen will, braucht Selbstführung. Nur wer sich selbst klar steuert, kann andere führen. Selbstführung schafft innere Stabilität – und Resilienz bildet das Fundament, um Druck, Kritik und Komplexität standzuhalten. Mentoring-Programme oder Peer-Gruppen eröffnen wertvolle Lernräume. Dort tauschen sich junge Führungskräfte ehrlich aus, finden Orientierung und schärfen ihren Stil. Erfahrene Führungskräfte besitzen Wissen, das keine KI ersetzt. Wer dieses Wissen teilt, statt es zu hüten, formt stabile Brücken zwischen Generationen. Dabei entsteht ein Geben und Nehmen: Junge Mitarbeitende übernehmen Verantwortung und ältere Angestellte gewinnen neue Perspektiven. Gemeinsame Projekte, Tandem-Modell oder Reserve-Mentoring stärken gegenseitigen Respekt und fördern Innovation.“
Führung bedeutet Haltung
„Gerade in Zeiten von Unsicherheit und Fachkräftemangel zählt Persönlichkeit heute oftmals mehr als Perfektion. Junge Führungskräfte überzeugen, wenn sie klar kommunizieren, Verantwortung übernehmen und Haltung zeigen, auch wenn Gegenwind aufkommt. Sie denken nicht in klassischen Hierarchien, sondern daran, die Wirkung der eigenen Ziele sichtbar zu machen. Somit lebt Führung heute nicht mehr nur von Status, sondern eher von Vertrauen, Mut und der so wichtigen Fähigkeit, Menschen für ein gemeinsames Ziel zu begeistern.“
Vier Praxisimpulse für den Führungswechsel:
1. Mentoring aktiv gestalten
„Erfahrung und frische Perspektiven ergänzen sich ideal, wenn beide Seiten neugierig bleiben. Gezielte Tandems fördern Austausch, schaffen Vertrauen und machen Lernen zu einem gemeinsamen Prozess – statt zu einer Einbahnstraße von ‚alt‘ zu ‚jung‘. Unternehmen profitieren dabei von einem nachhaltigen Wissenstransfer und sichern wertvolles Erfahrungswissen über Generationen hinweg.“
2. Feedback ernst nehmen
„Konstruktive Rückmeldungen öffnen neue Sichtweisen und verhindern blinde Flecken. Wer aktiv zuhört und Kritik nicht als Angriff versteht, entwickelt sich weiter und stärkt zugleich das Vertrauen im Team. So entsteht ein offenes Klima, in dem Kommunikation funktioniert und Zusammenarbeit wächst.“
3. Purpose vermitteln
„Motivation entsteht dort, wo Arbeit Bedeutung hat. Führung überzeugt, wenn sie Ziele nicht nur setzt, sondern ihren Zweck verständlich macht. Wer das ‚Warum‘ klärt, gewinnt Engagement statt bloßer Pflichterfüllung. Unternehmen gewinnen dadurch loyale Mitarbeitende, die Verantwortung aus Überzeugung übernehmen.“
4. Verantwortung teilen
„Vertrauen wächst, wenn Führung Verantwortung abgibt und Kompetenzen sichtbar macht. Klare Zuständigkeiten und echte Entscheidungsfreiheit aktivieren Potenziale und fördern ein Team, das gemeinsam trägt statt nur folgt. Dieser Führungsstil erhöht Agilität und stärkt die Anpassungsfähigkeit der Organisation.“
Generationswechsel als Chance für Entwicklung
„Generationen wechseln und Führung verändert sich im Zuge dessen selbstverständlich. Junge Talente bringen Energie, digitale Kompetenz und den Wunsch nach Purpose. Ältere Führungskräfte bieten Erfahrung, Gelassenheit und strategische Tiefe. Dort, wo beide Seiten voneinander lernen, entsteht echte Zukunftsfähigkeit und Führung entwickelt sich zu dem, was sie im Kern ausmacht: Menschen befähigen. Der Generationswechsel ist keine Krise der Erfahrung, sondern ein Update von Haltung. Wo Wissen auf Werte trifft, entsteht echte Zukunftsfähigkeit und Führung entfaltet ihre eigentliche Aufgabe: Menschen befähigen.“