Kontrolle statt Ausbeutung

Wie Unternehmen KI-Bots Grenzen setzen können

Inhalte im Internet waren nie so leicht verfügbar – und nie so begehrt. Mit dem Aufstieg generativer KI-Systeme hat sich das Crawling- und Scraping-Verhalten von Bots massiv verändert.

Immer häufiger werden Webinhalte automatisiert gesammelt, um Sprachmodelle zu trainieren oder Echtzeitantworten zu generieren – meist ohne Einwilligung oder Gegenleistung. Für viele Unternehmen ist das ein Problem, das nicht nur ethische, sondern auch wirtschaftliche Dimensionen erreicht.

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KI-Bots auf Datenjagd: Ein neues Kapitel in der Scraper-Geschichte

KI-gestützte Bots unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Webcrawlern. Während klassische Bots meist im Auftrag von Suchmaschinen unterwegs sind und sich in der Regel an Richtlinien wie robots.txt halten, ignorieren viele KI-Bots diese freiwilligen Vereinbarungen. Sie sammeln Inhalte für das Training großer Sprachmodelle oder zur Echtzeitbeantwortung von Nutzerfragen – oft ohne die Quelle zu nennen oder zu kompensieren.

Besonders betroffen sind Medienunternehmen, Plattformbetreiber oder auch Online-Shops mit hochwertigen Textinhalten. Hier besteht die Gefahr, dass urheberrechtlich geschützte oder exklusiv bereitgestellte Inhalte ohne Kontext kopiert und von KI-Modellen weiterverwendet werden. Das kann nicht nur zu wirtschaftlichen Verlusten führen, sondern auch zur Aushöhlung des ursprünglichen Geschäftsmodells.

Die Herausforderungen: Unsichtbare Besucher und steigende Lasten

Viele dieser Bots arbeiten verdeckt. Sie tarnen sich durch generische User Agents, wechseln regelmäßig IP-Adressen oder nutzen Proxies. Das macht sie schwer identifizierbar und damit schwer kontrollierbar. Hinzu kommt: Die Masse an KI-Bots verursacht spürbare Last auf den Webservern. Besonders für kleinere Anbieter kann das zu Performance-Einbußen oder höheren Kosten durch Bandbreitenüberschreitungen führen.

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Warum Unternehmen den Umgang mit KI-Bots nicht dem Zufall überlassen dürfen

Wer KI-Bots gewähren lässt, gefährdet sein Geschäftsmodell. Viele Unternehmen schöpfen den Wert ihrer Inhalte nicht nur aus Reichweite, sondern aus deren kontrollierter Verwertung – etwa über Abomodelle, Werbung oder exklusive Inhalte. Werden diese Inhalte ungefragt von KI-Systemen übernommen, verlieren Unternehmen nicht nur Kontrolle, sondern auch potenzielle Einnahmen. Und das oft ohne jegliche Sichtbarkeit darüber, welche Bots was gesammelt haben.

Die Risiken im Überblick:

  • Verlust von Datenhoheit: Inhalte werden ohne Zustimmung verwendet, zirkulieren unkontrolliert in KI-Systemen und entziehen sich dem Einfluss der Urheber.
  • Wettbewerbsverzerrung: Generative KI kann mit fremden Inhalten neue Angebote schaffen, die in direkter Konkurrenz zum Original stehen.
  • Leistungseinbußen und Kosten: Hoher Bot-Traffic belastet die Server-Infrastruktur, erhöht Ladezeiten und erzeugt zusätzliche Kosten – insbesondere für kleinere Anbieter.
  • Reputationsrisiken: Inhalte können aus dem Kontext gerissen oder unzutreffend wiedergegeben werden – ohne Einflussnahme durch die ursprünglichen Autoren.

Unternehmen haben daher nicht nur das Recht, sondern die Verantwortung, den Zugriff auf ihre Inhalte aktiv zu steuern. Wer Inhalte erstellt, soll auch entscheiden dürfen, wie sie verwendet werden – und unter welchen Bedingungen.

