Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt und damit die Anforderungen an Fach- und Führungskräfte fundamental.
Mit jedem Fortschritt im Machine Learning, bei autonomen Agenten und generativer KI wächst nicht nur der Bedarf an technischen Expert*innen, sondern auch an Verantwortlichen für den sicheren und ethisch vertretbaren Einsatz dieser Technologien. Neue Berufsbilder wie AI Risk Manager, Data Governance Specialists und AI Ethicists entstehen und werden zunehmend zentrale Bestandteile der Unternehmensführung. Für IT-Verantwortliche, CIOs und CDOs bedeutet das: KI wird zur strategischen Kerntechnologie, die ohne Governance nicht skalierbar ist.
Neue KI-Rollen verändern die Struktur von IT-Teams
Der neue ICT-Bericht des AI-Enabled ICT Workforce Consortiums zeigt, wie stark KI Arbeitsprofile verändert: Sieben der zehn am schnellsten wachsenden Jobrollen haben heute einen direkten KI-Bezug. An der Spitze steht der AI Risk & Governance Specialist (+234 % Nachfrage), gefolgt vom NLP Engineer (+186 %) und AI/ML Engineer (+145 %). Während Governance-Expertinnen rechtliche und ethische Standards absichern, schaffen KI-Entwickler*innen die technische Basis. Für IT-Teams bedeutet das: Klassische Rollen wie Software Engineers oder Projektmanager*innen müssen ihre Skillsets erweitern, weil KI-Kompetenzen zunehmend Standard werden.
Governance- und Ethik-Skills zählen inzwischen zu den am schnellsten wachsenden Kompetenzen überhaupt. Seit 2024 ist die Nachfrage nach KI-Governance-Fähigkeiten um 150 %, nach KI-Ethik-Kompetenzen um 125 % gestiegen. KI ist damit kein isoliertes Spezialgebiet mehr, sondern integraler Bestandteil vieler Rollen. Neben technischem Know-how gewinnen daher kritisches Denken, Kommunikation und Leadership an Bedeutung. KI kann Daten verarbeiten, Verantwortung übernehmen kann sie nicht. Genau an dieser Schnittstelle aus technischer Expertise und ethischer Urteilskraft entsteht der neue Kern moderner Arbeitsprofile.
Dieses Spannungsfeld zwischen technologischer Innovation und regulatorischer Verantwortung bietet zugleich Chancen: Länder mit strengen Datenschutz- und Compliance-Vorgaben – darunter die DACH-Region – können sich als Vorreiter für „Responsible AI“ positionieren. Unternehmen, die früh Governance-Strukturen aufbauen, gewinnen Vertrauen bei Kund*innen, Mitarbeitenden und regulatorischen Stellen.
Warum Unternehmen jetzt massiv in KI-Skills investieren müssen
Die Geschwindigkeit dieser Transformation ist beispiellos und macht gezielte Aus- und Weiterbildung zum zentralen Erfolgsfaktor. Moderne KI-Systeme agieren zunehmend autonom: Sie treffen Entscheidungen, geben Empfehlungen ab und übernehmen komplexe Aufgaben. Damit steigen die Anforderungen an Nachvollziehbarkeit, Datenschutz und rechtliche Absicherung erheblich. Branchen mit hohem Risiko, wie Energie, Gesundheitswesen und Finanzen, müssen besonders auf strenges Risikomanagement achten.
Hier kommen neue Rollen ins Spiel: AI Risk Manager bewerten algorithmische Risiken, Data Governance Specialists sichern Datenqualität und DSGVO-Konformität, AI Ethicists prüfen Fairness und ethische Fragen. Diese neuen Profile entstehen nicht am Reißbrett, sondern aus konkreten Herausforderungen in realen Projekten.
Laut AI Workforce Consortium müssen Unternehmen weltweit in den kommenden Jahren über 95 Millionen Menschen qualifizieren. Für den DACH-Raum bedeutet das: Es braucht interdisziplinäre Lernwege, die Technik, Recht, Ethik und Betriebswirtschaft miteinander verbinden. Universitäten, Berufsschulen und Unternehmen sind gefordert, praxisnahe Programme zu entwickeln, die strategische KI-Integration mit Governance, Compliance und ethischen Standards verbinden.
Was Führungskräfte jetzt konkret tun sollten
Auf politischer Ebene empfiehlt der ICT-Report den Aufbau regionaler KI-Skilling-Hubs, insbesondere außerhalb der Metropolregionen, um Weiterbildung dezentral und flächendeckend zugänglich zu machen. Solche Hubs sollen praxisnahe Formate wie Micro-Credentials anbieten, mit denen Mitarbeitende schnell und gezielt für neue Anforderungen qualifiziert werden können. Für Unternehmen wird zudem „skills-based hiring“ immer wichtiger: Entscheidend sind nachweisbare Kompetenzen, nicht ausschließlich formale Abschlüsse. In globalen Tech-Hubs wie London, Toronto, Tokyo oder im Silicon Valley ist dieser Ansatz längst etabliert. Auch in Deutschland kann er helfen, Fachkräftemangel zu begegnen und die Einführung neuer Technologien zu beschleunigen.
KI ist jedoch mehr als eine technologische Herausforderung: Sie erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, die technologische Innovation, ethische Verantwortung und regulatorische Anforderungen integriert. Unternehmen brauchen heute Fachkräfte, die KI gestalten, steuern und kritisch hinterfragen können. Wer frühzeitig Strukturen für verantwortungsvolle KI-Governance schafft, legt die Basis für Vertrauen – ein zentraler Erfolgsfaktor der digitalen Transformation. Während viele noch über KI diskutieren, bauen andere bereits Systeme, um sie nachhaltig einzusetzen.
Die Zukunft der Arbeit ist nicht KI oder Mensch, sondern KI mit Mensch. Genau hier entscheidet sich, ob Technologie zum Fortschritt wird – oder zum Risiko.