OSS-/BSS-Systeme als Wettbewerbshebel

Telekommunikationsanbieter: Integrierte Architekturen sichern Wettbewerbsvorteile

Wettbewerbsfähigkeit

In einem dynamischen Telekommunikationsmarkt ist die Architektur von OSS-/BSS-Systemen nicht mehr nur reiner Hygienefaktor, sondern Wettbewerbshebel.

Ihr Integrationsgrad entscheidet darüber, ob Anbieter ihre Dienste schnell, zuverlässig und wirtschaftlich bereitstellen – oder an Silos und ineffizienten Prozessen scheitern. Die operative Schlagkraft fußt dabei auf drei Säulen: Network Inventory, Servicekatalog und Orchestrierung. Richtig integriert, liefern diese Bausteine Anbietern die nötige Agilität, um im verschärften Wettbewerb zu bestehen.

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Zwischen 2019 und 2023 wuchsen die Umsätze der weltweit zehn größten Telekommunikationsunternehmen im Schnitt um gerade mal 2,7 Prozent pro Jahr – und das bei explodierenden Investitionen in Glasfaser und 5G. Gleichzeitig drängen OTT-Anbieter und Big-Tech-Konzerne mit Plattformmodellen auf den Markt, erzielen höhere Margen und dominieren zunehmend die digitale Kundenschnittstelle – oft unter Nutzung der Netze bestehender Anbieter.

Hauptproblem: Heterogene OSS-Landschaft

Ein zentraler Schwachpunkt liegt in der fragmentierten Landschaft der Betriebsunterstützungssysteme (OSS) vieler Betreiber. Inventory, Produktkataloge und Orchestrierungssysteme existieren häufig nebeneinander, aber nicht miteinander. Medienbrüche, redundante Datenhaltung und aufwändige manuelle Korrekturen sind die Folge, gerade in Legacy-Umgebungen – ein Zustand, der als „Integrationssteuer“ spürbar wird.

Ohne synchronisierte Systeme kann es zu Fehlprovisionierungen kommen, etwa wenn belegte Ressourcen als verfügbar angezeigt werden. Ebenso problematisch: Produktangebote, die sich technisch nicht abbilden lassen, weil die Rückkopplung zu Netzkapazitäten fehlt. Verschärft wird das durch eine organisatorische Trennung: Zuständigkeiten verteilen sich oft auf verschiedene Teams oder Einheiten, was die Fehlersuche erschwert und die Verantwortungen verwässert.

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Diese negativen Effekte summieren sich bei der Servicebereitstellung über mehrere Prozessphasen hinweg – etwa bei der Service Qualification (SQ), dem Configure/Price/Quote (CPQ)-Prozess im Business-Support-System (BSS)-Bereich, der Ressourcenreservierung im OSS-Umfeld und der eigentlichen Aktivierung. Jede dieser Phasen ist auf verlässliche, durchgängige Datenflüsse zwischen Inventory, Katalog und Orchestrator angewiesen.

Besonders kritisch wird dies bei B2B-Services, wo individuelle Anforderungen, enge Rahmenverträge und hohe Kundenbindung aufeinandertreffen. Wer hier nicht zuverlässig sagen kann, welche Ports verfügbar, welche Glasfasertrassen belegt oder welche Netzwerkpfade sinnvoll sind, verliert wertvolle Zeit – und verärgert anspruchsvolle Kunden. 

Network Inventory: Ohne Klarheit keine Kapazität

Das Network Inventory bildet das Nervensystem der Netzressourcenverwaltung. Es liefert Antwort auf die betriebsentscheidende Frage: Welche physischen und logischen Ressourcen sind in welchem Zustand und an welchem Ort verfügbar? Antworten darauf fallen oft erstaunlich vage aus – insbesondere, wenn Inventory-Systeme nicht integriert sind oder veraltete Daten liefern.

Techniker prüfen Verfügbarkeiten manuell, Ressourcen werden doppelt verplant oder unnötig zurückgehalten, der Rollout neuer Services verzögert sich. Besonders kritisch wird es bei der Service Qualification, der allerersten Machbarkeitsanalyse für Kundenanfragen. Ist das Inventory nicht aktuell, laufen Planung und Angebot an der Realität vorbei – mit gravierenden Folgen für Kosten und Glaubwürdigkeit.

Ein konsolidiertes Inventory mit Echtzeit-Updates hingegen liefert die Grundlage für automatisierte Ressourcenprüfung, Reservierung und Aktivierung über alle Netzdomänen hinweg. Es verhindert Fehlbuchungen, verkürzt Bereitstellungszeiten und schafft die Basis für eine vorausschauende Netzplanung. 

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Service Catalog: Strukturierter Baukasten für dynamische Märkte

Service-Kataloge sind das betriebliche Gedächtnis und die Blaupause für das gesamte Angebot: von der einfachen Glasfaser-Leitung bis zu hochindividuellen B2B-Vernetzungen mit garantierten Bandbreiten. Soweit das Idealbild. In dezentralen Architekturen führen jedoch unverbundene Kataloge dazu, dass Produkte doppelt gepflegt oder unvollständig beschrieben werden. Änderungen im Netzbestand schlagen sich nicht automatisch im Angebot nieder. So entstehen Services, die sich gut verkaufen, aber schlecht umsetzen lassen.

Erst die Integration mit dem Network Inventory und der Orchestrierung erschließt das volle Potenzial des Katalogs. Produktdefinitionen basieren dann auf realen Netzkapazitäten und technisch validierten Aktivierungslogiken. So lassen sich gerade im B2B-Umfeld maßgeschneiderte Angebote realisieren – ohne Abstriche bei der betrieblichen Reproduzierbarkeit.

Orchestration: Wenn Prozesse zum Leben erwachen

In der Orchestrierung entscheidet sich, ob ein Service nur auf dem Papier existiert oder tatsächlich live geht: inklusive Routing, Kapazitätszuweisung, IP-Konfiguration und Billing-Integration. In vielen Umgebungen stecken hier noch Fehlerquellen. Prozesse stocken an Schnittstellen, „Fall-Outs“ müssen manuell korrigiert werden, und es fehlt die Übersicht über laufende Aktivitäten. Besonders bei hoher Last – etwa bei Massenaktivierungen neuer Produkte – kommen diese Schwächen zutage.

Ein integrierter Orchestrator – als Teil einer mehrstufigen Service- und Ressourcen-Orchestrierung mit domänenspezifischen Komponenten – kommuniziert nahtlos mit Inventory und Katalog und unterstützt eine reibungslose Provisionierung. Er erkennt Abhängigkeiten, automatisiert Standardprozesse und sorgt für verlässliche Durchläufe auch unter Last. Wer heute wirklich integrieren will, muss nicht nur Schnittstellen harmonisieren, sondern Verantwortlichkeiten neu denken. Es braucht funktionsübergreifende Betriebsmodelle, die technische und organisatorische Barrieren pragmatisch überwinden. Erst dann entstehen die Voraussetzungen für automatisierte Servicebereitstellung, schnelle Markteinführung und verlässliche Vertragserfüllung – und damit für das, was Telekommunikationsunternehmen aktuell am dringendsten brauchen: operative Schlagkraft bei begrenzten Ressourcen.

Autorin:  Daria Batrakova, Director Business Line Telecom Solutions bei FNT Software

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