Die Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz im März 2025 – „Wir müssen wieder mehr arbeiten“ – hat eine kontroverse Debatte ausgelöst.
Seine Äußerung bezog sich auf Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft, wonach nur in Belgien und Frankreich Erwerbstätige pro Woche noch weniger Arbeitsstunden leisten als in Deutschland. Doch stellt sich die Frage: Bedeutet eine höhere Arbeitszeit automatisch mehr Produktivität?
Ein Blick auf die Arbeitsrealität von Selbstständigen und Freelancern zeigt, dass Effizienz und Ergebnisorientierung nicht zwingend mit der Anzahl der Arbeitsstunden zusammenhängen.
Freelancer: Produktivität durch Fokus auf das Wesentliche
Freelancer arbeiten anders. Ihre Zeit ist direkt mit Projekten verknüpft – jede Stunde zählt, denn nur geleistete Projektarbeit wird auch vergütet. Während Festangestellte unabhängig von der tatsächlichen Auslastung bezahlt werden, wandeln Selbstständige ihre Arbeitszeit aktiv in abrechenbare Leistungen um.
Laut dem „Freelancer-Kompass 2025“, einer umfassenden Studie der Plattform freelancermap, kommen Freelancer im Schnitt auf 173 fakturierbare Projekttage im Jahr. Zusätzlich investieren sie rund 32 Tage in Eigenmarketing, Weiterbildung und administrative Aufgaben – Zeit, die nicht direkt bezahlt wird, aber langfristig zur Qualität ihrer Arbeit beiträgt.
Zum Vergleich: Bei Festangestellten ergibt sich – laut einer Analyse des IGES-Instituts für die DAK-Gesundheit – nach Abzug von Urlaubs- und Krankheitstagen sowie unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Produktivitätsfaktors von 75 Prozent eine effektive Jahresleistung von etwa 155 produktiven Tagen.
Selbstständige als strategische Partner – nicht als Lückenfüller
Unternehmen, die mit freien Fachkräften arbeiten, profitieren nicht nur von deren Flexibilität. Auch ihre spezialisierte Expertise wird zunehmend wichtig – gerade in einem Arbeitsmarkt, der sich durch Fachkräftemangel, digitale Transformation und Projektorientierung verändert. Freelancer sind gezwungen, sich frühzeitig mit neuen Technologien auseinanderzusetzen – ein Vorteil, den sie direkt in Unternehmen einbringen.
Die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) ist hier ein gutes Beispiel: 2024 beschäftigten sich bereits 58 Prozent der Befragten mit dem Thema, im Folgejahr waren es laut freelancermap-Studie schon 77 Prozent. Diese Zahlen zeigen, wie nah Freelancer am technologischen Puls der Zeit arbeiten.
Hybride Arbeitsmodelle: Das Potenzial gemischter Teams
Die Kombination aus internen Teams und externen Experten kann Unternehmen agiler und innovativer machen. Die Verbindung aus festangestellten Strukturen und extern eingebrachtem Spezialwissen schafft ein flexibles Arbeitsumfeld, das schnell auf neue Anforderungen reagieren kann.
Thomas Maas, Geschäftsführer von freelancermap, betont: „Freelancer bringen nicht nur mehr produktive Tage mit, sondern auch die Motivation und das Know-how, das moderne Unternehmen brauchen. Sie denken in Ergebnissen – nicht in Stunden.“
Weniger zählen, mehr leisten
Anstatt mehr Arbeitszeit zu fordern, könnte der Fokus stärker auf Arbeitsqualität, Zielerreichung und Eigenverantwortung gelegt werden. Die Arbeitswelt wandelt sich – und mit ihr die Definition von Leistung. Wer diesen Wandel versteht und aktiv gestaltet, sichert sich langfristig einen Vorsprung im Wettbewerb.