Neue Strategien gegen ungebetene KI-Besuche: Kontrolle statt Ohnmacht

Um sich vor der unautorisierten Nutzung eigener Inhalte durch KI-Systeme zu schützen, reichen klassische Maßnahmen wie robots.txt nicht mehr aus. Unternehmen brauchen ganzheitliche, technologiegestützte Strategien, um die Hoheit über ihre Inhalte zurückzugewinnen. Drei zentrale Bausteine stehen dabei im Fokus:

1. Präzise Erkennung durch spezialisierte Signale

Moderne Bot-Management-Systeme bieten mittlerweile KI-spezifische Erkennungssignale. Sie unterscheiden etwa zwischen:

  • Verifizierten AI Crawlern: Bots, die Inhalte systematisch zum Training von Sprachmodellen sammeln – meist ohne Attribution.
  • Verifizierten AI Fetchern: Bots, die Inhalte in Echtzeit abrufen, etwa zur Anzeige in Suchmaschinen, teilweise mit Quellenangabe.
  • Verdächtigen KI-Bots: Nicht eindeutig identifizierbare Bots, die auf Basis von User-Agent-Mustern oder Verhalten KI-typische Aktivität zeigen.

Diese Signale ermöglichen es Unternehmen, gezielt zwischen gewünschten und unerwünschten Zugriffen zu unterscheiden – statt pauschal alle Bots zu blockieren.

2. Granulare Regeln für individuelle Entscheidungen

Je nach Geschäftsmodell und Zielsetzung können Website-Betreiber entscheiden, wie mit bestimmten Bots umgegangen werden soll:

  • Blockieren, um ungewollte Datennutzung zu unterbinden.
  • Täuschen, z. B. durch das Ausspielen alternativer Inhalte oder eingeschränkter Antworten.
  • Zulassen, wenn etwa eine Partnerschaft besteht oder ein klarer Mehrwert durch KI-Nutzung gegeben ist.
  • Monetarisieren, indem gezielter Zugriff gegen Lizenzgebühren oder über API-basierte Bezahlmodelle ermöglicht wird – etwa nach dem Prinzip „Fair Use gegen Fair Pay“. So können Unternehmen kontrolliert von der Nutzung ihrer Inhalte durch KI-Systeme profitieren, anstatt sie unentgeltlich abzugeben.

Ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz und Fairness ist die Einführung des  sogenannten “Really Simple Licensing” (RSL) Standards. Dieses von der Industrie initiierte Konzept soll Website-Betreibern ermöglichen, standardisiert festzulegen, wie ihre Inhalte von KI-Systemen verarbeitet werden dürfen – ähnlich wie robots.txt, aber mit erweiterten Metadaten für KI-Crawler. Ziel ist es, langfristig einen interoperablen, maschinenlesbaren Standard zu schaffen, der Rechtssicherheit und technische Klarheit bietet.

Entscheidend ist, dass diese Regeln dynamisch und schnell anpassbar sind – denn KI-Bots verändern ihr Verhalten laufend, um ihre Erkennung zu vermeiden.

3. Schutz auch auf gecachte Inhalte ausweiten

Viele Bots greifen auf gecachte Inhalte zu – also auf Inhalte, die durch Content Delivery Networks (CDNs) zwischengespeichert wurden. Diese Bereiche werden bisher oft nicht aktiv durch Bot-Management überwacht. Neue technische Entwicklungen setzen genau hier an: Auch gecachter Content soll künftig aktiv analysiert und kontrolliert werden können, um keine Lücken im Schutz entstehen zu lassen.

Fazit: Verantwortung übernehmen für die eigene Datenstrategie

Die Kontrolle über die eigenen Inhalte zurückzuerlangen, ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Wer sich heute nicht mit dem Verhalten von KI-Bots auseinandersetzt, riskiert morgen den Verlust von Datenhoheit und Geschäftsgrundlage. Dabei geht es nicht um Abschottung, sondern um Selbstbestimmung: Unternehmen müssen selbst entscheiden dürfen, ob und wie ihre Inhalte für KI verwendet werden.

2025 ist das Jahr, in dem aus reaktiven Schutzmaßnahmen eine proaktive, nachhaltige Datenstrategie wird – auch als Teil unternehmerischer Verantwortung im digitalen Raum. Die Frage ist nicht, ob KI-Modelle Inhalte nutzen – sondern wie, in welchem Rahmen und unter wessen Bedingungen. Denn: Wer nicht steuert, wird gesteuert.

Recha

Armin

Recha

Regional Vice President DACH

Fastly

Armin Recha ist ein erfahrener Vertriebsexperte in der IT- und Cybersecurity-Branche mit über 25 Jahren Erfahrung in der DACH-Region. Er war in Führungspositionen bei namhaften Unternehmen wie Kaspersky, Ivanti, Igel Technology, AppSense, Acronis und Netskope und hat dort erfolgreich Sales- und Enterprise-Teams aufgebaut. Seit Mai 2025 verantwortet er als
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