Deutsche Verbraucher*innen wollen mehr Kontrolle, nicht weniger Auswahl

Machtlos gegen Big Tech

Viele Menschen in Deutschland schätzen Auswahlmöglichkeiten im Alltag. Entscheidungen werden als Ausdruck von Freiheit verstanden, auch wenn sie mitunter anstrengend sind.

Eine aktuelle Befragung von YouGov im Auftrag des Browsers Firefox, der von der Mozilla Organisation unterstützt wird, zeigt, wie ambivalent dieses Verhältnis ist. Befragt wurden gut 2.000 Erwachsene in Deutschland zu ihrem Entscheidungsverhalten im Alltag und im digitalen Raum.

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Zwischen Entscheidungsfreiheit und Überforderung

Die Mehrheit der Befragten steht einer großen Auswahl grundsätzlich positiv oder neutral gegenüber. Gleichzeitig zeigt sich jedoch eine Schattenseite. Ein erheblicher Teil empfindet die Vielzahl täglicher Entscheidungen als mental belastend. Viele berichten von Erschöpfung oder der Sorge, sich falsch zu entscheiden und etwas zu verpassen. Besonders deutlich wird dieser Effekt bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren, bei denen sich ein Großteil emotional überfordert fühlt.

Auch impulsives Verhalten nimmt zu. Mehr als ein Drittel der Befragten gibt an, dass ständige Entscheidungen spontane und wenig durchdachte Handlungen begünstigen.

Eigene Strategien statt technischer Helfer

Um mit der Belastung umzugehen, setzen viele Menschen auf einfache, selbstbestimmte Lösungen. Häufig werden Routinen etabliert, Entscheidungen im Voraus geplant oder unwichtige Fragen bewusst ausgeblendet. Auffällig ist, dass technische Unterstützung dabei kaum eine Rolle spielt. Automatisierte Bestellungen oder KI gestützte Assistenten werden nur von einer kleinen Minderheit genutzt.

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Das deutet darauf hin, dass trotz Überforderung der Wunsch nach Kontrolle bestehen bleibt. Entscheidungen sollen bewusst getroffen werden und nicht an Algorithmen ausgelagert werden.

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Digitale Selbstbestimmung beginnt bei den eigenen Daten

Im digitalen Raum definieren die meisten Befragten Selbstbestimmung vor allem über den Umgang mit persönlichen Informationen. Viele achten darauf, welche Daten sie preisgeben und welche Inhalte sie konsumieren. Auch die bewusste Auswahl von Plattformen und Online Communities spielt für einen Teil der Befragten eine Rolle.

Die Wahl des Internetbrowsers wird dagegen seltener als Ausdruck digitaler Unabhängigkeit genannt. Studien deuten darauf hin, dass voreingestellte Systeme und unübersichtliche Einstellungen diese Entscheidung oft erschweren, was ihre Bedeutung im Alltag überlagert.

Datenschutz zwischen Anspruch und Realität

Ein zentrales Ergebnis der Umfrage ist ein spürbarer Widerspruch. Viele Menschen wünschen sich mehr Kontrolle über ihre Daten, fühlen sich mit der praktischen Umsetzung jedoch überfordert. Ein Teil der Befragten bemüht sich aktiv um Datenschutz, empfindet den Aufwand aber als ermüdend. Andere glauben, dass Schutzmaßnahmen ohnehin zu spät kommen oder keinen echten Effekt mehr haben.

Unterschiede zeigen sich auch zwischen den Geschlechtern. Frauen geben häufiger an, sich zwar zu bemühen, den Prozess aber als besonders anstrengend wahrzunehmen. Männer schätzen ihre Kontrolle über die eigene Privatsphäre häufiger als ausreichend ein.

Wachsende Frustration gegenüber großen Tech Konzernen

Der Umgang großer Technologieunternehmen mit Nutzerdaten sorgt bei vielen für Unmut. Besonders häufig genannt werden ungefragtes Tracking, umfangreiche Datensammlungen und die Nutzung persönlicher Informationen zum Training von KI Systemen. Auch personalisierte Werbung, die aus dem eigenen Online Verhalten abgeleitet wird, wird als störend empfunden.

Die Ergebnisse zeigen ein klares Bedürfnis nach mehr Transparenz, echter Wahlfreiheit und einfacheren Möglichkeiten, die eigene digitale Identität zu schützen.

Technik soll unterstützen, nicht bevormunden

Aus Sicht der Studienautoren liegt hier eine zentrale Aufgabe für Produktentwicklung und digitales Design. Technik müsse den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Vertrauen, Kontrolle und nachvollziehbare Entscheidungen seien entscheidend, um digitale Selbstbestimmung zu ermöglichen und langfristig zu stärken.

Die Umfrage macht deutlich: Wahlfreiheit bleibt ein hohes Gut, sowohl offline als auch online. Damit sie nicht zur Belastung wird, braucht es Lösungen, die Menschen befähigen, informierte Entscheidungen zu treffen, ohne sie zu überfordern.

Pauline

Dornig

Online-Redakteurin

IT Verlag GmbH

Pauline Dornig joined the IT Verlag team as an online editor in May 2020. (pd)
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