In der IT-Welt gehört der Begriff “Workaround” zum täglichen Sprachgebrauch. Was bedeutet dieser genau, und wann ist ein solcher Behelf sinnvoll?
Was ist ein Workaround?
Ein Workaround ist eine Notlösung oder Umgehungslösung, die ein bekanntes Problem temporär umgeht, ohne dessen eigentliche Ursache zu beheben. Der englische Begriff setzt sich zusammen aus “work” (arbeiten) und “around” (herum). Man arbeitet sich also um ein Hindernis herum.
Im Gegensatz zu einem Bugfix, der das zugrunde liegende Problem dauerhaft löst, adressiert eine solche Behelfslösung lediglich die Symptome. Während eine permanente Lösung oft aufwendige Code-Änderungen, ausgiebige Tests oder Updates erfordert, lässt sich letzterer meist schnell implementieren.
Das sind typische Anwendungsfälle
Sie kommen in verschiedenen Situationen zum Einsatz. Besonders häufig sind sie bei Softwarefehlern, wenn eine sofortige Korrektur nicht möglich ist, etwa weil der nächste Patch-Zyklus erst in Wochen ansteht oder die Behebung komplexe Architekturänderungen erfordert. Auch bei Kompatibilitätsproblemen zwischen verschiedenen Systemen oder Versionen greifen Anwender oft zu temporären Lösungen.
In Produktivumgebungen müssen kritische Prozesse häufig weiterlaufen, auch wenn Probleme auftreten. Er ermöglicht es, den Betrieb aufrechtzuerhalten, während parallel an einer dauerhaften Lösung gearbeitet wird.
Software-Workarounds
Bei Softwarefehlern sind sie besonders verbreitet. Sie können auf verschiedenen Ebenen ansetzen: Auf Anwendungsebene können alternative Funktionen genutzt werden, wenn eine bestimmte Funktion fehlerhaft ist. Ein klassisches Beispiel ist das Vermeiden bestimmter Tastenkombinationen oder Menüpfade, die zu Abstürzen führen.
Auf Konfigurationsebene lassen sich oft Parameter anpassen, um Probleme zu umgehen. Beispielsweise kann das Deaktivieren bestimmter Features oder das Anpassen von Timeout-Werten Stabilitätsprobleme mildern. In Datenbanksystemen können Query-Hints oder alternative Indizierungsstrategien Performance-Probleme umgehen, die durch fehlerhafte Query-Optimizer entstehen.
Hardware-Workarounds
Auch im Hardware-Bereich sind solche “Quick Fixes” üblich. Treiberprobleme lassen sich manchmal durch die Installation älterer, stabiler Versionen umgehen. Bei Kompatibilitätsproblemen zwischen Komponenten können BIOS-Einstellungen angepasst oder bestimmte Features deaktiviert werden.
Ein historisches Beispiel ist der Pentium-FDIV-Bug von 1994, bei dem Intel zunächst Workarounds in Form von Software-Patches anbot, bevor das Unternehmen schließlich betroffene Prozessoren austauschte. Der Fehler führte bei bestimmten Divisionsberechnungen zu ungenauen Ergebnissen und betraf Millionen von Prozessoren. Intel musste letztlich einen Rückruf im Wert von 475 Millionen US-Dollar durchführen, nachdem die angebotenen Software-Workarounds die betroffenen Anwender nicht zufriedenstellten und das Problem nicht ausreichend kompensierten.
Netzwerk-Workarounds
In Netzwerkumgebungen können Routing-Probleme durch alternative Pfade umgangen werden. Firewall-Konfigurationen lassen sich temporär anpassen, um Verbindungsprobleme zu lösen, während an einer sauberen Lösung gearbeitet wird. Load-Balancer können so konfiguriert werden, dass fehlerhafte Server temporär aus dem Pool genommen werden.
Prozess-Workarounds
Nicht alle Workarounds sind technischer Natur. Manchmal werden organisatorische oder prozessuale Änderungen eingeführt, um technische Limitierungen zu umgehen. Das kann bedeuten, dass bestimmte Arbeitsschritte manuell durchgeführt werden, die eigentlich automatisiert sein sollten, oder dass Daten über alternative Kanäle ausgetauscht werden.
Vor- und Nachteile
Der größte Vorteil liegt in der Geschwindigkeit: Sie lassen sich oft innerhalb von Minuten oder Stunden umsetzen, während echte Fixes Tage oder Wochen benötigen können. Sie minimieren Ausfallzeiten und ermöglichen eine Priorisierung. Das Team kann sich so auf wirklich dringende Fixes konzentrieren.
Die Kehrseite: Workarounds sind selten elegant und können zu technischen Schulden führen, wenn sie zu lange im Einsatz bleiben. Sie erhöhen die Systemkomplexität und bergen das Risiko, dass die eigentliche Problemlösung in Vergessenheit gerät. Zudem können schlecht dokumentierte Umgehungen für nachfolgende Entwickler zur Verwirrung führen.
Best Practices
IT-Experten empfehlen, Workarounds stets zu dokumentieren und mit einem Ticket oder Issue zu verknüpfen, das die permanente Lösung verfolgt. Die temporäre Natur sollte im Code deutlich gekennzeichnet sein, etwa durch entsprechende Kommentare. Regelmäßige Reviews helfen dabei, veraltete Zwischenlösungen zu identifizieren und durch saubere Lösungen zu ersetzen.
In agilen Entwicklungsprozessen haben sich zeitliche Limits bewährt: Ein Workaround sollte nicht länger als einen oder zwei Sprint-Zyklen aktiv bleiben, bevor die eigentliche Problembehebung angegangen wird.
Fazit
Workarounds sind ein legitimes und oft unverzichtbares Werkzeug im IT-Alltag. Sie dürfen jedoch nicht zur Dauerlösung werden. Die Kunst besteht darin, die Balance zu finden zwischen schneller Handlungsfähigkeit und langfristiger Codequalität.