Vom Sensor bis in die Cloud – Digitalisierung leicht gemacht

Menschen, Maschinen, Linien, Prozesse – in der Fabrik der Zukunft ist alles und jeder miteinander vernetzt. Möglich machen dies ausgeklügelte Software-Lösungen, die den industriellen Alltag leichter, transparenter und effizienter gestalten.

Erst waren es Webstuhl und Dampfmaschine, dann Elektrizität und Fließband, schließlich Elektronik und IT: Jede dieser drei industriellen Fortschritte hat die Welt nachhaltig verändert. Die gleichen Erwartungen werden nun in die vielerorts als „vierte industrielle Revolution“ bezeichnete Industrie 4.0 gesetzt. Die intelligente Fabrik der Zukunft ist die Antwort auf ein sich immer schneller veränderndes Marktumfeld. Denn die Wünsche von Kunden weltweit bewegen sich zunehmend weg vom Massenprodukt hin zum individuellen, hochwertigen Einzelstück. Die Märkte sind schnelllebig, die Lebenszyklen von Produkten werden kürzer. Kunden verlangen eine größere Vielfalt, der Wettbewerb nimmt zu. Hinzu kommt ein höherer Zeitdruck durch automatisierte und extrem schnelle Produktionsprozesse.

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Diesen Herausforderungen können Hersteller begegnen, indem sie die Produktion so ausrichten, dass sie sich schnell und immer wieder neu an sich wandelnde Anforderungen anpassen lässt. Dabei übernimmt die Vernetzung eine Schlüsselrolle. Sie soll die Produktionsprozesse digitalisieren und flexibilisieren, sie effizienter und transparenter machen. So können gleichzeitig kleine Losgrößen bei hoher Qualität wirtschaftlich hergestellt und individuelle Kundenwünsche flexibel erfüllt werden. Auch Ressourcen lassen sich sparen und Produkte entlang ihrer gesamten Entstehungskette zurückverfolgen. Für die Umsetzung brauchen Unternehmen zu allererst flexible und anpassungsfähige Maschinen, die sich leicht umrüsten oder umprogrammieren lassen und ständig mit ihrer Umgebung im (Daten-)Austausch sind.

Stärken von Mensch und Maschine bündeln

Doch bei der ganzen Digitalisierung muss der Mensch im Mittelpunkt der vernetzten Fabrik bleiben. Denn als Denker und Lenker übernimmt er nach wie vor die Hauptrolle. Das Beispiel Mensch-Maschine-Kollaboration zeigt, wie sich die Fähigkeiten von Mensch und Maschine kombinieren lassen: Beide zusammen erreichen mehr als jeder für sich alleine. Die Präzision und Ausdauer hat der Roboter dem Menschen gegenüber klar voraus. Umgekehrt besitzt der Mensch Problemlösungskompetenzen, die Maschinen trotz Zugriff auf große Datenmengen nicht bieten können. Wissen und Erfahrung ermöglichen es dem Menschen, selbst unvorhergesehene und hochkomplexe Situationen einzuschätzen und kreative Lösungen zu finden.

Durch die Kombination der Fähigkeiten von Mensch und Maschine lassen sich Produktionsprozesse flexibler und reibungsloser gestalten. Das funktioniert in der industriellen Produktion am besten, wenn beide als Partner direkt miteinander interagieren. Neue automatisierte Produktionsassistenten treten aus ihren Stahlkäfigen heraus und können unmittelbar, sicher und ohne Schutzzaun mit Menschen kooperieren. Ob die Industrieroboter sich dabei flexibel innerhalb der Fertigung bewegen, einem bestimmten Arbeitsplatz zugeordnet sind oder in eine bestehende Linie integriert werden, entscheiden die Produktionsverantwortlichen. Wichtig ist neben der Sicherheit für die menschlichen Kollegen vor allem auch die Vernetzung mit den weiteren Produktionsprozessen.

Systematische Optimierung der Produktion

Für diese Vernetzung sorgen im Hintergrund ausgeklügelte Software-Lösungen. Diese sind nicht nur in der Lage, riesige Datenmengen zu erfassen, sie führen auch sehr unterschiedliche Maschinen-Daten in nahezu Echtzeit zusammen. So lassen sich beispielsweise Daten von Maschinen verschiedenen Typs und Alters in eine gemeinsame Sprache „übersetzen“. Die Software harmonisiert die Daten und verarbeitet sie auf der Grundlage vordefinierter Regeln zu Informationen, die wiederum dem Nutzer in nahezu Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Dabei haben alle Anwendungen ein klares Ziel: die systematische Optimierung der Produktion.

