Nach Begriffen wie Quiet Quitting oder Quiet Firing sorgt nun ein weiteres Phänomen für Aufmerksamkeit: Quiet Cracking. Gemeint sind Mitarbeitende, die weiterhin gute Arbeit leisten, innerlich jedoch zunehmend unter Druck, Erschöpfung und Demoralisierung leiden.
Anders als beim Quiet Quitting, bei dem Beschäftigte bewusst ihren Einsatz zurückfahren, bleibt die Produktivität beim Quiet Cracking nach außen stabil – während die psychische Belastung stetig zunimmt.
Laut einer Analyse von Hogan Assessments, einem international tätigen Unternehmen im Bereich Persönlichkeitsdiagnostik, handelt es sich dabei um ein stilles, aber weit verbreitetes Problem. Studien wie die von Gallup zeigen: Fast die Hälfte der Beschäftigten weltweit fühlt sich emotional erschöpft oder innerlich distanziert – ein Zustand, der jährlich hunderte Milliarden Dollar an Produktivitätsverlust verursacht.
Symptome eines stillen Burnouts
Quiet Cracking ist schwer zu erkennen, da Betroffene ihre Leistung weiterhin erbringen. Doch hinter der Fassade zeigen sich Warnzeichen: sinkender Enthusiasmus, Schlafprobleme, körperliche Erschöpfung, emotionale Distanz oder die passive Teilnahme an Meetings.
Diese Anzeichen deuten darauf hin, dass Mitarbeitende innerlich am Limit sind – lange bevor es zu einem sichtbaren Leistungseinbruch kommt.
Dr. Ryne Sherman von Hogan Assessments erklärt, dass Unternehmen häufig nur auf Symptome reagieren, statt die Ursachen anzugehen. Ein echter Wandel beginne erst, wenn Führungskräfte die Persönlichkeit, Werte und Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden verstehen.
Ursachen: fehlende Perspektive und mangelnde Empathie
Ein zentraler Auslöser für Quiet Cracking ist der Verlust von Sinn und Perspektive. Wer in seiner Rolle keine Entwicklungsmöglichkeiten sieht, verliert leicht den Bezug zum eigenen Tun. Ebenso entscheidend ist die Qualität der Führung: Fehlende Empathie, mangelndes Feedback oder geringe Unterstützung in stressigen Phasen können das Risiko stiller Erschöpfung deutlich erhöhen.
Auch eine Diskrepanz zwischen den Unternehmenswerten und der individuellen Motivation spielt eine Rolle. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre persönlichen Überzeugungen nicht mit der Unternehmenskultur übereinstimmen, führt das langfristig zu Demotivation – selbst bei fachlich erfolgreichen Teams.
Strategien gegen das stille Zerbrechen
Hogan Assessments nennt mehrere Wege, wie Unternehmen dem Phänomen entgegenwirken können:
- Weiterentwicklung ermöglichen: Mitarbeitende brauchen das Gefühl, wachsen zu können. Klare Karrierepfade und gezielte Förderung schaffen Sinn und Bindung.
- Führung mit Empathie: Führungskräfte sollten zuhören, Rückhalt bieten und Stress frühzeitig erkennen. Schulungen in emotionaler Intelligenz können hier entscheidend sein.
- Werte ausrichten: Eine Übereinstimmung zwischen individueller Motivation und Unternehmenszielen fördert nachhaltige Energie und Zufriedenheit.
- Früherkennung etablieren: Regelmäßige Klimaumfragen und qualitative Analysen helfen, leise Anzeichen von Überforderung zu identifizieren.
- Raum für offene Gespräche: Mitarbeitende müssen ohne Angst über Belastungen sprechen können. Eine Kultur des Vertrauens ist der beste Schutz vor innerer Erschöpfung.
Wohlbefinden als Führungsaufgabe
Das größte Risiko beim Quiet Cracking liegt in seiner Unsichtbarkeit. Führungskräfte sollten sich nicht von kurzfristiger Produktivität täuschen lassen. Wer rechtzeitig erkennt, dass hinter guten Leistungen psychische Erschöpfung steckt, kann gegensteuern – durch Anerkennung, Wertschätzung und gesunde Strukturen.
Langfristig, so betont Hogan Assessments, muss mentale Gesundheit als fester Bestandteil der Unternehmensstrategie verstanden werden. Nur wer das Wohlbefinden seiner Mitarbeitenden schützt, kann auf Dauer echte Leistungsfähigkeit sichern.