Die Basis eines jeden Verbesserungsprozesses ist eine fundierte Datengrundlage. Der erste Schritt dorthin besteht darin, die Daten sichtbar zu machen – bestenfalls an einem zentralen Punkt übersichtlich zu visualisieren. Indem die Messwerte von Geräten und Maschinen sich von überall in der Fabrik aus auf einem beliebigen PC, Tablet, Smartphone oder anderem Endgerät darstellen lassen, ermöglichen sie das direkte Eingreifen. Ob es um Abweichungen in der laufenden Produktion, den aktuellen Stromverbrauch einer Linie oder die Hitzeentwicklung eines Antriebs geht – Anwender können die für ihren spezifischen Fall relevanten Daten jederzeit dort abrufen, wo sie sich gerade innerhalb der Produktion befinden.

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Den Arbeitsalltag erleichtern

Je nach Anwendungsfall und projektspezifischen Funktionalitäten wie individualisierten Apps können die Informationen für zahlreiche weitere Aufgaben genutzt werden, etwa für die Maschinenbedienung und -wartung. Das verändert und vereinfacht den Arbeitsalltag der jeweiligen Mitarbeiter erheblich: Wo früher jeder Mitarbeiter feste Aufgaben an ganz bestimmten Maschinen hatte, kann die Software über eine App dafür sorgen, dass stets der Mitarbeiter mit der passenden Qualifikation einen Arbeitsauftrag erhält. Der Facharbeiter kann die Arbeitsaufgabe, die auf dem Bildschirm seines Mobiltelefons oder Tablets erscheint, annehmen, weiterleiten oder im Zweifelsfall auch eskalieren. Dadurch werden Reaktionszeiten verkürzt und Maschinenstillstände auf ein Minimum begrenzt. Für die Mitarbeiter entfallen weite Laufwege und umständliche Abstimmungsprozesse. Die so gewonnene Zeit können sie wiederum für wertschöpfende und ihren Qualifikationen angemessene Aufgaben nutzen.

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Der Clou an solch nutzerzentrierten Lösungen: Die Mitarbeiter können sie selbst weiterentwickeln, indem sie bei der Modellierung eingebunden werden und die App permanent mit neuen Informationen oder Regeln füttern. Neue Aufgaben werden aufgrund des in der App hinterlegten Profils stets automatisch einem verfügbaren und für den Job qualifizierten Mitarbeiter zugeteilt. Während der Durchführung einer Aufgabe neu gewonnene Informationen lassen sich anschließend für die restliche Belegschaft in der App abspeichern. Entsprechend steht das Wissen der Mitarbeiter, auch über maschinenübergreifende Zusammenhänge, ganz ohne Software-Programmierung transparent und automatisiert rund um die Uhr zur Verfügung.

Evolution in kleinen Schritten

Wie bei allen so genannten Revolutionen wird sich auch bei Industrie 4.0 erst später herausstellen, ob es sich tatsächlich um eine Revolution handelt. Aktuell hat die Digitalisierung der Produktion eher evolutionären Charakter – und das ist auch gut so. Jeder sollte in seiner eigenen Geschwindigkeit und nach den eigenen Bedürfnissen Anpassungen vornehmen können. Ganz ignorieren sollten produzierende Unternehmen die Entwicklung hin zur flexiblen, vernetzten Fabrik natürlich nicht. Es muss allerdings nicht gleich ein komplett neuer Maschinenpark oder die Veränderung der gesamten Fertigungsphilosophie sein. Eine Evolution in kleinen Schritten ist, je nach zur Verfügung stehender Investitionssumme und weiteren Rahmenbedingungen, oft die sinnvollere Alternative. Das gilt insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die Industrie 4.0 aktuell häufig noch mit einer gewissen Skepsis entgegensehen.

Umsetzen lässt sich der Einstieg beispielsweise durch so genannte Starter Kits. Anhand eines übersichtlichen Lösungspakets können Unternehmen mit den wichtigsten Software-Grundlagen beginnen, und diese sukzessive und nach Bedarf erweitern. Dabei lassen sich auch ältere Maschinen mit Hilfe von Sensoren und der passenden Software fit für Industrie 4.0 machen. Mit intuitiver, leicht zu bedienender Software, fundierter Beratung, umfassender Erfahrung aus den eigenen Werken und entsprechendem Mitarbeitertraining stehen führende Anbieter ihren Kunden bei der Entscheidung und Implementierung zur Seite. Ob Industrie 4.0 nun tatsächlich die „vierte industrielle Revolution“ sein wird oder nicht – eines ist bereits jetzt sicher: Die vernetzte Fabrik ebnet den Weg hin zu höherer Produktionseffizienz und -transparenz, und zu neuen Formen der Zusammenarbeit in der modernen Fertigung, die auch den Standort Deutschland langfristig wettbewerbsfähig halten werden.

Autor: Dr. Stefan Aßmann, Leiter Bosch Connected Industry
 

  

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